Soziale Ungleichgewichte
Ich kann Dir nur zustimmen, liebe Modeste (sofern hier männliche Kommentare noch erwünscht sind 🙂 !
Besser als mit Deinem aufgezeichneten Streitgespräch kann man die Lage der Dinge bzw. Geschlechter wohl kaum auf den Punkt bringen.
Das Gute daran für mich als Mann ist, dass ich (n.b. von Frauen) noch NIE dumm angemacht worden bin. Das Schlechte ist, und hier halte ich’s mit CHE, dass ich wie er gar nichts gegen eine offensive Frau hätte, die zu ihren Absichten und Gelüsten (hach, welch Wort!) offen steht, dass das aber kaum vorkommt.
Eine Folge dieses Problems ist so eine Art Rapunzel-Verhalten vieler Frauen: Sie halten sich still, senden bestenfalls (ambivalente) diskrete Signälchen aus und beklagen sich dann darüber, dass sie stets nur von einfältigen, wenn nicht gar abstossenden, jedenfalls aber von den ‚falschen‘ Männern angemacht werden (soll kein Vorwurf sein, kann im Einzelfall aber echt nerven). Wenn diese Frauen sich aktiver darum täten, hätten wohl mehr von ihnen den Partner, von dem sie glauben, dass es der ‚Richtige‘ sei. Wer nur (wahr-)nimmt, was ihm (bzw. ihr) angeboten wird, lernt nie die ganze Palette kennen.
Eine weitere Folge des Problems ist, dass sich die meisten Männer ein Trial-and-Error-Verhalten angewöhnen: Sie wissen eh, dass nur jede x-te (kann variieren) Anmache auch nur zu einem kurzen Gespräch führt. Sie versuchen es also möglichst immer und überall, damit es wenigstens ab und an mal klappt (oder sie sind frustriert ob des ihnen auferlegten Handlungszwanges, und die sind nicht wenige!). Sie haben dadurch einen grossen Übungsvorsprung, und dazu kommt, dass aufgrund der Gewöhnlichkeit solchen Verhaltens niemand darauf käme, einen Mann als „fraustolle Furie“ (frei nach Modeste) zu bezeichnen. Männer sind einfach so, würde frau mit einem Lächeln quittieren.
Es stimmt, dass sich eine offensive Frau einem gewissen Risiko aussetzt, als Schlampe dazustehen (kommt aber tatsächlich stark aufs Milieu an). Das hat mit Verschiedenem zu tun, besonders damit, dass Männer (nur wegen fehlender Gewöhnung/Erfahrung oder aus grundsätzlicheren Gründen) ganz einfach verängstigt sind, wenn eine Frau mit Absichten auf sie zukommt. Und damit, dass das archaische Bild des werbenden Mannes und der gewährenden Frau in den meisten Männern (und auch in den meisten Frauen) bewusst oder unbewusst, tief oder oberflächlich, haust und bis jetzt offenbar nicht wegzukriegen war.
Möglich scheint mir auch, dass viele Frauen sich denken: Ich werde eh schon so oft angemacht, wenn ich jetzt noch aktiv werde, dann spielen die Männer erst recht verrückt!
Ich frage mich aber, ob das erwähnte Risiko wirklich der einzige Grund für die weibliche Zurückhaltung ist. Soweit ich mein Lebensumfeld überblicke, machen sich meine Mitmänner und -frauen nämlich gleichermassen lächerlich, wenn sie allzu hartnäckig-hoffnungslos oder einfach plump und billig das andere Geschlecht umwerben. Jedoch, solange sie bei der Werbung einigermassen Haltung bewahren, geniessen beide Geschlechter ungefähr dasselbe Verständnis (wir sprechen hier ja nur von den missglückten Versuchen).
Ist bei der Zurückhaltung der meisten Frauen nicht auch ein bisschen Bequemlichkeit dabei? Geht es nicht auch darum, dass uns in vielerlei Medien ein bestimmtes Rollenbild vorgelebt wird, in welchem die Dame demütig darauf wartet, dass der Prinz sie freit? Möchte nicht viele gern Prinzessin sein, umgarnt und umworben, in den Himmel gehoben und bezirzt (Ich meine nur: Ob all dem vergessen manche Frauen, dass Männer genau dieselben Wünsche eigentlich auch haben…)? Warum berichten immer Frauen auf gewissen Zeitungs- oder Magazinseiten vom Heiratsantrag ihres Mannes und wie toll er sich doch dafür ins Zeug gelegt habe? Warum träumen manche Frauen davon, einen ach-so-romantischen Heiratsantrag gestellt zu erhalten?
Schliesslich: Ich habe glücklicherweise auch schon eindeutige Signale aussendende Frauen erlebt. Und bei jenem Mal, an das ich jetzt denke, war ich nicht sonderlich interessiert, fühlte mich aber sehr geschmeichelt. Und es wäre mir wirklich nicht in den Sinn gekommen, etwas Unartiges über diese Frau zu denken (sie tat mir einfach leid, doch das war wohl hauptsächlich Selbstmitleid, weil ich die Situation ja nur zu gut von der anderen Seite her kenne). Immerhin kam sie mir unbeholfen vor; doch das ist eben fehlende Übung bzw. soziale Üblichkeit, von der frau abschauen könnte, und war im Übrigen süss.
… so durcheinander, wie ich jetzt geschrieben habe, macht mich offenbar auch dieses Thema…