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Gerade weil der Mensch, von der puren Körperlichkeit abgesehen, sehr vieles
nicht ist, sondern sein Wesen darin besteht, Kultur zu haben, und das heißt,
das Miteinander mit anderen Menschen zu regeln, ist dies einerseits so variantenreich,
andererseits so schwierig. Treue, die Mühe erfordert, ist eine Form von Achtung und
Liebe. Treue als zwanghaft vorgebene Selbstverständlichkeit ist ein furchtbares Korsett.
Erlaubte, dosierte Untreue unter einvernehmlichen Partnern ist auch wieder eine Form
von Achtung und Liebe und auch noch von großer Souveränität; sie kann nur erfolgen
zwischen Partnern, die einander restlos vertrauen und viel Selbstbewusstsein haben
(auch im Wortsin: Sich selbst wirklich kennen). Dies ist dann keine Untreue mehr,
sondern eine besonders reife Form der Liebe – und nichts Anderes als eben das: Eine Geste
sinnloser Großzügigkeit.