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Ebenso, wie der Körper an sich leiden kann, leidet auch der Geist zuweilen an sich selbst, und den Überdruss an der Zivilisation teile ich zwar nicht, er entzieht sich aber auch nicht meinem Verständnis. Dass die Antike nur licht, froh und geistvoll gewesen sei, entspricht nicht mit meinem Bild dieser Epoche, an der wir, Don Alphonso, möglicherweise unterschiedliche Aspekte schätzen. Gerade das Schweflige, die Ambivalenz, die Kompliziertheit, das Brutale und gleichzeitig hochgradig Veredelte ist es, was für mich den Reiz der Antike ausmacht, und ich sehe in Augustinus ebensowenig nur den Ideologen, wie ich Brecht die Verbrechen des Kommunismus zur Last legen möchte. Dass Augustinus, der sich bewusst und in Kenntnis dessen, was dem Christentum zum Opfer fallen würde, gegen eine moralische Indifferenz zugunsten stilistischer Rafinesse und allgemeinem menschlichem Interesse wenden würde, gehört dabei zu den vermeintlichen Paradoxa, die auf schlichten Wahrheiten beruhen, wie derjenigen, dass die Toten stumm sind und bleiben. Seiner Werkgeschichte hat keiner in der Hand.

Dass, Herr Mark, statt des Christentums irgendeine beliebige andere Religion die Vorherrschaft gewonnen hätte, entspricht auch meiner Annahme, und auch jede andere Religion wäre wohl der Versuchung unterlegen, sich die Apparatur des Römischen reiches anzueignen. Das Zeitalter muss einen starken Wunsch nach Selbstaufgabe besessen haben, einen Ekel an sich selbst, den Wunsch nach einer Hingabe an etwas Zwingendes, Absolutes, einem Sinn, der die Form nach sich zieht.