nur keine Bange

Ein Fahrschüler kann fahren wie es ihm in den Sinn kommt. Die Verantwortung trägt allein der Fahrlehrer. Das ist für den Schüler eine sehr beruhigende Tatsache.
Einst, wie schnell die Jahre wohl vergingen, absolvierte ich meine Ausbildung bei einem Fahrlehrer, von dem ich nun weiß, dass er früher Unteroffizier in der Army war.
Ich bat ihn mit mir eine Ausbildungsstunde über den Großen Stern, die damals berüchtigte Kreuzung von ganz Berlin, durchzuführen. Der Große Stern war zu jener Zeit noch nicht mit Ampeln innerhalb des Kreisverkehrs ausgerüstet.
Der gute Fahrlehrer hatte sich inzwischen schon eine goldene Nase an mir verdient, weil wir Fahrstunde für Fahrstunde durch die dreißiger Zonen des ihm wohlbekannten Stadtbezirkes Friedrichshain zogen. Das schien kein Ende zu nehmen.
„Muss das sein?“ fragte er mich und seine Stimme bebte und sein Blick flackerte, als ich mein Verlangen nach dem Großen Stern zum Ausdruck brachte.
„Ja.“
„Dann“, er bedachte mich mit einem schiefen Blick, „brauchen wir aber eine Doppelstunde.“
Und so geschah es.
Wir fuhren von allen fünf Straßen in den Kreisverkehr hinein und wieder heraus. Ich verließ mich auf den Selbsterhaltungstrieb der anderen Fahrteilnehmer. Mein Fahrlehrer konnte nicht eingreifen, wir schwammen in einem reißenden Strom von Fahrzeugen. Die quietschenden Bremsgeräusche der anderen Teilnehmer klingen mir noch heute in den Ohren.
Ein Seitenblick belehrte mich, dass der ehemalige Unteroffizier inzwischen schweißgebadet war, stier starrte und sich mit beiden Händen an den Sitzkanten festkrallte.
Endlich parkte ich in einer Seitenstraße.
„Zigarettenpause?“
Er nickte ergeben.
Seine Hände zitterten, als er sich seine Zigarette anzünden wollte und die Flamme erlosch dreimal, weil er so einen starken Mundgeruch hatte.

Gruß
Mukono

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