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Spätantike

Natürlich nicht, aber es gab eine ganze Zeit eine christliche römische Welt mit einer
starken katholischen Staatskirche. In diese Gesellschaft gehörten Dinge wie Christentum
und Sklavenhaltung, Zirkusspiele und Fronbauerntum problemlos nebeneinander . Das
alte Rom mit Prinzipat und Legitimation des Kaisers über den Senat war schon mit Commodus
untergegangen, nicht durch das Christentum, sondern durch das Heer, das, hierbei das germanische
Heerkönigtum auf das Imperium Romanum übertragend, nun die Kaiser einsetzte. Bereits unter den
Soldatenkaisern schwand die Bedeutung des heidnischen römisch-hellenistischen Glaubens. In dieser
Zeit trug allerdings nicht das Christentum den Sieg davon, sondern der Mithras-Kult. In der klassischen Antike
stützte sich die Wirtschaft vor allem auf massenhafte Sklavenhaltung, in der Spätantike trat daneben bereits
eine Feudalwirtschaft, die nach dem Untergang des Imperium Romanum die Sklavenhaltung vollständig
ersetzte. Der ganze Übergang von der Spätantike zum Mittelalter war ein so schleichender, dass heutige
Mentalitätshistoriker der Auffassung sind, die Zeitgenossen hätten den Untergang des weströmischen Staates
als solchen gar nicht wahrgenommen. Teilweise wird in der heutigen Forschung Theoderich als der letzte weströmische Herrscher betrachtet, da sich strukturell kaum Unterschiede zur Regierungsweise und zum Lebensstil der Cäsaren nachweisen lassen, seit den Soldatenkaisern aber ohnehin Germanen, Araber und andere Barbaren auf Kaiserthronen gesessen hatten, die weit unrömischer waren als Theoerich.

Fest steht, dass Kultur, Mentalität, Wirtschaftsweise und Denkungsart der
Römer in der Zeit zwischen Diokletian und dem Langobardensturm sich von der römischen Republik und auch der Hochzeit
des Kaisertums (also bis Commodus oder zumindest bis Marc Aurel) so grundsätzlich unterschieden, wie das Rom vor den Punischen Kriegen vom Rom Cäsars verschieden war. So gesehen, brachte jedenfalls nicht das Christentum
den Untergang der römischen Welt. Die Welt des römisch-hellenistischen Heidentums, des selbstbewusten Senats und der
Ausgrenzung der Barbaren ging ca. 250 Jahre vor der römischen Staatlichkeit und 140 Jahre vor dem Sieg des Christentums zugrunde. Die Vorstellung, das Christentum hätte die römische Welt vernichtet, ist eine Rückprojektion von Christen seit der Renaissance, die dem historischen Quellenmaterial nicht standhält.