Da kommt in einem sanften Text viel zusammen.

Wir erfahren hier zunächst nicht, wie sinnvoll oder unsinnig die betriebswirtschaftliche Entscheidung selbst war. Dazu kann ich aus eigener Erfahrung auch nur sagen: Alles ist möglich. Möglich, dass es sich um die einzige Chance handelte, ein bedrohtes Unternehmen zu retten. Möglich, dass sich ein unfähiges Management mit einer 08/15-Methode etwas Luft gegenüber Geldgebern verschaffen wollte, dabei bessere Alternativen übersah und so letztendlich auch den eigenen Aktionären schadete. Dass im Management „neoliberale Ideologie“ eine Rolle spielen würde, habe ich allerdings noch nicht erlebt – das sind keine Ideologen, sondern Nutzenmaximierer mit persönlich sehr spezieller Definition von Nutzen.

Aber, wenn ich den Text richtig verstehe: Darum geht es gar nicht. Den Betroffenen kann es nämlich egal sein. Die Rationalität des Unternehmens ist spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die ihre. Betroffen sind zwei Gruppen: diejenigen, die jetzt von dauerhafter Arbeitslosigkeit und sozialem Fall bedroht sind und keinen Ausweg sehen, und die jungen Berater. Mitleid haben muss man nur mit ersteren. Dass sie Schuldige suchen, ist nur zu verständlich, das tun Menschen in Situationen, díe an den Kern ihrer Existenz gehen – ungefähr so, wie Eltern unbedingt jemanden mindestens im Knast verrotten lassen wollen, wenn ihrem Kind etwas angetan wurde, und dabei ist es ihnen erstmal völlig egal, ob der Beschuldigte überhaupt der wahre Täter ist.

Für die jungen Berater ist es eine mehrfache und wichtige Erfahrung. Sie lernen, dass hinter Zahlen Menschen stehen. Sie lernen, dass Topmanager erbärmlich feige sein können. Sie ahnen vielleicht, dass ein Management, welches sich so einer Situation nicht stellt, womöglich auch anderen nicht gewachsen war. Und sie selbst vielleicht nicht an der Lösung, sondern für einen Teil des Problems gearbeitet haben. Die hohen Gehälter für Berater sind Entschädigungen – für ihren erzwungenen Verlust an Privatleben und Menschlichkeit und für die Schäden an ihrer Seele. Das muss jeder selbst entscheiden, wie lange das für ihn ein Geschäft ist.

Ein solches Erlebnis schreit nach Veränderung, nach Abhilfe. Falsche unternehmerische Entscheidungen wird man nicht nur nicht verhindern können, sie sind für die positiven Wirkungen einer Marktwirtschaft auch wichtig. Auch speziell Entlassungen verhindern zu wollen, ist der falsche Weg. Der richtige wäre, Entlassungen ihre Schärfe zu nehmen, indem der nächste und hoffentlich bessere Job eine konkrete und realistische Möglichkeit ist.