Liebe Frau Modeste …

… zum Land der Frühaufsteher, in dem ich nun seit mittlerweile vier Jahren hauptwohnsitzlich gemeldet bin:
(@luckystrike:) Tristerweise führte mich mein Weg vor allem zu Beginn des Studiums zumeist um diese frühe Stunde am halleschen Arbeitsamt vorbei, vor dem sich regelmäßig ein Rückstau bis über zwei Kreuzungen hinaus gebildet hatte. Vor 8 Uhr morgens. Nicht nur war der Anblick natürlich bedrückend; mir stellte sich vor allem auch immer die Frage, warum so viele Arbeitslose mit einem Auto dorthin fahren (können)… Aber daß Beamte langschläferunfreundliche Arbeitszeiten haben, ist ja nicht nur im Osten bekannt.
Wie andernorts öffnen die Geschäfte um 10 Uhr; im Grunde ist es ein Land wie jedes andere – ein schönes übrigens.

Die Kampagne „Land der Frühaufsteher“ bezieht sich weniger darauf, daß die Menschen hier deutlich zeitiger aufstehen als anderswo (denn wie überall ist es auch hier abhängig von der Branche, in der man tätig ist).
Vielmehr will man, so denke ich, damit eine Fortschrittlichkeit symbolisieren. Wer früher aufsteht, früher arbeitet, entwickelt, ausklügelt, ist eben der Zeit voraus (wie die Kollegen, die am späteren Vormittag schon Berge versetzt haben). Martin Luther und Walter Gropius waren, so meint man, ihrer Zeit voraus. Von solchen Persönlichkeiten aus Sachsen-Anhalt lebt die Kampagne.
Mißverständlich ist sie trotzdem, weil man doch geneigt ist, sich eine überdurchschnittlich früh arbeitende Bevölkerung vorzustellen und das darauf zurückzuführen, daß hier Landwirtschaft und Chemie-Konzerne frühes Aufstehen erfordern.

Herzlichst aus der schönen Stadt an der Saale,
Flummi