Mir begegneten in den letzten Tagen Menschen mit der Frage: „Na?, alles überstanden?“ Und ich steh dann da, und grinse: „Es gab nix zu überstehen, hab die ganzen drei Tage im Bett verbracht.“ „Oh… waren sie krank?“ „Nööööö…“

Egal wohin man hört, es muß überstanden werden. Ich verstehe das nicht, wieso macht man das, wenn man’s eigentlich garnicht will. Weihnachten ein Fest der Liebe, und ausgerechnet an Weihnachten kriegen sich immer alle in die Flicken?, es kostet Mühen, macht nur Aufwand und Arbeit und sowieso will auch niemand ganze drei Tage nur fressen. Die Geschenke werden argwöhnisch beäugelt, das „Dankeschön“ kritisch mit vermutetem Hall eines unehrlichen Echos gehört, und entsprechend suggestiv hinterfragt. Ich habe vor einigen Jahren als letztes von drei Geschwistern die Weihnachtsanwesenheit bei der Mutter auch aufgekündigt. Die Respektlosigkeit, die sie sich mir gegenüber leistete, öffnete mir retrospektiv die Augen. Sie hatte sich kurz vor Weihnachten beide Handgelenke gebrochen. Natürlich brauchte sie mich nicht zu fragen, ob ich am Heiligen Abend und auch zu Weihnachten kochen und die ganzen notwendigen Besorgungen machen würde. Davon abgesehen, daß sie den ganzen Abend nur rumzeterte, weil ihr Mann (nicht mein Vater) ein Geschenk von mir bekommen hatte, welches ungefähr 2,– Euro mehr Wert war, als das, was ich ihr geschenkt hatte, kam sie irgendwann in die Küche, wo es nicht nur auf dem Herd in mehreren Töpfen schmurgelte, sondern auch im Backofen. Sie ging an den Herd… nahm einen der Deckel vom Topf, schaute in diesen hinein, dann schaute sie mich an, und brüllte los: „Was ist das denn für ein Schweinefraß.“ Und das nur, weil ich es gewagt hatte, die Soße nach meiner Art zuzubereiten. Ich sagte garnichts. Ich entledigte mich meiner Schürze, ging zur Gaderobe, zog meine Jacke an, öffnete die Haustür, und schloß sie hinter mir. Dem Mann meiner Mutter standen die Tränen in den Augen.

Seitdem stelle ich mich nicht mehr zur Verfügung… auch dem Fest „Weihnachten“ nicht. Meine Tochter arbeitet jedes Jahr zu Weihnachten, meine Schwester steckt einen Claim ab, und erklärt ihr Sofa zum Naherholungsgebiet. Wir feiern Weihnachten jetzt immer am dritten Weihnachtsfeiertag. Wann der ist? Ähem… ja, das entscheiden wir immer ganz spontan. Kann sein, daß wir dann inmitten des Juli dasitzen… und Gans, Rotkohl und Klöße essen, und’nen Tannebaum gibt’s auch. 🙂

@Gaga: Ich kenne mehrere mir liebe Menschen in meinem Umfeld, die mit diesem Ritual gebrochen haben, aber sie wollen es auch, auf Nachfrage, nicht erklären, weil es ihnen peinlich ist.