Dankeschön

Danke für diesen Text. Ja, in all dem Überfluss in dem wir leben, scheint das Leben ganz besonders schwer zu sein.

Ich bin allein erziehend. Immer wenn mich mal das Jammern überkam, habe ich mir einfach jedes Mal vorgestellt (das ist wirklich kein Witz), ich lebte in der dritten Welt. Da war das magere Gehalt aus dem Teilzeitjob plötzlich purer Reichtum, meine nach deutschem Maß kleine Zweizimmerwohnung war plötzlich ein Palast, mein Kind ist durch Krankenversicherung und Medikamente ohne Zuzahlung extrem gut versorgt, meine Tochter darf obwohl sie ein Mädchen ist, zur Schule gehen und muss nicht mit 12 Jahren heiraten, mein Kind hat immer zu essen, ich musste nicht direkt nach einer Geburt an einem Feldrand wieder zurück an meine schwere körperliche die Arbeit, denn ich habe hier in Deutschland eine Schonzeit etc.

Oder ich denke an meine Großmutter (das habe ich sehr oft seit der Geburt meiner Tochter getan), die sich mit einem 4-jährigem Kind und zwei hinfälligen Greisen 1945 auf der Flucht befand – ohne zu wissen, wo sie hin soll. Und das inmitten eines kalten Jahrhundertwinters.

Oder ich unterhalte mich zufälligerweise mit der Vietnamesin in dem kleinen Obstladen und sie erzählt mir, wie sie ihre Kindheit inmitten eines Krieges verbracht hat. Leichenteile auf den Straßen. Überall Leid. Beim Erzählen wischte sie sich immer wieder über die Augen und ich musste auch weinen. Ich sagte ihr, dass wir so dankbar sein müssen, dass unsere Kinder nicht im Krieg aufwachsen.

Oder eine Freundin aus Angola erzählt so ganz nebenbei beim Grillen, während unsere Kinder im Garten spielen, wie vor ihren Augen, als sie im Alter unserer Kinder war, also mit vier Jahren, ihr Bruder erschossen wurde. Immer diese Angst, immer der Hunger. Jeden Tag.

Diese Bekannten oder Freundinnen jammern nicht.

Und wenn ich mit diesen Menschen geredet habe oder mir mein Leben an diesen Orten vorstelle, bin ich jedes Mal dankbar für das Privileg hier in Deutschland geboren zu sein – auch wenn ich vielleicht über die derzeite politische Entwicklung nicht gerade besonders glücklich bin.

Vielleicht sollte sich Ihre Freundin einmal mit der Putzfrau unterhalten. Die Verständigungsschwierigkeiten kann sie vielleicht ja überwinden. So etwas kann sehr erhellend sein.