Vielleicht liegt die Verachtung der „kleinen Leute“ aber auch darin begründet, dass sie spüren, dass „ihre Welt“ auch ganz gut ohne Juristen, Steuerberater, Controller und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Mediävistik funktionieren könnte, wohingegen Erstere ohne Klempner, Bäcker, Krankenschwestern und Elektriker ziemlich aufgeschmissen wären. Gleichzeitig merken sie, dass ihr Einfluss auf das Gestalten der „Spielregeln“ des gemeinschaftlichen Zusammenlebens sinkt, zumindest gefühlt.

Bürger A verachtet also Bürger B, weil dieser nicht mal eine Tapete sauber an die Wand bringt, Bürger B verachtet A, weil dieser den Genitiv nicht richtig verwendet und seine Kinder Kevin und Jacqueline nennt.

Gleichzeitig wird aber in den Leitmedien dargestellt, dass es weitaus wichtiger ist, den Genitiv zu beherrschen und seine Kinder nicht mit unwürdigen Namen zu verzieren, als die Wand mit unwürdigen Tapetenausrichtungen.

Nach meiner Erfahrung mobben Kinder andere Kinder ständig, wenn nicht Erzieher eingreifen, ob nun Blockflöten zerbrochen werden oder man ausgelacht wird, weil man an der Tafel steht und nicht weiß, dass Rhythmus mit zwei „h“ geschrieben wird. Der „Herr der Fliegen“ von William Golding mag ein fiktiver Roman sein, ich halte ihn für nah an der Realiät.

Vielleicht sollten wir versuchen, eine Gesellschaft zu erreichen, in der es nicht von wirklichem Belang ist, ob man unter einer Fuge ein Stück von Bach oder den Zwischenraum zweier Badezimmerfliesen versteht. Es wäre jedenfalls hilfreich für ein gedeihliches Zusammenleben.