Sehr geehrte Madame Modeste,

ich sehe das so: ehemals demokratisch wählende Amerikaner haben nicht für Clinton gestimmt, weil sie sich von der Demokratischen Partei unter ihr nicht repräsentiert gefühlt haben. Dass diese Menschen Meinungen oder Umgangsformen haben, die Ihnen oder mir nicht genehm sind, ist kein prinzipielles Problem für die Demokratie. Dass die eine Hälfte der Bevölkerung der USA die jeweils andere so sehr verachtet, dass ein gesellschaftlicher Diskurs über die Parteigrenzen hinweg nicht mehr möglich ist, schon. Soweit sind wir in Deutschland noch nicht, aber wir sind auf dem besten Weg dorthin.

Dass Ihnen oder mir bestimmte Menschen unsympathisch sind, ändert nichts daran, dass sie Teil der Gesellschaft sind, in der wir gemeinsam leben und dass wir miteinander auskommen müssen. Dafür gibt es – in Bezug auf die Organisation der politischen Willensbildung – im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Demokratie und Tyrannei. Letztere hat den Vorteil, dass man nicht miteinander reden muss, um politische Entscheidungen zu treffen. Der Wunsch, mit dem Pöbel nichts zu tun zu haben – so verstehe ich Ihren Artikel – führt, wenn man ihn konsequent zuende denkt, genau dort hin.