Ich glaube nicht, dass irgendwer einen Vorteil davon hat, dass andere Leute ungebildet sind. In einer Gesellschaft, die auf Wissen basiert, fahren wir alle am besten, wenn möglichst viele Leute viel können, gute Ideen haben und sie verwirklichen. Es gibt ja nicht begrenzt viele gute Jobs. Mehr Innovationen sind mehr Jobs sind mehr volkswirtschaftlicher Reichtum.

Insofern glaube ich nicht, dass es hier ein Wegschauen wegen Verteilungskämpfe gibt. Ich lese immer wieder von Abstiegsängsten, die die Mittelschicht angeblich plagen. Ich bin als Anwältin klassischer Teil der Mittelschicht und hege weder Abstiegsängste für den F., noch sind mir solche jemals „in echt“ bei anderen Leuten begegnet. Ich halte das für eine Schimäre.

Dass zu wenig in Hilfen investiert wird, glaube ich auch. Der Umstieg von der klassischen Halbtags- zur Ganztagsschule verläuft ganz schön schleppend. Ob das an fehlender Lobby liegt? Vielleicht sollten wir alle doch mehr in Parteien eintreten und mehr Druck für die sog. „weichen“ Themen aufbauen, die am Ende gar nicht so weich sind.

Was tradierte Verhaltensweisen angeht, glaube ich auch, dass das ganz schön schwierig sein kann, das aufzubrechen. Gerade bei Alltagsthemen wie Essen, Kulturrezeption, Kommunikation, ist das sicher nicht einfach. Aber Elternschaft ist nun einmal nicht leicht. Ich fürchte, dass wir Kindern schaden, wenn wir als Gesellschaft ihren Eltern mit ganz viel Nachsicht begegnen, jede Forderung und jeden Vorwurf vermeiden, und im Ergebnis zusehen, wie manche Kinder viel schlechtere Lebenschancen haben als andere.