Im Stockwerk über dem Atelier ist es still. Unten holt eine ganze Familie ein Bild ab, ein Mann lässt sich offenbar portraitieren und bespricht, wie er gemalt werden will, und die Frau des Malers verpackt mein Bild ordentlich zum Mitnehmen. Schön sieht es aus, eine schlanke Frau in kurzen Hosen, wie sie im Sommerlicht auf der Straße steht und konzentriert mit etwas hantiert, was ein Telephon sein könnte. Nach Hitze sieht das Bild aus, nach dem Sommer in der Stadt, den ich liebe. Nach Asphalt, Benzin und Staub und jenem Zauber, der den Berliner Sommer leuchten lässt, als sei alles möglich und jeder Rausch nur einen Lidschlag entfernt.
Ich könne mich noch etwas umschauen, werde ich aufgefordert, und wandere von Bild zu Bild. Es ist kühl hier, Hochparterre im Gartenhaus, und auch ohne die roten Vorhänge aus Samt sähe der Raum aus wie aus anderen Zeiten. Hier säße ich gern und würde lesen, denke ich mir und ziehe den Dunst von Ölfarben ein, den ich mag und mit etwas verbinde, was weiblich ist, etwas von Federn und Pflanzen, langen Perlenketten und – wer weiß, woher – weichem, grünem Gras.
Gras gibt es hier nicht, aber eine Eberesche steht im Hinterhof und leuchtet durch die alten Fenster. Eine gemalte Frau steht vor mir bis zur Hüfte im Licht, ein Café liegt im kühlen Schatten, aber ein Bild sehe ich, das des Lichts nicht bedarf. Es zeigt keine Menschen, keine Tiere, keinen Raum. Nur ein weißes Tuch, eine Karaffe, halb nur ausgeführt, und rund um das Glas Früchte. Pfirsiche liegen um das Glas herum, samtig manche, manche flach aus den Weinbergen, manche rund, wie sie am Mittelmeer wachsen, beschattet von Zypressen und unweit dem Meer.
Eine Sehnsucht ergreift mich nach diesen Früchten. Eine schwere, schwingende Gier nach der weichen, stumpfen Haut, dem Geruch kurz vor der Fäulnis, dem Übermaß an Süße, das den ganzen Mund füllt, und nach dem klebrigen Saft. Pfirsiche möchte ich essen, denke ich mir (doch das kommt nach Lage der Dinge nicht mehr im Betracht), und dieses Bild, dieses Bild muss ich haben. Nächsten Samstag vielleicht.
Glücklich kann sich das Bild schätzen, das solche Gefühle hervorruft. Und gut muss es sein. Fast hätte ich geschrieben ich würde es gern sehen, aber ich fürchte enttäuscht zu werden. Vermutlich bleibe ich besser bei den tropischen Bildern, die Ihre Beschreibung hervorruft….
In meiner Kindheit gab es für mich einen ähnlichen Ort in dem ich stundenlang verweilen und phantasievollen Träumen nachhängen konnte.
Sie wecken in mir glückhafte Erinnerungen, auch an eine entfernte Verwandte meiner Mutter, die mir in dieser fast mystischen Umgebung aus ihrem Märchenschatz erzählte und mich den Alltag vergessen ließ.
Und an dieses Nachsinnen anknüpfend würde ich mir wünschen, Ihnen im beschriebenen Atelier gegenüber zu sitzen und Ihren wunderbaren Texten lauschen zu können.
Sie lächeln, ……lassen Sie mich träumen, so wie Sie es ja auch tun.
REPLY:
Es ist ein großartiges Bild, es stammt von dem Maler Edward B. Gordon.
REPLY:
Ich habe gerade wirklich Lust, wieder einmal öffentlich zu lesen, allerdings wohl nicht in einem Atelier. Vielleicht ergibt es sich ja wieder einmal.
REPLY:
(verstehe…)
REPLY:
Oh, diese gemalte Street Photography mag ich sehr! Kann mir vorstellen, dass Pfirsiche in diesem Stil sehr anziehend wirken….