In Limbo: 2021

Kaum etwas Zeitgenössisches gelesen im letzten Jahr, ich glaube, nur Adorján am Meer, Ciao hieß das Buch, den neuen Kracht und nun Stanišić, aber ach: Das war ja auch schon 2019. Wie die Tage, Wochen, Jahre, ineinanderfallen, als wären sie eins. Ansonsten viel Zwanziger, viel 19. Jahrhundert, viele Geschichtswerke, so etwas.

Gar keine Musik gehört, nur einmal in der Oper gewesen, nur einmal getanzt, als ich mit einem Hamburger Freund im Joseph essen war und die Köche und Kellner und Gäste auf einmal angefangen haben, auf Töpfen zu schlagen, auf Tischen zu tanzen und sich Arrak in den Mund zu gießen, als wäre es 2007, 2012, 2019, irgendein Jahr, in dem Nächte fließen, steigen, Wellen schlagen, um uns am anderen Ufer erschöpft und nass auf den Sand zu werfen.

Gegessen gut, kaum Sport getrieben, gearbeitet und Erfolg gehabt dabei, den Sohn sehr unmäßig geliebt und ihn trotzdem hoffentlich auch ein bisschen erzogen, an der Adria gewesen und Delphine gesehen, leuchtenden Himmel und Fels. Am Atlantik gewesen, an die Ostsee gefahren, die engen Freunde zu selten gesehen und die weiteren Freunde, die losen Bekannten gar nicht oder kaum. Ob wir uns neu kennenlernen werden, wenn das alles vorbei ist? Oder andere Menschen? Oder niemanden mehr?

Zweimal auf dem Sofa Kleider gekauft und an einem hängt noch an das Etikett. Ich glaube, ich weiß nicht mehr genau, wie ich aussehe. Rund um mich herum sterben Eltern, Leute kaufen sich Häuser am Ende der Welt, aber nur selten am Meer, und es wäre gut, wenn das alles mal endet, bevor dieser trübe Zustand unser neues Normal wird und wir zu Zwischenmenschen in einer Zwischenzeit, nach der wird kommen nichts Nennenswertes.

4 Gedanken zu „In Limbo: 2021

  1. (…und ganz gesund geblieben…. 🙂 )

    Beim Tanzen bei einem kleinen live Konzert im September fühlte ich mich ganz ungelenk und komisch unmotiviert deswegen… wahrscheinlich wussten meine Knochen und Muskeln schon, dass es nicht der Auftakt zu einer regelmäßigen Wiederholung in den darauffolgenden Wochen wird…
    Glücklicherweise ist dieser Tatendrang aber regenerierbar… so lange wir leben und beweglich sind.

  2. Sehr schöner Text!
    Hat mich daran erinnert, das ich auch nur antiquierte Bücher gelesen habe, seit Anfang der Pandemie!
    Ich habe stattdessen viel Sport gemacht (für mein Alter von fast 60) und dabei unzählige Podcasts gehört!
    Meine Frau und ich haben viel zusammen gekocht, waren viel wandern und ich musste Salsa und Tangokurse mitmachen.
    Wir waren ab Mitte 2020 wieder öfters im Konzert. Viel beim Tanzen und auf Parties. Im „bösen“ China ist das alles möglich. Da gibt es mal bei Bedarf lokale Beschränkungen, aber das war es auch dann.
    Wir waren am Meer (South China Sea) auf der Insel Hainan und in Qingdao/Weihai (Yellow Sea) in Shanghai, Peking, Hangzhou, Chengdu und Wuhan!
    Nur ein Problem, die Kinder studieren und arbeiten in Deutschland. Wenn wir von denen hören, sehen wir, wie gut wir es haben.
    Wir Eltern genießen das Leben in vollen Zügen und die Kinder müssen sich einschränken, so, wie Sie es auch beschreiben!
    Hier werden alle gleichermaßen beschränkt oder frei gelassen, unabhängig vom Impfstatus! Was eine Ironie – das böse, böse Regime lässt seinen Menschen (ich bin versucht „Bürgern“ zu schreiben) mehr Rechte als die meisten westlichen Länder! „Lechts und Rinks kann man nicht velwechsern, werch ein Illtum“!
    Lassen Sie Dich bitte nicht verarschen in Deutschland!

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