Bernsteintage, Montag (3)

„Mama nicht so viel!“, krakeelt der F. und zeigt unmissverständlich auf meinen Teller. „Und ob, mein Liebling!“, protestiere ich und nehme noch einmal nach. Es gibt Polenta und gehackte Auberginen mit ziemlich viel Parmesan. „Mama, nur ‚müse!“, fordert der F. noch einmal die sofortige Rückgabe der Polenta. „Wo mein Fleisch?“, stochert er parallel mit der Gabel in seinem Gemüse herum. „Ich noch ein Spiegelei!“, schlägt er vor, als er nicht fündig wird und verfolgt jeden Gabelbissen auf dem Weg zu meinem Mund. „Mama, dick!“, zieht er die letzten Register, um mich vom weiteren Verzehr abzuhalten.

Als der J. auftaucht, schaut er sich nur flüchtig um. „Mama viel nehme!“, beschwert er sich  beim J. über mich und schaut mit Argusaugen an, was – und vor allem: wie viel – der J. sich auf den Teller lädt.

F’s eigener Teller bleibt dabei verdächtig voll. „Du isst ja kaum was.!“, spreche ich den F. schließlich an. Er schüttelt den Kopf und zieht seinen Teller näher zu sich heran, ohne jedoch seine nahrungsaufnahme zu intensivieren. „Mein Essen!“, brüllt er, gerät dabei bedrohlich aus dem Gleichgewicht und gibt schließlich auf. „Tschüß, Essen!“, verabschiedet er sich, begibt sich ins Bad und lässt sich die Zähne putzen.

Als er zurückkommt, isst der J. seine reichlichen Reste. „Papa, mein Essen!“, heult der F. auf. „Aber du isst doch gar nichts mehr!“, verteidigt sich der J. gegen den schreienden, weinenden, knallroten F. „Ich wegschmeißen! Ich!“, versucht der F. meinem geschätzten Gefährten das Essen aus der Hand zu reißen, um es in den Abfall zu expedieren, bevor es der J. isst. Minuten später gibt er erst auf.

„Schlaf gut!“, setze ich mich 20 Minuten später an sein Bett. Friedlich schmatzt der F. im Schlaf imaginäre Mahlzeiten. Auf seiner Wange haben die Wuttränen eine hellgelbe, krümelige Sour hinterlassen.

Ich stehe auf. In der rechten Hand schwenke ich ein großes Stück Comté, mit der linken ziehe ich die Fenster zu, und beiße herzhaft ab. Gute Nacht.

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