K. oder nicht K.

Zu den wirklich bedauerlichen Umständen gehört, dass der K. mir so gar nicht gefällt. Ich bin ein bißchen ärgerlich mit ihm – wäre er nur ein wenig anziehender, so würde ich mir den K. ernsthaft überlegen. Würde er sich wiederum nicht so nett bemühen, dann täte es mir nicht leid. Die Kombination von reizender Werbung und unüberwindlicher Abneigung…so etwas sollte verboten sein.

Gestern nachmittag zum Beispiel ruft der K. an, er sei zufällig bei mir um die Ecke. Hätte er einfach geklingelt, wäre ich mir ein bißchen verfolgt vorgekommen. Aber so…

Jedenfalls kommt der K. die Treppe hochgelaufen, erwartungsfrohes Lächeln, aber keine Umarmung. Eine einzelne Amaryllis statt eines üppigen Straußes, dessen Annahme irgendwie verpflichtend wirkt und schon deswegen nicht richtig Freude macht.

K. lobt meinen Tee, und gibt sich offenkundige Mühe zu gefallen. Spürbare Anstrengung hat man eigentlich nicht gern – bei K. wirkt die Unbeholfenheit aber immerhin ganz reizend. Er spricht über Botho Strauß und die Gotik, imitiert die Klavierlehrerin seiner jüngsten Schwester, und bricht, als er einmal auf die Politik kommt, auf der Stelle ab: Frauen interessieren sich nicht für Politik, wie man ihm erzählt hat. Die Blicke werden länger, er wechselt die Themen und spricht über Familie und Glaube. Als ich leichte Anzeichen von Unbehagen erkennen lasse, wechselt er wiederum und preist die mit gebratenem Geflügel verbundenen Freuden.

Nach einer nicht unangenehmen Gesprächspause kommt er auf den Vorfall von letzter Woche. Es sei, sagt er, alles andere als ein Mangel an Respekt. Ich dürfe nicht denken, er halte mich für – leichtlebig.

Süß!, denke ich. In diesem gescheitelten Köpfchen ist die Welt der leichtlebigen Frauenzimmer und ihrer feschen Verehrer noch Realität. Auf meinem Sofa sitzt ein sprechendes Fossil. Wenn mich aber diese groteske Weltanschauung mehr rührt als ärgert, denke ich weiter, könnte ich nicht vielleicht wirklich zumindest ein wenig in den K. verliebt sein?

Ich wäre ganz gerne in K. verliebt, es würde mindestens die Hälfte aller meiner tatsächlichen und eingebildeten Probleme auf der Stelle lösen. Aber schon die Vorstellung, den K. auf den Mund zu küssen, erscheint mir so abwegig, wie ein Kuss mit dem Mann, der die Zigaretten verkauft. Wenn der K. seine Hand auf meinen Unterarm legt, bekomme ich Gänsehaut.

Keinesfalls verliebt. Soviel ist sicher. Aber wenn es möglich wäre, mittels eines Medikaments augenblicklich in ein Objekt eigener Wahl verliebt zu sein, würde ich es derzeit sogar privat bezahlen.

Ein Gedanke zu „K. oder nicht K.

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