Betrachtungen in der Badewanne

Das Jahr, so steht es in meinem Kalender, hat 52 Wochen, im Allgemeinen – und wer wird denn so pingelig sein – damit auch 52 Samstage. In jener Stadt, in der ich zuhause bin, wohnen etwas mehr als drei Millionen Menschen, und jeder Berliner, der mehr als zehn dieser Menschen kennt, muss damit rechnen, ebenso viele Wochenende die Besitztümer seiner Freunde durch die Stadt zu tragen: Die ganze Stadt zieht unablässig um. Wer an einem Samstag durch die hiesigen Gefilde schlendert, und keinen gemieteten Umzugswagen von Robben & Wientjes sieht, ist nicht in Berlin.

Der Tiefstand der Berliner Wirtschaft bei gleichzeitig reger Bautätigkeit soll neben dem Überangebot an bezahlbarem, ansehnlichem Wohnraum durchaus weitere negative Folgen zeitigen. Ich stehe indes nicht an, die schiere Möglichkeit annähernd berufsloser Menschen, hundert Quadratmeter renovierten Altbau zu beziehen, anders denn als einen echten Nachteil zu bewerten. Die Tatsache, dass Ignoranz und Armut den eingeborenen Berliner offenbar zwingen, seine schönen, alten und zentnerschweren Besitztümer Zugezogenen und Auswärtigen für sagenhaft wenig Geld zu verticken, macht die Umzüge auch nicht gerade angenehmer. Hier ein Biedermeiersekretär, dort ein Gründerzeitschrank, und die schweren Tische, an denen es sich auch mit vielen Menschen komfortabel sitzen lässt, haben schon vielen verhältnismäßig jungen Menschen ernsthafte Rückenleiden eingebracht.

Ach, denkt man dann, beladen mit unermesslich schweren Kisten. Mögen nahestehende Menschen doch endlich eine Wohnung kaufen. Oder ein Klavier, denn auch der Besitz eines solchen Instruments soll ja seßhaft machen. Oder würden sie wenigstens, endlich, nach diversen folgenlosen Ankündigungen ernst machen mit dem Versprechen, nie, nie wieder ohne professionelle Unterstützung den Wohnsitz zu wechseln.

2 Gedanken zu „Betrachtungen in der Badewanne

  1. Ich möchte nur am Rande bemerken, dass ich beim letzten Umzug bei dem ich geholfen habe, einen Bandscheibenvorfall bekam. Das Gute daran: niemand fragt mich nunmehr ob ich ihm oder ihr beim Umzug helfen kann.

    Aber in Köln ist das Problem ja ohnehin nicht so groß. Wer einmal eine erschwingliche Wohnung gefunden hat, zieht nicht mehr so schnell aus. Höchstens wenn Kinder kommen, aber selbst erst wenn sie in die Pubertät kommen und nicht mehr ins Gitterbett passen.

  2. REPLY:

    Bandscheibenvorfall also. Hört sich übel an, kann man aber bestimmt irgendwie simulieren.

    Die Kölner Wohnungsmisere habe ich auch schon vernommen, aber nicht wirklich verstanden. Wieso bauen die Kölner Miethaie nicht einfach mehr Wohnungen, wenn das so lukrativ ist? Oder die Kölner ziehen alle nach Berlin?

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