Auf dem Rückweg von der Neuen Nationalgalerie, am Sony Center vorbei, sprechen wir über Sophie Calle und Frauen, die Tod´s an den Füßen tragen. Von den Frauen zu den Männern ist es dann nur noch ein kurzes Stück, und die J. beklagt ein wenig die Totenstarre ihres Liebeslebens, die sie als das endgültige Ende beschreibt.
„Oje, das doch nicht,“, beschwichtige ich. „So wird es schon nicht kommen.“ Dann beschwöre ich den blauen Himmel, den Frühling und die Massen an reizenden jungen Männern, die ja irgendwie übrig geblieben sein müssen, wenn es auf Erden ungefähr gleich viele männliche und weibliche Menschen gibt. Schlimmstenfalls, so male ich eine glückliche Zukunft in die Luft, ist es ja auch noch rein theoretisch denkbar, anderen und selbstverständlich unsympathischen Frauen ihren Begleiter abspenstig zu machen. J. schüttelt verzagt den Kopf.
Eine knappe Stunde später mit einer warmen Mahlzeit im Magen sieht die Welt schon wieder besser aus. J. ist bereit die Möglichkeit zu konzedieren, dass irgendwo im Großraum Berlin noch männliche Möglichkeiten herumlaufen. Indes, und sie schaut wieder traurig in ihr Glas, hielten sich die Möglichkeiten des Kennenlernens doch sehr in Grenzen. Der Ritter ihres Herzens, er gehe so wenig in Clubs wie sie selber auch. Und in Bars spreche er keine Frauen an, denn ein solcher Herr sei er nicht, und vielleicht sogar eher schüchtern.
„In Galerien? Oder Lesungen?“, frage ich die J., die aber verneint wiederum mit entschlossenen Gebärden. Nein, keiner der Bewohner von Mitte mit einer schwarzen Brille und einem halbfertigen Roman. Kein Grafiker mit Visionen, kein freier Journalist. Ziemlich patent soll er sein und kochen soll er auch können. J. beschreibt die Vorzüge des fürsorglichen Mannes und vermutet ihn am Stadtrand mit einem Kind auf den Schultern, denn er verfügt über einigen Familiensinn.
„Ach was.“, sage ich. Hat doch nicht jeder Kinder. Bestimmt ist er nach drei Ehejahren verwitwet und rührt gerade in seinem Tomatensugo. Dazu hört er Musik, die auch J. hören würde, würde sie kochen. Vielleicht zieht er sich demnächst einen Wein auf, und bedauert, nur ein Glas zu füllen. Inzwischen kann er sich auch wieder vorstellen, mit einer anderen Frau als der Verstorbenen anzustoßen, und seine Gläser haben ebensoviel Stil wie er selbst.
Witwer ginge gar nicht, sagt aber die J. Ihre Mutter habe sie stets vor Witwern gewarnt: Gegen Tote könne man nicht gewinnen.
„Grundlos verlassen.“, schlage ich alternativ vor. „Genau.“, meint J. und erwähnt die Kinder, die die Ex inzwischen mit der männlichen Ursache des Beziehungsendes mit J.´s zukünftigem Gatten aufzieht. „Aber wenn er,“, überlegt J. weiter, „gerade Tomatensugo kocht…“, dann trifft sie ihn nicht einmal in dem Restaurant, in dem wir sitzen und auf der Suche nach einem krönenden Dessert in der Karte blättern.
Bestimmt, sage ich, besucht er Flohmärkte, denn einen Flohmarkt wollen auch wir demnächst einmal wieder aufsuchen. Die J. sucht einen silbernen Brotkorb, ich suche ein kleines Tischchen, vielleicht ein Schachtischen, denn ich spiele zwar selten Schach, schätze aber die verspielten Tischchen, die man inzwischen leider selten sieht.
„Dann geht er an mir vorbei, ich denke noch, wie nett er ausschaut, und dann ist er weg.“, sagt die J. und entscheidet sich für ein Eis mit heißen Himbeeren. Sie greifen beide nach dem selben Brotkorb, schlage ich vor. Dann überlässt er ihr das schöne Stück und bittet um einen Kaffee als Schadensersatz. Ich schlage mich unauffällig in die Büsche, und dann stehen sie beide an einem offenen Wagen und trinken Kaffee, er sagt genau das Richtige, sie lacht über seine Scherze, und mühelos, ohne Anstrengung und ganz von selbst verabreden sie sich ein paar Tage später. Er findet sie schön, sie findet ihn interessant, und noch ein paar Tage später kocht er für sie und zieht den Wein für beide auf.
„Wird doch wieder nichts draus.“, sagt die J. und lächelt immerhin wieder.
Flohmarkt, definitiv. Da treffen die tollsten Sachen aufeinander. Regenschirme, Nähmaschinen, Schachtischchen. Unter all dem Krempel wird doch wohl auch ein Mann zu finden sein 😉
REPLY:
Bestimmt, irgendwo hinter einem Stapel alter Asterixhefte, ganz verstaubt und durch mindestens drei Hände gegangen…aber wir wollen ja nicht übertrieben anspruchsvoll sein, und werden unsererseits ja auch nicht gerade im Quartier 206 ins Schaufenster gestellt.
REPLY:
Liebe modeste, nur zum Verständnis: Was sind Tods an den Füßen?
REPLY:
Etwas Besseres finde ich gerade leider nicht. Also diese Schuhe, diese Halbschuhe, die Frauen tragen, bei deren Geburt Perlenketten mitgeliefert worden sind. Vielleicht findet ja eine meine geschätzten Leserinnen und Lesern noch ein schönes Bild, das soll er oder sie dann gleich hier einstellen.