„Lass´ schauen, Liebchen“, sage ich um halb drei in der Nacht zu meinem Spiegelbild und streiche mir eine Strähne aus der Stirn. „Was haben wir denn heute gegessen?“
„Heute morgen“, sagt mein Spiegelbild zu mir, „hattest du ja nichts im Haus.“ „Jaja.“, sage ich und weise auf die verflixten Öffnungszeiten hin, und dass ich doch gestern im Biergarten war, und dann beim „Naan“ in der Oderberger Straße, Rahmkäse und Spinat in Currysauce essen, und dann war es schon so spät, und kein Geschäft wollte mir mehr Käse verkaufen, Milch für eine heiße Schokolade und ein bißchen Obst. So war es dann bloß eine Tasse Tee und sonst gab es gar nichts.
„Eine blöde Kuh bist du.“, sagt mein Spiegelbild und aus dem Badezimmer quiekt die Waage Zustimmung. „Wieso?“, frage ich zurück. „Gar nichts ist doch gut, wenn es nach euch geht!“ Das Spiegelbild faucht und zeigt anklagend ein Speckröllchen über dem Rockbund.
Keine halb zwei war´s, erinnert das Spiegelbild ungehalten, als der Hunger dann doch nachkam, und bei „Sowohlalsauch“ ein Stück Milchreistorte fällig war. Eine Zibebenschnecke auf den Weg, schnell nach Haus und dann weiter ins 103. Später, so hast du dir auf dem Weg ins 103 gedacht, kochst du dir einen Teller Pasta mit Pesto, schneidest ein paar Tomaten auf, und das alles würdest du auf dem Heimweg schon noch einkaufen können. Aber dann war´s nett im 103, es wurde später und später, und als du nach Haus kamst, musstest du eigentlich auch schon wieder los. Auf dem Weg lag kein einziger Supermarkt, und angekommen gab´s Kuchen, und am Ende hast du aus Hunger, und weil der Kuchen so gut war, ziemlich viel gegessen, fett war´s und süß, und mit Marzipan versehen.
„Na und?“, frage ich das Spiegelbild ein bißchen trotzig. Wenn ich den ganzen Tag nichts gegessen habe, habe ich halt Hunger und kann doch ein Stück Kuchen essen oder zwei? „Und Schokolade.“, erinnert das Spiegelbild. „War doch nicht viel!“, rechtfertige ich mich und gehe dann zum Angriff über.
„Du hast ein komplett gestörtes Körpergefühl!“, schleudere ich meinem Spiegelbild entgegen. Und erinnere das Spiegelbild an die Zeitgebundenheit von Schönheitsidealen, und dass das Schlankheitsideal der Gegenwart ja gar nicht gesund sein soll, sondern bloß ein Konstrukt ist, dessen Entstehung und Funktion das Spiegelbild doch auch nachgelesen hat, bei Naomi Wolf war´s. „Auch Naomi Wolf schreibt nicht: Gehet hin und ernährt euch von nichts als Kuchen!“, spricht das Spiegelbild und zeigt eine weiche Rundung in der Körpermitte. „So weit hast du uns gebracht.“, sagt das Spiegelbild, und dass die meisten Amerikaner Übergewicht schlimmer finden als Lungenkrebs.
„Mir doch egal.“, sage ich. Und dass ich auf depperte Amerikaner gern verzichten kann.
„Na dann mach doch, was du willst.“, sagt mein Spiegelbild und verschwindet bis morgen früh. Leer bleibt der Rahmen an der Wand hängen.
Endlich weg, der Spielverderber, denke ich und hole mir ein Stück Schokolade aus dem Schrank.
Schmunzel
Gut das nur mein Weblog mit mir redet. Und ich nur mit meinem Weblog. Wir sind beide etwas blind für das Aussehen des anderen.
REPLY:
…….
Einfach körperlich arbeiten. Und der Speck schmilzt wie Butter in der Sonne. Nich immer
nur auffem Bürostuhl sitzen, und Heftklammern sortieren. Das mancht fett. Ganz klar.
REPLY:
Spargelstechen beispielsweise?
REPLY:
…..Spargel?
Spargelstechen bringts voll. Immer tief das Messer rein, richtig wühlen, und den dicken
dicken Spargel rausholen. Und dann alles mit weisser Sosse ganieren. Aber so richtig dick.
Und dann ab, ab, ins Mäulchen. Ahhhhhh. Lecker.
Lieblingse
Hee, das sind ja alle meine Lieblingscafés, neben der Espressolounge, Kaffee am Meer,
Malzcafé, …
Sag deinem Spiegelbild einen schönen Gruß, mit ein bisschen Hüftgold mehr hat es
einfach mehr dran, zum Liebhaben.
REPLY:
Hmmm, Kaffee am Meer, da komme ich gerade nicht drauf. Wo ist das und was lohnt sich da zu verzehren? – Die Kuchenkönigin vom Prenzlberg ist und bleibt natürlich unbestritten sowieso die Patisserie Albrecht in der Rykestraße, Meisterin der Tarte Tatin. Da lohnt sich jedes Kilo.