Das Telephon bleibt stumm, die Mailbox leer, und mein Schreibtisch quillt über vor langweiligen Stapeln Arbeit, die nach Erledigung schreien: Die Welt weigert sich, mich zu amüsieren.
Wäre doch, so male ich mir aus, eine gute Fee schon auf dem Weg zu meiner Wohnung, ginge geradewegs die Straße hoch, stünde vor der Haustür und käme die vier Treppen hoch zu mir. „Was wollen sie?“, würde ich die Fee fragen, und die Fee, wie es die Art der Feen ist, böte mir die Erfüllung dreier Wünsche an.
„Das lässt sich hören.“, würde ich antworten und der Fee einen Tee anbieten. „Genug geschwatzt!“, schnitte die Fee mein gastfreundliches Entgegenkommen ab. Die Wünsche bitte.
Zuerst einmal natürlich würde ich auf die Stapel auf meinem Schreibtisch deuten, und – zack: Wäre die Arbeit auch schon getan. Die nächsten vier Monate hätte ich frei. „Danke liebe Fee.“, würde ich sagen, aber die Fee würde nur ungeduldig auf den Zehen wippen und die nächsten Wünsche einfordern. Testweise würde ich eine deutliche Gewichtsreduktion erwähnen, aber dafür hätte die Fee überhaupt nichts über. Das, würde sie sagen, würde ich mir doch sowieso wieder anfressen über die Tage und Wochen. Ein oder zwei reizende Gefährten, die mir den Sommer versüßten? Ein Bikini, der passt?
Kurz bevor die Fee ungehalten meine Wohnung verließe, fiele mir dann doch noch der zündende Gedanke ein. Eine Angorakatze.
Ich möchte eine Angorakatze sein.
Ich würde in einem großen Haus mit Garten auf dem Lande wohnen, und mehrmals täglich würde ich gefüttert. Ich wäre ein bißchen kapriziös und würde nur ganz bestimmtes Futter essen, und alle paar Wochen hätte ich das Lieblingsfutter über, und meine Halter würden alle möglichen Katzenfutter kaufen oder selber kochen, damit ich wieder fresse. Ein älteres Ehepaar wäre da nicht schlecht. Am Abend zöge ich durch die Felder, und würde die wilden Kater besuchen, die ich mir sehr unkompliziert vorstelle. Gefällt mir ein Kater nicht, so würde ich ihm mit der Pfote auf die Nase hauen und zöge meiner Wege. Am Morgen wäre ich dann wieder daheim.
Ein weiches Kissen hätte ich beim Kamin, und ein Körbchen in der warmen Küche, wo es gut riecht. Bin ich gut gelaunt, so striche ich meinen Haltern um die Beine, ließe mich streicheln, und stünde auf, wenn ich genug hätte. Mag ich keinen sehen, so würde ich mich verstecken, keiner würde mich finden, und aus meinem Versteck würde ich meinen Haltern zuschauen, wie sie durch den Garten laufen und „Modeste, Modeste“, rufen. Ich würde schlafen, wann immer es mir passt, und alle Leute kratzen, wenn ich schlechte Laune hätte.
Das wäre ein Leben.
Also bitte. Katze, sicherlich. Wär wäre das nicht gern? Ganzen Tag in der Sonne dösen, fressen, wieder dösen, ein bißchen Unsinn machen. Aber doch keine Angora! Die sind ständig krank, haben verfilztes Fell und holen sich beim Rumstreunen nur Kletten… naa. Im Katzenleben nicht ganz so mondän, bitte.
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Vom Dasein als Angorakatze erwarte ich mir ganz handfeste Vorteile in Bezug auf meine Halter – Angorakatzen sind doch so schön weich. Als stinknormale Hauskatze ist der erwünschte Grad an Verwöhnung nur sehr, sehr schwer zu verwirklichen, scheint mir. Den Katern ist das ja eh egal.
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Das kommt aber sehr auf die Halter an. Der Kater meiner Eltern, ein normaler
Hauskater, war das verwöhnteste Tier, das ich überhaupt kannte, regierte
den Haushalt mit lautesten Mauungen, musste stundenlang gestreichelt
werden (wofür bei einem Rentnerehepaar auch die Zeit ist) und wurde 21 Jahre alt.
Auf menschliche Verhältnisse übertragen wäre das irgendwas um die 120 herum,
glaube ich.
Modeste, eine schöne Vorstellung. Allerdings wäre es schade, so ruhig zu leben, wenn man schon seiben Leben hat. Und die wilden Kater sind wahrscheinlich genau so kompliziert, wie ihre menschlichen männlichen Pendants. Übrigens: ich kratze und beisse im Alltag auch.
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Ein Katzenleben wundervoll.
Wäre das Leben meiner Katze nur halb so schlaraffig wie das von Ihnen geschilderte. Das arme Tier lebt überwiegend allein, kein Garten und Futter recht unregelmäßig, dafür dösen vermutlich im Überfluß. (Vielleicht installiere ich mal ne Webcam.) Dafür gibt es stundenlange Streichelsitzungen am Wochenende.
Katzen leiden übrigends sehr lautstark, sollte auf Wunsch kein Kater zur Verfügung stehen. Ohne Scheu, Scham oder falsches Geziere wird die ganze Nacht lauthalts nach Sex geschrien. Herrlich unkonventionell.
Das erinnert mich sehr an das Kinderbuch von Elke Heidenreich „Nero Corleone“. Mir wurden daraus mal einzelne Kapitel per Telefon vorgelesen (warum auf diesem Wege ist eine Geschichte fuer sich).
Falls Sie es noch nicht kennen, kann ich es durchaus ans Herz legen. Es ist zwar eine Kindergeschichte aber kommt den Ausführungen Ihres Wunsches wohl sehr nahe (wenn auch das Buch stattdessen von einem Kater handelt) 🙂
…Und fuer die Hundfreunde unter uns gibts ja noch von Reinhard Mey: „Es gibt Tage, da wünscht ich, ich wär‘ mein Hund“…
Mein erster Kommentar in einem, Ihrem, Blog. Ich lese Ihres (und auch andere) schon eine Weile mit Begeisterung, manches erinnert mich durchaus an eigene Erlebnisse. Und ich betrachte sie meist (die Erlebnisse) mit einem weinenden und/oder einem lachenden Auge.
Danke.
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@k.katze: Stimmt, das Schreien hallt Nächte lang durch. Mir fällt da die
Liedzeile ein „Nachts, wenn die Katze schreit und ihre Einsamkeit der einzige
Gast ist, den sie nicht mehr braucht…“
Wären wir doch wie die Katzen, alles wäre so einfach. Kein Versteckspiel,
kein Rätselraten, was wie gemeint ist. Mit „Mau“ und „RRRRRRRR“ lässt
sich Wesentliches viel unmittelbarer ausdrücken als mit unserer komplizierten,
metaphernreichen Wort- und oft uneindeutigen Körpersprache.
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Ich sage ja, Frau Katze – die Person des Halters ist außerordentlich entscheidend. Bei Che´s Eltern scheint das Katzenleben ja meinen Vorstellungen schon recht nahe zu kommen. Nur bloggen könnte ich dann nicht mehr, als Katze. Bloggende Halter, die mich und alle meine Lebensäußerungen per Webcam der Welt mitteilen würden, wären da gar nicht übel. Ich wäre ja Katze und müsste das stinklangweilige Katzenblog ja nicht lesen.
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Ach, Frau Brittbee, nun zerschießen Sie nicht noch die letzten frommen Wünsche. – Mit den Katern ist es also auch nichts? Ich hatte mir wie der Herr Che von der Vereinfachung der Kommunikationsstrukturen eine ganz ungemeine Verbesserung meines Soziallebens erhofft! Es besteht also gar keine Hoffnung?!
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Dankeschön – ich hoffe, die lachenden Augen überwiegen und vielleicht schreiben Sie ja auch mal ein eigenes Blog.
Das von Ihnen erwähnte Buch kenne ich nicht, allerdings beruht diese Unkenntnis in diesem Fall auf meiner grundsätzliche n Abneigung gegen Elke Heidenreich, die einmal einen eigenen Beitrag wert wäre.
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Beachten Sie bei der Wahl der Halter auch deren Alter. Renter haben viel Zeit, stimmt nicht in jedem Sinne. Schließlich könnten Sie, wie das Beispiel von Herrn Che zeigt 21 Jahre werden.
Sony bastelt gerade an einer Technology (http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,357133,00.html), die es möglich machen könnte die Katzengedanken in einen Rechner zu laden. Vorausgesetzt es erfolgt eine fehlerfreie Übersetzung, wäre dieses Katzenblog vermutlich sogar sehr spannend.