„Ich bin die dickste Frau in der ganzen Bar.“, nörgele ich ein bißchen herum und betrachte die 1,80 großen, schlanken Frauen, die ihre extravagante Garderobe zwischen den weißen Lederwürfeln zur Schau tragen. Am Nachbartisch erklärt ein schon leicht erschlaffter Mittdreißiger im rosa Hemd einer riesigen, schlangenhaften Blondine die Weltwirtschaft, und als die Gläser leer sind, winkt der T. vor der Tür einem Taxi. Ein dicker, schnauzbärtiger Türke fragt nach dem Ziel der Fahrt, und zwischen den goldfarbenen Blumen am Rückspiegel und auf der Hutablage, und unter dem durchdringenden Leiern der türkischen Musik diskutieren der O., der T. und der S. ein bißchen herum.
Am Wochenende sei der vom S. vorgeschlagene Club eine absolute No-Go-Area, sagt der O. und schildert die Beschaffenheit der Wochenendbesucher in drastischen und überaus abschreckenden Farben. Die Party, die der O. dafür ins Gespräch bringt, ist dem S. wiederum zu geschleckt, und in einem anderen Club war der T. gerade. „Wo soll´s denn jetzt hingehen?“, unterbricht der Taxifahrer die Diskussion. „Auf die Torstraße.“, dirigiert der S.,
Richtung Friedrichshain/Kreuzberg, so viel steht immerhin fest, kann eigentlich nicht falsch sein, und so fährt der Fahrer am Alex vorbei, dessen Spitze heute nacht weich in der feuchten, kühlen Luft verschwimmt. Der T. reicht eine Flasche nach hinten. „Was ist das?“, frage ich, die ein bißchen müde wird, so ganz ohne Musik, denn die Taxifahrermusik hat der T. gerade ausgemacht. „Entre Deux Mers“, antwortet der S., der das Etikett studiert, während der T. und der O. bei irgendwelchen Leuten die Telephone klingeln lassen: Wo ist die Party?
„Hört sich ganz gut an.“, höre ich vom Beifahrersitz, aber links neben mir wird heftig mit dem Kopf geschüttelt. „Kenn´ ich, nicht mein Fall.“, heißt es rechts neben mir zu einer anderen Party. „Da bin ich nicht für angezogen.“, höre ich von vorn, wo es anscheinend gerade um eine Party geht, bei der Jeans und Hemd keine gute Idee darstellen. „Geht´s ein bißchen unkomplizierter?“, frage ich, die ich mit schwarzem, gerafften Oberteil und ingwerfarbenem Rock nicht gerade galatauglich daherkomme. – „Der G. meint, die Party da sei öd. Die gehen gerade.“, meint der O., das Telephon am Ohr, und dirigiert das Taxi weiter Richtung Kreuzberg. – „Mir ist heute mehr nach Mittemädchen.“, sagt der T., und lästert ein bißchen ab über die Prenzl´bergerin, die in sehr individuell bedruckten T-Shirts und Jeans mit Turnschuhen an den Füßen durch die Welt liefe, und Unterwäsche aus Frottee trüge. Frauen, proklamiert der T., sollten sowieso keine Turnschuhe tragen. Der S. findet biertrinkende Turnschuhträgerinnen in Tank-Tops sexy, dem O. ist gerade alles egal, und ich überlege zum hundertsten Mal, die halsbrecherisch hohen, wahnsinnig schönen seidenbespannten Schuhe bei Orlando am Hackeschen Markt zu kaufen, in denen ich keine hundert Meter laufen kann.
„Wo soll ich jetzt hin?“, fragt der inzwischen ziemlich genervte Taxifahrer, und der T. weist ihn weiter über die Spree und dann irgendwann rechts. Der O. spricht über die rätselhafte Wiederkehr der Chucks, und ich frage die Herren nach ihrer Meinung zu Schuhen mit Lederbommeln vorne dran. „Alles besser als Turnschuhe!; sagt der T., der gerade sehr müde aussieht, und das Taxi kommt zum Stehen.
„Da seid ihr ja.“, drückt ein sehr dünnes, sehr großes blondes Mädchen den T. und den S., und einen Moment überlege ich, ob es die Frau aus der Bar von vorhin sein könnte.
Aber wahrscheinlich sehen die alle so aus.
So ist es wohl. Auf der Suche nach der perfekten Party.
Ich glaube, ohne Handy war das alles viel entspannter. Man verabredet sich auf einer Party und geht dann da auch hin, ohne vorher noch vier weitere Meinungen mobil eingeholt zu haben und auf halbem Wege umzudrehen.
Moderne Zeiten.
REPLY:
Ja, wahrscheinlich. Mit der technischen Möglichkeit, nicht nur irgendeine, sondern die beste Party der Nacht herauszufinden und aufsuchen zu können, ist natürlich die Versuchung groß, das dann auch zu praktizieren. Aber was soll´s – ohne Handy hätte man wahrscheinlich schon unendlich viele Nächte auf irgendwelchen Mistparties verbracht, und weil man nicht gewusst hätte, wo gerade die Party der Nacht steigt, einfach nach Hause gefahren. Der Berliner Party-Contest (Wer kennt die coolsten Parties in den abseitigsten Locations) verstärkt das Ganze natürlich noch.
REPLY:
Erinnert mich an meine Schulzeit, wo wir uns Freitags regelmaessig auf einem Parkplatz getroffen haben um zu entscheiden wo es hingehen soll – grosser Fehler. Weil am Ende geht man entweder frustriert direkt vom Parkplatz heim, oder man endet sowieso nur wieder dort wo man schon 100x war.
In Berlin ist mir das noch nicht passiert. 🙂
REPLY:
Parkplatz? Sie sind eher ein bißchen ländlicher aufgewachsen, habe ich recht? Berlin hat natürlich den Vorzug, dass sich die Suche nach der perfekten Party sehr oft lohnt, und man nach einer durch und durch gelungenen Nacht bei strahlendem Sonnenschein nach Hause kommt.