Die A. leidet. „Wirklich, Modeste,“, tönt es aus dem Hörer, „ich kann ihm absolut nichts vorwerfen, aber ich kann ihn einfach nicht mehr sehen.“ „Oha.“, sage ich, und klicke ein paarmal den „Refresh“-Button, während die A. sich über ihren Gefährten und Ernährer beschwert. „Er ist ein Engel, wirklich, aber hast du dich schon einmal mit einem Mann so gelangweilt, dass du angefangen hast, zu gähnen, wenn du ihn nur siehst?“, fragt die A., und ich denke ein bißchen wehmütig an den J., mit ich mich keine Minute der gemeinsamen sieben Jahre gelangweilt habe, völlig egal, ob gerade rote Luftballons oder schwarze Gewitterwolken den gemeinsamen Luftraum durchquerten. „Dann trenn´ dich doch endlich.“, liegt es mir auf der Zunge, aber eingedenk der Tatsache, dass man diesen Ratschlag seiner Umgebung unter keinen Umständen erteilen sollte, halte ich den Mund, und höre mir A.´s Lamento geschlagene zwanzig Minuten weiter an.
„Weißt du,“, sagt die A., und knistert mit irgendeiner Substanz, die vermutlich bis gerade eben irgendeiner Süßigkeit als Verpackung diente, „im Grunde brauche ich mindestens zwei Männer.“ „Ganz schlechte Idee.“, entfährt es meinem Munde, und ich weise warnend hin auf die schlechten Erfahrungen hin, die die A. doch erst vor kurzer Zeit mit diesem Modell gemacht hatte. „Ach, der.“, antwortet die A. mit deutlich wegwerfender Geste, kaut ein bißchen auf der soeben ausgepackten Süßigkeit herum, und entwirft statt dessen die Vision einer absolut wasserdichten Planung des neu anzuschaffenden Zweitbegleiters: Sie werde sich ein Hobby anschaffen. Einen Tanzkurs vielleicht. Oder Zeichenstunden.
„Und da jemanden kennenlernen?“, frage ich ein wenig ratlos, der die A. als eine Person bekannt ist, die kaum vor die Tür zu gehen braucht, um von fremden Herren mit Telephonnummern beworfen zu werden. „Ach was!“, zischt die A.: Sie werde da natürlich überhaupt nicht hingehen. „Ach so?“, frage ich, und höre die A. einen ausgefeilten Plan von wöchentlicher Freizeit entwerfen, die sie für einen Abend die Woche von allen Erklärungen freistellen werde, und Raum schaffen werde für alle goldenen Freiheiten außerhalb des eigenen Haushaltes ohne eine einzige lästige Nachfrage.
„Und schon einen geeigneten Kandidaten?“, frage ich die A., und hege ebenso wenig Zweifel an der baldigen Umsetzung des Plans wie am Scheitern der Vision eines komplikationslosen Zweitmannes. – „Noch nicht!“, schmettert die A. fröhlich durch den Hörer. Die Aquise sei indes für Samstag nacht geplant. „Langer Abend, ausgehen, schöne Männer – Modeste, hast du da schon was vor?“
„Ja.“, sage ich, und höre die A. am anderen Ende der Leitung ausgelassen lachen. „Modeste, Spielverderberin.“, sagt die A., und: „Ich rufe dich Sonntag an.“
Fortsetzung folgt.
köstlich…bin auf die fortsetzung gespannt.
Von zwei nach drei ist ja so ne Art Quantensprung und also viel Erfolg der Frau A. Vielleicht einfach mal mit dem Langweiler ueber Langeweile sprechen? Solche Stimmungsgeheihmnisse zu hegen zeugt doch eher von einer merkwuerdigen Lebensabschnittsgemeinschaft?
Schreckliche Vision: Mut hat gefehlt und man/frau ist mit Langweiler/in verblieben, weil Sicherheiten und alles endet in Gemuetsselbstmord zw. 35-50. Lieber tot.
Lieber tot sagt sich so leicht, vor die reale Alternative gestellt sieht es dann schon anders
aus.
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Die es ohne Zweifel geben wird. Angesichts der A. kommen mir immer wieder ernsthafte Zweifel am Wert moralischer Prinzipien – summa summarum geht es der A. in ihrer ganzen Skrupellosigkeit prächtig, die denkt nicht einmal darüber nach, was sie anrichten könnte, und fährt damit richtig gut.
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Vielleicht geht´s nicht anders, vielleicht sind langjährige Beziehungen nach einigen jahren zwangsläufig langweilig, weil eben schon so viel gesagt, und der Verbleib des anderen relativ sicher ist. Vielleicht kann man den berühmten Sessel am Kamin und die Achterbahn einfach nicht zusammen haben, und muss sich entscheiden, wenn man eine andere Strategie verfolgt als die A.
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Man muss halt wissen, was man vom Leben will, und sich, weiß man es nicht, Rückzugsmöglichkeiten sichern.
Überlegen Sie sich noch einmal, ob Sie wirklich etwas vorhaben, Frau Modeste. Habe oft ähnliche Geschichten gehört, bei welchen die nichts ahnende Begleitung interessante Bekanntschaften machte und die eigentliche Jägerin auf dem Trockenen blieb.
Wann können wir mit einer Forsetzung rechnen? Gleich Sonntag nach dem Anruf? 🙂
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Sobald es wieder etwas zu erzählen gibt, lasse ich es meine verehrte Leserschaft selbstverständlich wissen. Mit der A. zusammen auf Bräutigamschau zu gehen, ist allerdings eine Idee, auf die nur derjenige verfallen kann, der die A. nicht kennt, die als eine wunderhübsche, riesengroße, blondlockige Erscheinung durchs Leben flaniert, was zur Folge hat, dass man als ihre begleitende Freundin in aller Regel auf der Stelle in einem dichten Nebel der Unsichtbarkeit verschwindet.
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Ich hätte jetzt beinahe etwas über Kausalzusammenhänge zwischen Nilpferdtum und der unglaublichen Dichtigkeit des nötigen Nebels geschrieben, vielleicht auch über die Anschaffung für Boden-Luft-Abwehrraketen ob zu hoher Walkürenkonzentration (mit denen, wie man in Bayern sagt, man bei „Eich d´Sei fiadan“ könnte) – aber ich wende mich doch lieber kopfschüttelnd dem Zwetschgendatschi zu.
Blondlöckchen hin oder her, solche Skrupellosigkeit finde ich jenseits der 25 nervtötend und nicht mehr lustig.
So selten ist das nicht
Ich kenne einige Damen im entfernten Bekannschaftskreis , die mehrgleisig vorgehen. Das erfordert große logsitische Fähigkeiten. Da sie sich nie richtig festlegen, wirken sie ziemlich diffus, was aber auf Männer eher reizvoll wirkt, statt abgebrüht oder skrupellos, wie man meinen möchte.
Nur mit einer solchen Dame als weibliche Begleitung auszugehen, hat meiner Erfahrung nach einen völlig vergeudeten Abend zuf Folge. Und sich mit dem Abfall des Lockvogels zu begnügen macht keine Spaß.
Vielleicht ist es bloss, weil ich ein Mann bin und mich mit dem armen Kerl solidarisiere, und es mag auch sein, dass ich mich einfach so reflexhaft für den schwächer Scheinenden einsetze, aber ich muss Frau Brittbee heftig beipflichten. Dieses Ausnützen (wozu, natürlich, auch ein sich-Ausnützenlassen des anderen gehört) ist ausgesprochen unsympathisch. Ist es nun allein meinem hart bekämpften, aber doch in mir verbliebenen, kindlichen Glauben an die Gerechtigkeit der Welt anzulasten, dass ich nicht ganz sicher sein kann, ob die Frau A. ihr ganzes Leben lang die Früchte ihrer Skrupellosigkeit wird geniessen können? Oder könnte es sein, dass sie dadurch ganz einfach trotz allen oberflächlichen Erfolgen sehr alleine bleibt, summa summarum?
Ich kann gut verstehen, Frau Modeste, wenn Sie da nicht mit ihr ausgehen mögen; zu den Nebelwolken allerdings möchte ich bemerken, dass nicht alle Männer bei „wunderhübschen, riesengroßen, blondlockigen Erscheinungen“ schwach werden. Schon gut, ich weiss. Sie werden’s alle, aber auch nicht länger als für jene zehn Schrecksekunden, in denen ihnen das Blut aus dem Gehirn fällt. Danach gibt es einige, die das Spiel durchschauen oder die, abgesehen vom flüchtigen Blick, wie er auch manchmal ein Modefoto sehnsüchtig streift, wirklich nicht weiter interessiert sind an einem solchen Ausbund schönster Langeweile.
> Angesichts der A. kommen mir immer wieder ernsthafte Zweifel am Wert moralischer Prinzipien – summa summarum geht es der A. in ihrer ganzen Skrupellosigkeit prächtig,
Ach Frau Modeste, irgendwann wird die A. es einmal überziehen- beim letzten Mal war es ja beinahe so weit. Irgendwann wird sie jenseits der 40 feststellen, daß ihr nichts geblieben ist. Irgendwann wird sie sich fragen, wo auf ihrem Weg sie sich vom ausgehaltenen raffinierten Biest zur bezahlten (Edel-)“Professionellen“ gewandelt hat.
> … dass man als ihre begleitende Freundin in aller Regel auf der Stelle in einem dichten Nebel der Unsichtbarkeit verschwindet …
Das kommt auf die Männer an (und damit die Location in der Sie auf Jagt gehen). Es gibt genug Männer, die es bei riesengroße, blondlockige Erscheinung erst gar nicht versuchen, da sie sich keine Chancen ausrechnen. Aber darf ich raten? Solche Männer finden Sie langweilig.
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Ja, Frau Croco, solche Abende sind tatsächlich keine Freude, ich bin schließlich nicht die Mutter Teresa des Liebeslebens, immerhin minimiert sich das Mitleid mit den Herren auf ein Mindestmaß, wenn man gewahr wird, dass bei diesem Handel offenbar beide Seiten genau das bekommen, was ihnen am meisten am Herzen liegt – die Herren suchen nach einer schönstmöglichen Dame und schenken dem Rest der Weiblichkeit auf dieser Suche keinerlei Beachtung, die Dame sucht einen großzügigen Herrn, und mit dem Pferdefuß müssen beide Seiten dann eben leben.
Dass, Frau Spreepiratin, ein solches Verhalten natürlich nur in Grenzen unterhaltsam ist, versteht sich wohl von selbst. Ich bin allerdings immer wieder überrascht, wie gut die A. (und ihre Schwestern im Geiste) damit durchkommen.
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Sehr alleine bleibt mancher auch einfach so.
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Einen Mann, Herr Gibsmir, der die Freundin einer schönen Dame nur deswegen anspricht, weil er sich bei ihr größere Chancen ausrechnet als bei ihrer Freundin, und nicht wegen tatsächlich bestehenden primären Interesses, kann mir gestohlen bleiben.
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Sie verstehen nichts von Männern.
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Ich weiß.
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Sicher, sicher. Die Frage ist ja nur, wie viel einem die Aufhebung des Alleinseins wert ist, und was man davon erwartet.
Oder meinten Sie mit „einfach so“ vielleicht das Schicksal?
Schenken sie ihr…
…doch bitte eine große Portion meines Mitleids.
Die arme A. ist in meinen Augen ziemlich A.rm dran…und bedauernswert – um ihrer
inneren Leere und Langweiligkeit im Leben.
Damaris
PS: übrigens faszinierend, wie sehr ich mich in ihrer Optik getäuscht hatte. irgendwie sah ich sie ein wenig wie Bridget Jones – und bin jetzt vollkommen überrascht. Auch Herr Bandini ist so ganz anders – aber interessant.
Liebe Grüße