Wie sich das wohl anfühlt, überlege ich am Rande der Bar, und nippe an einer Flasche Bionade. Wie das wohl ist, so schön zu sein, dass einem die Männer auf der Straße nachschauen, und ab und zu einer gegen einen Laternenmast läuft, weil er die Augen nicht von einem wenden kann, weil man so schön ist, so schön wie die Mädchen in Märchen, mit goldenen Haaren bis zum Hintern und schlank und lang wie Giraffen, eine Giacometti-Gazelle, grazil und zerbrechlich wie eine Meissner Porzellanballerina, so zerbrechlich, dass jeder sofort weiß, dass man unmöglich selber Türen aufmachen oder Tüten schleppen kann.
Großartig muss das sein, denke ich mir, so schön zu sein, dass sich jeder geschmeichelt fühlt, wenn man ihn anlächeln würde, und einem alle möglichen tollen Eigenschaften andichten würde, weil er sich ja nicht eingestehen würde, dass er nur deswegen so begeistert wäre, weil man so schön ist, so zart, so elfenhaft, dass Männer Angst hätten, man könnte zerbrechen, wenn man zu fest angefasst wird. Für humorvoll würde man gehalten, wenn man nur ab und zu lacht. „Die M. ist so humorvoll!“, würden fremde Männer mich rühmen, obwohl ich stundenlang kaum den Mund aufgemacht hätte, und nur ab und zu ein wenig ein freundliches, ein wenig abwesendes Lächeln aufgesetzt hätte, wenn sie einen Witz gemacht haben. – Andere Frauen, die bemängeln würden, dass die wenigen Sätze, die ich geäußert hätte, jedenfalls nicht als besonders amüsant gelten würden, hätte eine weniger hübsche Frau sie geäußert, würden als stutenbissig, wie man so sagt, oder als zickig gebrandmarkt. „Die X. kann’s halt nicht haben, wenn eine andere Frau besser ausschaut als sie.“, würden sie die anderen tadeln, ich müsste gar nichts dazu sagen, und würde nur freundlich lächeln. „Die X ist doch eine Nette.“, würde ich sagen, und sofort als wahnsinnig großzügig und sehr, sehr herzlich gelten, als Freundlichkeit in Person, und dann würde ich die langen Wimpern senken, und mich freuen, es der X. einmal so richtig gezeigt zu haben. Die blöde Kuh.
Vielleicht hätte ich aber tatsächlich nichts gegen die X., wozu auch, denn in meiner Gegenwart würde die X. ja ohnehin nicht einmal bemerkt, und wenn ich auftauche, schaut keiner mehr die X. an, sondern nur noch mich, und alles, was ein Mann in meiner Nähe sagt, würde er nur zu mir sagen, alle anderen Frauen wären unsichtbar, und jeder würde darauf warten, dass ich lächele, und dann hocherhobenen Hauptes durch den Tag schreiten. Würde ich sogar vielleicht einmal laut lachen, mich im Scherz für einen Augenblick bei ihm anlehnen und mir irgendetwas von ihm erklären lassen, was er kann, und ich nicht zu können bräuchte – wie großartig wäre das! Stundenlang würde er strahlen wie ein geborstener Atomreaktor, und wenn er schon eine Freundin hätte, würde er sie auf der Stelle sitzenlassen, wenn ich ihn haben wollen würde, und sich einreden, ich sei etwas ganz Besonderes.
Wunderbar wäre das. Andauernd würde das Telephon klingeln, hochintelligente Männer würden sich darum reißen, mich zum Essen auszuführen, und mir nur die teuersten und besten Restaurants zumuten, und sich freuen, wenn es mir schmeckt. Gedichte würden mir Leute schreiben, mich verherrlichen und von mir träumen. Meine Wege wären leicht und mit seidenen Teppichen ausgelegt, wie etwas Wunderbares und Kostbares würde ich geliebt, und wen ich verlasse, der würde ein Leben lang mit allen künftigen Freundinnen über mich sprechen wie Platon persönlich über das untergegangene Atlantis oder der Papst über den lieben Gott.
Aber Frau Modeste! Neben Ihnen wird doch jede leidlich – oder sogar reichlich – intelligente Schönheit sofort zum Bleached Blonde Bimbo degradiert und versackt mit jedem Augenklimpern 10 Zentimeter tiefer in der Chaiselongue! Und ich denke, Sie wissen das.
Kennen Sie die Frau Kalliope in Matt Ruffs Fool in the Hill?
Phantastische Realität
Werte Modeste!
Sie schreiben im Konjunktiv, jedoch habe ich Sie im Verdacht über ausreichend Erfahrung als Bewunderte und Hinterher-Gelächelte zu haben, und dass Sie sich nur im virtuellen Netz mit dem Mantel der angeblich spröden Realität umhüllen. Sie flunkern. Jede Wette.
Aber sollte Ihr Text, was ich durchaus nicht annehme, als Versuch des im angelsächsischen als „Fishing for compliments“ Bezeichnetem gedacht sein, dann sende ich mein chapeau.
A modest proposal…
„It is a melancholy object to those who walk through this great town
or travel in the country, when they see the streets, the roads, and cabin doors
crowded with blondes of female sex…….
I have been assured, that a blond female is a most delicious, nourishing, and wholesome food, whether stewed, roasted, baked, or boiled …”
Enjoy your meal…!
..und nur die abgebrühtesten Zyniker, solche denen sogar nachts die Sonne aus dem Arsche strahlt, würden sich an mich heranmachen, weil den anderen erscheine ich unerreichbar.. göttinnengleich..
P.S.: Verzeihen Sie diesen humorlosen Ausflug in die Realität.
Ach. Ich phantasiere und beneide mit Ihnen Ach!
hm…
Doof nur, dass Du dann beim Essen nie den Mund aufmachen darfst, nie eine andere Meinung haben darfst, vor allem nicht besser Bescheid wissen darfst, besser keine anderen Ideologie verfolgen solltest. Eigenes Hirn, mangelnde Bereitschaft des anderen Ansichten und Meinung genüge zu leisten, kann die M in der semiöffentlichen Meinung ganz schnell auf den Level der X ‚absenken‘ – und dann heißt es, die müsste mal wieder ordentlich rangegenommen werden.
Ach nee, ich beneide die M eigentlich nicht. Sie muß Ansprüchen genügen, denen zu genügen, einem halbwegs intelligenten Menschen auf Dauer nur verschwendete Energie bedeuten kann. Ich gehe dann mal mit der X ’nen Kaffeetrinken und wir unterhalten uns über den Knackarsch des Herrn C. aus dem 3. Stock …
wobei der haken bei der sache jener ist,
dass diese art frauen kaum auf die wirklich interessanten und toughen männer anziehend wirkt, weil genau diese männer sich nämlich mit genau solchen frauen auf dauer zu tode langweilen. klar würde man sich zunächst als frau geschmeichelt von der aufmerksamkeit der männerwelt fühlen, aber immer nur als nicht sonderlich intelligentes anhängsel durchs leben zu spazieren, scheint mir persönlich keine sehr reizvolle perspektive zu sein. echte männer im besten sinne des wortes bevorzugen frauen mit ecken und kanten und haben auch keine angst vor intelligenz und widerspruchsgeist, meine ich.
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Einspruch, zumindest
Mit Verlaub, das klingt mir dann doch zu sehr nach Wunschdenken. Wobei dann schon wieder spannend ist, wie sich denn die wirklich interessanten und toughen Männer beschreiben lassen! Bitte um Ihre Ausführungen!
Es lebe die Pauschalierung. Rein subjektiv gebe ich Ihnen Recht, vor allem mit der Intelligenz. Um aber gleich wieder ein Klischee auszureizen: die Person der Begehrlichkeit darf ruhig optisch ansprechend, um ein für dieses Forum angemessenes Adjektiv zu verwenden, sein. Soviel Mann ist man ja dann doch …
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interessant und tough =
mit einem großen horizont versehen, humorvoll, vielseitig interessiert, das leben genießen könnend und doch mit beiden beinen im leben stehend und mit genug lebenserfahrung versehen, um nicht mehr auf schöne kulissen hereinzufallen, hinter denen sich luftleerer raum befindet. wobei einzuschränken ist, dass sich dieses profil erst mit zunehmender lebenserfahrung herausbildet, weshalb männer unter 35 jahren (grob geschätzt) nur sehr selten in diese kategorie fallen (um in die tiefe des lebens gehen zu können, bedarf es wahrscheinlich des bewusstseins, dass das leben nicht unendlich währt).
dass eine frau gerne optisch ansprechend sein darf, steht außer frage, jedoch finden sehr viele männer abseits bestimmter klischeevorgaben, die für frauen eine größere rolle zu spielen scheinen als für die meisten männer, eine frau dann interessant, wenn sie selbstbewusst ihre äußerlichen vorzüge hervorhebt, gepflegt ist und eine positive ausstrahlung besitzt.
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Danke
Gefällt mir, Ihre Definition. Darauf können wir uns einigen!
Mit bestem Dank,
Ach nein, Herr Booldog, Intelligenz hat sich in den letzten Jahrzehnten nur in wenigen rühmlichen Ausnahmen als der Königsweg in die Herzen der Männer erwiesen. Mit Intelligenz bringt man es meistens zu einer wirklich gerngesehenen Freundin, aber sonst schaut es eher mau aus.
Mau sieht es, Frau Kaltmamsell, auch mit meiner Kenntnis dieses Buches aus. Ist es gut? Besser sicher jedenfalls als mit Ihrer Vermutung, Herr Mabel, dies sei ein Versuch des Fishing-for-compliments. Ich finde die Welt diesbezüglich wirklich sehr ungerecht und beneide die schönen Damen mit so ziemlich jeder Faser meiner Existenz. Im Übrige, Herr Wallhallada, werde auch ich natürlich lieber geküsst als gebraten, allerdings halten sich die Interessenten für die eine wie die andere Alternative in sehr überschaubaren Grenzen. Und was nützt mir das noch so amüsante Gerede über die hübsche Rückfront von Herrn C., Frau Creezy, wenn der wiederum nur von anderen Leuten träumt? – Im Übrigen, Frau Walküre, meiner Erfahrung nach selbst dann, wenn der betreffende Mann selber interessant und intelligent ist. Dann wird die betreffende Dame, so sie denn nicht wahnsinnig dumm ist, eben sich eben kurzerhand für klug erklärt, wozu es bekanntlich reicht, recht ruhig und bildschön zu sein. Dann muss man gar nicht mehr viel sprechen. Insofern hat Herr Mabel , fürchte ich recht: das ist Wunschdenken. Wäre es anders, so würde nicht jeder Mann, der von einer „Traumfrau“ erzählt bekommt, sofort an eine Schönheit denken, sondern an eine intelligente, interessante, charmante Person. Tut aber keiner.
Für begehrenswert und göttlich würde ich, Nachtbriefkasten, auch gern einmal gehalten, mich hält man in aller Regel aber eher für einen wirklich feinen Kerl, in den man sich notgedrungen verliebt, wenn man gezwungen ist, die schönen Damen als unerreichbaren Traum endgültig zu begraben (den Traum, nicht die Damen).
Frau Aqua dagegen versteht mich.
Nun, hoffentlich die X. nicht vor lauter Grazie beim Lachen. Wenn ich’s mir aber wünschen dürfte wollt ich ohnehin kein anderer Mensch sein, sondern „ein Eisbär im kalten Polar. Dann müsste ich nicht mehr schrein, alles wär so klar.“
Ich hoffe indessen, dass bis Mitte Nov. noch so eine Lesung anfällt, wo ich mir ‚Klein-Bloggersdorf‘ mal anschauen kann?
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Neulich …
sprach ein guter Freund ganz unter der Hand zu mir:
Also, meinem Schönheitsideal entspricht die meine ja vielleicht nicht. Aber sie ist ein richtiges Goldstück, und eine bessere hätte ich nie finden können. Ich würde sie jederzeit wieder nehmen – und ich glaube, sie mich auch.
Die beiden haben nicht geträumt, sondern sind geblieben, was sie sind.
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Butter bei die Fische …oder auch den Hummer
Nach all dem abstrakten Diskurs meiner werten Vorredner erlaube ich mir, verehrte Modeste, Ihnen doch endlich einmal ein wenig konkreter zumindest eine Einladung in eines der den „goettlichen“ so schwerelos erreichbaren edlen Restaurants zu versprechen, sollte es Sie dereinst einmal nach London treiben – leider verschlaegt es mich dieser Tage nur noch selten auf Deutschen Boden. Ob ich dann nun den fein gemeisselten Anspruechen von Frau Walkuere et al. entsprechen koennte, kann ich nur bezweifeln, aber die Beurteilung oblaege dann ja Ihnen… dE
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Das fände ich an Stelle der Frau enttäuschend. Ich mag kein Kompromiss mit der Wirklichkeit sein, sondern Wirklichkeit und Traum in einem. Und als „Goldstück“ bezeichnet zu werden – auf keinen Fall. Da schwingt so etwas Abschätzig- joviales mit. So ein Bratkartoffelglück ist mir nichts.
Aber jedem das Seine.
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Oh, derzeit ist nichts geplant, weil sowohl Frau Wortschnittchen als auch ich vor lauter Arbeit kaum mehr zum Atmen kommen. Vielleicht etwas später im Jahr. Man hört ja nicht auf, zu hoffen.
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Sollte es mich demnächst einmal nach London wehen…
REPLY:
Etwas später im Jahr geistert der Herr vermutlich schon wieder in der anderen Hemisphäre.
Vielleicht sollten Sie einfach ein Blogger-Besäufnis irgendwo ausrufen, Herr Gheist. Oder sich bei irgendjemanden zum Pfifferlinge futtern einladen. Oder selbst Bloggerinnen zur Tortenschlacht einladen.
Ach, so toll ist das gar nicht, wenn einen alle toll finden. Glauben Sie mir, das verliert schnell an Reiz;)
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Na dann….
Glücklicherweise nur eine Phantasie. Man möchte fast unken, die hochintelligenten Männer würden die hohe Intelligenz hinter der verwundervollen weiblichen Fassade völlig vergessen. Wie ein Geschenk, bei dem die Verpackung schöner scheint als der Inhalt. Und das wäre irgendwie traurig.