10.15 Uhr. Pilates
Ich glaube nicht an innere Werte, aber an innenliegende Muskulatur. Zumindest bei anderen. Weil aber auch ich dieses Jahr – endlich, nur einmal, nur einen Sommer – einen Bikini tragen will, stehe ich um 9.00 Uhr auf, dusche, packe meine frisch erworbenen Sportsachen in eine große Tasche und fahre los. Um 10.15 geht es los.
Außer mir ist noch ein weiterer Kursteilnehmer erschienen, der Pilates wohl schon etwas länger macht. Er schnauft furchterregend. Muss man das so machen, frage ich mich? Mache ich etwas falsch? Indes korrigiert der Trainer die ganze Zeit meine Körperhaltung, schiebt Knie, Arme, Schultern und Hüften hin und her, weil ich nicht so schnell nachkomme mit den Anweisungen, aber zu meiner Atmung sagt er nichts.
Der Anstrengungsgrad ist etwas enttäuschend. Ich hatte mir ein wenig mehr Fettverbrennung vorgestellt, aber komme nicht ein einziges Mal außer Atem. Da muss wohl doch gelaufen werden oder Rad gefahren, denke ich mir, und ziehe ein weiteres Mal die Knie nach oben, die Schultern nach unten, die Hände nach vorn, und dann ist es vorbei. Nächsten Samstag wieder.
11.30 Uhr. Kollwitzmarkt
„Zwei Pfund Spargel und zwei Pfund von den Frühkartoffeln bitte!“ brülle ich an einem Kleinkind vorbei über einen Brokkoliberg. 10 Euro soll das Ganze kosten. Tomaten habe ich noch, Hüftsteaks werden gekauft, Maishähnchen, Salat, Gurken, ein Großeinkauf bei Butter Lindner und dann nach Hause. Nichts wie weg hier. Zunehmend füllt sich der Markt, wenn das überhaupt noch möglich sein sollte, mit schlendernden Menschen, die umhergehen, winzige Mengen kaltgepresster Öle erwerben, sich nicht entscheiden können zwischen dem Pata Negra und dem Serrano-Schinken, und ihre Kinder fest an der Hand durch das Gedränge bugsieren.
Neben mir in der Butter-Lindner-Schlange diskutieren zwei Frauen, ob S*x mit dem Prozessvertreter einer Partei ein Befangenheitsgrund für eine Richterin sei. Ein großer, hübscher Vierzigjähriger zwinkert mir zu, und ich überlege, ob ich den Mann von irgendwoher kenne. Ich erkenne Anzugträger in Jeans oft nicht wieder. Verlegen lächele ich zurück.
Bei Lautz angekommen starre ich ganz fest auf die andere Seite. Ich kann unmöglich Kuchen essen, denn dann werde ich demnächst platzen, präge ich mir ein. Auch den Lakritzverkäufer lasse ich links liegen, kette schnell mein Fahrrad los und fahre weiter. Drei Flaschen Wein lasse ich mir einpacken, zwei habe ich noch, Bier kommt. Das müsste reichen.
„Da bist du ja.“, sagt der J. und trägt fröhlich und frisch geduscht den träge blinzelnden Kater durch die Wohnung.
19.00 Uhr: Spargel
Mit dem Sparschäler in der Hand auf dem Sofa. Spargel schälen, ein bißchen plaudern. Sich fragen, ob man eigentlich fünf oder zehn Leute zum Wein eingeladen hat, und sich dann sagen, das sei doch auch egal. Es werde schon reichen.
Dem J. gegenüber sitzen, Spargel essen, sich über die schlechten Hüftsteaks ärgern, die irgendwie zäh sind, ganz und gar unzerkaubar, und am Ende noch zwei, drei Kartoffeln aus dem Topf essen, mit Hollandaise und grobem Salz dazu.
1.42 Uhr: Zu Bett
Gäste zum Digestif. Einfach im Sessel sitzen, erst Bionade, dann Sekt und schließlich Rotwein trinken, ab und zu etwas sagen, und sich wohl fühlen, weil man umgeben ist von angenehmen Menschen. Am Ende mit dem J. im Wohmzimmer, ihn fragen, ob man noch irgendwohin will, ausgehen, tanzen vielleicht, wie ursprünglich erwogen, und als er abwinkt, zu Bett gehen, weil es allein keine Freude macht, nun ein Taxi zu rufen, vor Türen zu stehen, den Anschluss zu finden an eine fremde Stimmung, ein anderes Tempo, und stattdessen im Bett liegen, den Rechner auf den Knien, und mit den Katzen zu sprechen, als verstünden sie, worum es geht.
Habe nach der Lektüre des Vorstehenden zwei Sekunden lang glatt geglaubt, der Kater wäre der frisch geduschte (und nicht der J.). Wäre auch so kurios nicht, in meinem Elternhause wurden Hund, Katze und Papagei regelmäßig eingeseift und/oder abgebraust (meistens durchaus zu deren eigenem Vergnügen)…
Die Pilates-Übungen bringen einen nicht unbedingt außer Atem – aber durchaus zum Quietschen. Einige von denen sind schlichtweg gemein, vor allem, wenn man sie auch noch lange halten muss.
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Meine beiden Katzen wären da gar nicht begeistert. Unser ehemaliger Hund allerdings – der hätte sich gefreut,
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Ich bin gespannt auf die Effekte. Falls es Effekte gibt.
Hier
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habe ich keinerlei besserwisserische Sporttipps hinterlassen. Darauf bin ich ziemlich stolz.
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Immerhin habe ich heute morgen einen höllischen Ganzkörpermuskelkater, der mir (beruhigenderweise) signalisiert, dass ich tatsächlich etwas getan habe.
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Ach, ich freue mich doch immer, wenn jemand Erfahrungen beizutragen hat. Ich warte ja nur darauf, dass hier irgendwer anmerkt, er habe mit Pilates gute Erfahrungen gemacht und sei durch derlei Aktivitäten dünner, straffer und sportlicher geworden.