Wenn Sie der Taxifahrer sind, der heute gegen sieben eine Frau in Jeans mit geschlagenen sechs Einkaufstüten und erheblichen Problemen, diese in Ihrem Wagen zu verstauen, nach Hause gefahren hat, dann haben Sie von mir einen komplett falschen Eindruck. Gut, die violette Kette musste ich nicht kaufen, aber sie sah halt fabelhaft aus, und ich habe sie auch vorhin schon getragen. Die größte Tüte war nicht mal meine, die gehörte nämlich dem J., der noch zu Saturn musste wegen CD-Rohlingen, und seinen neuen hellgrauen Anzug nicht mitnehmen wollte. In der schwarzen No-Name-Tüte war ein weißer Plastikpudel, aber meine Freundin C. hatte halt Geburtstag letzte Woche, und nur mit dem wirklich hübschen, aber komplett und sagenhaft überflüssigen Geschenk aus dem Lafayette wollte ich morgen abend nicht bei der C. vor der Tür stehen.
Die sieben Zentimeter hohen Kroko-Schuhe musste ich einfach mitnehmen, weil sie fabelhaft aussehen und nicht einmal drücken. Das fliederfarbene Kleid ziehe ich bestimmt den ganzen Sommer an, das ist so wahnsinnig bequem und sieht dazu noch gut aus. Den engen, grau-schwarz paspelierten Rock habe ich erworben, weil ich praktisch nichts mehr im Schrank habe, das zum einen zu mir, und zum anderen zu meinem Job passt. Die beiden Oberteile habe ich zur Kasse geschleppt, weil ich ja nicht nur mit Rock und BH ins Büro kann, und etwas anderes besitze ich gerade nicht, das zum Rock passt. Den hellen Rock habe ich gekauft, weil er da war.
Flache Schuhe brauche ich viel mehr, als ich habe. Na schön, ich trage sie selten, aber was würden Sie machen, wenn Sie 1,68 groß (oder klein) wären, und alle Welt auf Sie herab schauen könnte, als wären Sie ungefähr so hochgewachsen wie ein Dackel? Überall kann man halt trotzdem nicht hochhackig hin, und dann ist man froh, wenn man die Schuhe besitzt, die ich jetzt auch noch habe.
Mit übermäßiger Sorge um sein Äußeres hat das rein gar nichts zu tun. Vielmehr spricht hier nur die angemessene Rücksichtnahme auf das ästhetische Empfinden anderer Leute, und ich hab es doch heute morgen schon nicht zum Sport geschafft, und heute abend mit M., M. und dem J. ziemlich viel Sekt getrunken und den ganzen Abend geraucht.
Aber das verstehen Sie nicht, mit Ihrem Vollbart, Ihrem Kopfschütteln und Ihrem halblauten, aber verachtungsvollen „Frauen“, als Sie anfuhren, heute abend in Mitte.
liebe frau modeste, auch ich bin 1,68 m groß (deutscher durchschnitt übrigens), habe körbchengröße b und dazu – für die proportionen unvorteilhaft – die schultern einer russischen schwimmolympiasiegerin.
trotzdem bin ich der meinung, ich bin auf augenhöhe oder größer als viele meiner mitmenschinnen. darüber hinaus beschwöre ich die zwei boobies, bitte nicht noch größer zu werden…
es ist alles eine frage der wahrnehmung. wollen sie wirklich aussehen wie barb wire?
Wenn der Taxifahrer diese Geschichte schon vorher gekannt hätte, hätte er vielleicht sogar „typisch Frauen“ gemurmelt:)))
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Ungefähr so hat er es wohl auch gemeint.
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Nein, aber die Gefahr besteht gegenwärtig auch eher so gar nicht.
„Den hellen Rock habe ich gekauft, weil er da war.“
Es grüßt die Tante Jolesch … 🙂
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Manchmal ist schiere Existenz halt Grund genug.