Wie eine grüne, harte Frucht hängt der Juni unreif in den Bäumen, und statt im Liegestuhl, statt am Strand der Spree oder auf einer Terrasse hoch über Berlin sitze ich im Keller des Mao Thai und esse gebratenes Huhn. Weil es kalt ist, weil ich mich heute geärgert habe und weil ich morgen mit dem J. dessen Eltern in einem einschläfernd langweiligen Kaff in der norddeutschen Tiefebene besuchen muss, motze ich ein bißchen vor mich hin. Schweigend hört der J. mir zu und kaut an einer Ente.
Ich leide derweil an dummen Mitmenschen. An dem Sommer, der im April viel versprach, ohne es im Juni einzulösen. An der unschlagbaren Eintönigkeit meines Lebens, in dem überhaupt nie etwas Amüsantes passiert. An den Eltern des J., die vermutlich seit Tagen Speisen schwer wie halbe Schweine und doppelt so fett vorbereiten für den morgigen Tag. An meinem Neid auf das Essen des J., das viel besser aussieht als meins, das ich gewählt habe, weil es mir irgendwie leichter erschien als eine fettige Ente, und generell an der Welt, am Prenzlauer Berg, an mir selbst nicht zuletzt, und außerdem müsste ich morgen einkaufen und komme nicht dazu. Zum Friseur müsste ich auch.
Aus Rücksichtnahme auf Dritte unterbreche ich meine miese Laune für eine Stunde zu Besuch beim R. und der I. Schließlich können die beiden nichts dafür, dass die Welt gerade nicht nett ist zu mir. Auch der J. hat bei Licht besehen vielleicht nur soviel Verantwortung für die Malaise, wie man Leuten für den Umstand eben zuweisen kann, dass sie Eltern haben, und diese Eltern besucht werden wollen. Nur mit mir, mit mir grolle ich noch ein bißchen und strecke mir im Badezimmer die Zunge weit heraus, rolle mit den Augen und schneide Fratzen und stelle mir vor, dass auch einmal öffentlich zu tun, wenn mir danach ist, möglicherweise gleich morgen.
Oh ja bitte, eine öffentlich fratzenschneidende Madame Modeste …vielleicht im Rahmen einer Lesung?
…bitte vergessen Sie beim augenrollenden Fratzenschneiden nicht auf den Auslöser einer Kamera zu drücken und das Monsterbildchen hier herein zu stellen. Ich meine zur Aufheiterung eines tristen Tages.
REPLY:
Eine Lesung, das könnte man in der Tat einmal wieder versuchen, wenn auch wohl fratzenlos.
REPLY:
Und dann werde ich verklagt, weil sich irgendwer morgens um acht beim Anschauen vor Schreck an seiner Semmel verschluckt und elend erstickt.