„Aber das muss es doch geben!“, protestiere ich. Ein Hotel am Meer, irgendwo im Süden, weil ich gern am Meer bin (auch wenn ich nicht gern am Strand liege) und keine Lust auf eine Ferienwohnung habe, die ich selber saubermachen müsste. Ich putze sehr, sehr ungern, und würde in der Not eher aufhören zu rauchen als selbst zu putzen.
Das Hotel müsste gut aussehen und gut riechen. Ich denke an helle, beruhigende Farben. Elfenbein etwa, Isabella, ein sehr, sehr dezenter Pistazienton, ab und zu aufgelockert durch einen Tupfer Fraise. Reinweiße Orchideen. Das Hotelpersonal soll sehr effizient und fast lautlos sein, so ein gehauchtes „ja, gern“. In der ganzen Hotelanlage müsste es ruhig sein, fast still. Auf keinen Fall soll Musik laufen. Weder soll in der Bar ein Pianist das Beste von Frank Sinatra spielen, noch soll im Spa so eine fernöstlich inspirierte Meditationsmusik laufen. An Diskotheken oder Animation ist natürlich ohnehin schon vom Ansatz her nicht zu denken. Ich war noch nie in einem Hotel, das derlei angeboten hätte, und werde das auch keinesfalls ändern.
Die anderen Gäste soll man gleichfalls kaum hören. Leise, gedämpfte Gespräche stelle ich mir vor. Wenn es Menschen an den Strand zieht, so sollen sie durch Paravents geschützt voneinander liegen. Es versteht sich von selbst, dass Tangas, Tätowierungen oder ähnliche Entstellungen gar nicht vorkommen. Vielleicht liegen die meisten Gäste, sind sie gerade im Haus, auch auf ihren Balkonen und lesen gute Bücher, über die sie klug und bescheiden abends an der Bar sprechen, wenn man sie fragt. Natürlich gibt es nicht nur (wie hier) eine Kleiderordnung, sondern die Gäste (anders als hier) halten sich auch durchweg daran. Im besten Fall sehen die anderen Gäste auch noch auf eine stille, anmutige Weise passabel aus, aber das muss nicht sein.
Um das Hotel herum sollen schattige Gärten liegen, vielleicht auch ein verschlungener uralter Wald. Unweit soll ein Dorf oder eine kleine Stadt gelegen sein und ganz unabhängig von dem Hotel vor sich hin existieren. Die Ortsansässigen sollten eine fremde Sprache sprechen und nur ganz wenig Englisch mit einem schwer verständlichen, gleichwohl charmanten Akzent. Morgens darf – aber nicht zu früh – weit entfernt eine Glocke läuten, und abends rauscht das Meer unter wärmeren Winden.
Ich glaube, in dem Hotel war ich in jungen Jahren mit meiner Frau. Irgendwo auf der Westseite des Gardasees, also nicht in einem Ort. Gut es war ein See statt dem Meer.
Aber es war schon eine der besten aller Welten.
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Ich meine festzustellen (der geschätzte Gefährte sieht das ähnlich) das die Hotelsitten in den letzten 30 Jahren sehr verwildert sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass in unserer Kindheit Männer in kurzen Hosen und Achselshirts (!) zum Essen gekommen wären. Die verwerfliche Sitte, sich tätowieren zu lassen, ist natürlich auch so eine Sache.
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Ich denke, das stimmt.
Allerdings kann ich mich erinnern, dass ich als Sechzehnjähriger nicht begriffen hatte, was die Bedeutung des dinner dressings bei „The onlooker“ von Somerset Maugham bedeutete.
Heute ist mir das auch klar.
Ich selber würde aber ohne Zwang nie ohne Anzug und Krawatte in ein klassisches Konzert oder in die Oper gehen. Ich bilde mir ein, dass ich dann mehr davon habe – und natürlich ist es auch Erziehung. Und es war eben etwas Besonderes in ein Konzert zu gehen.
Hotels gab es in meiner Jugend keine. Dazu wäre nie das Geld dagewesen. Erst beruflich habe ich den Luxus von 5-Stern-Hotels kennengelernt. Daran kann man sich auch gewöhnen:)
wenn sie es gefunden haben, teilen sie es mir doch möglichst diskret mit!;-)
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Versprochen.