Auch Sie, meine Damen und Herren, bevölkern gern Bars. Sie mögen die dunklen Ledersessel im fluido, wo es zwischen rotem Samt stets entspannt und nie wirklich laut wird. Sie mögen das Reingold mit Klaus und Erika Mann an der Wand, obwohl da ab und zu auffallend unsympathische Menschen sitzen, aber immerhin nicht so merkwürdige Leute wie in der an sich ganz netten Sapphire Bar, bei der man sich immer fragt, ob die gelegentlich auftretenden, sonderbar ungesund aussehenden und irgendwie uneleganten Gäste, die man für Bankangestellte oder Zahnarzthelferinnen hält, sich nicht woanders über tolle Kreuzfahrten mit der Aida oder geleaste Dreier-BMWs unterhalten können. Sie mögen die Bar tausend nicht, weil sie nicht nur die vorlauten Bankangestellten aus der Sapphire Bar, sondern auch ihre noch viel geräuschvolleren Vorgesetzten nicht so schätzen, und sie sitzen im Winter gern vor dem Kamin im June und trinken den dort spottbilligen und sehr guten Champagner.
Immer wieder aber, meine Damen und Herren, wundern Sie sich über die Nüsse. Gelegentlich – und gerade dort, wo es an sich sehr nett ist – erhalten Sie Erdnüsse, die eigentlich zu rein gar nichts passen, was man trinken kann, es sei denn, Sie trinken Bier. Meistens gibt es so eine Nussmischung, in der außer Erdnüssen noch geröstete Maiskörner und gelegentlich Kürbis- oder Sonnenblumenkerne herumliegen. Ab und zu findet sich ein vereinzeltes Reisgebäck. Fast alle dieser Nussmischungen sind überaus hart. Die einzelnen Bestandteile der Mischung krachen förmlich, wenn man darauf beißt, und dass die Nüsse besonders gut schmecken würde, wäre eine Übertreibung, zu der wir alle bekanntlich nicht neigen.
Nun wollen Sie aber zu einem Getränk Nüsse essen. Indes reicht man in den Bars auch auf Anfrage keine hochwertigere Nussmischung, wie es sie etwa im Hotel de Rome in der indes ansonsten etwas unentspannten Bebel Bar gibt. Die Bars halten zwar samt und sondern 15 Sorten Gin, aber nur eine Nussmischung vor.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, diesem Misstand abzuhelfen. Ich will an dieser Stelle gar nicht von Gesetzen reden, denn, nicht wahr, der Bürger will keine übermäßige Regulierung, aber dem hartnäckigen Kundenwunsch wird sich auch die in dieser Beziehung bisweilen etwas hartleibige Berliner Gastronomie beugen. Fragen Sie also künftig stets nach der Nuss-Karte. Bitten Sie um Beschaffung von Rauchmandeln oder Wasabi-Nüssen und verlangen Sie, dass der Nuss-Sommelier kommt und Sie berät. Reißen Sie im schlimmsten Fall Tüten mitgebrachter Pistazien auf. Oder hinterlassen Sie beim Bezahlen außer dem Geld eine schriftliche Petition, auf der Ihre Wünsche freundlich, aber unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Ich bin mir sicher, der Sieg steht nahezu unmittelbar bevor, wenn wir alle wie ein Gast zusammenhalten.
Wäre es nicht eine in ihrer Einfachheit bestechende Alternative, die in der Schale angebotenen Nüsse einfach zu ignorieren?
Mit ein wenig Übung gelingt es sicher, dies ebenso in die eigenen Gewohnheiten zu übernehmen, wie beispielsweise das Nichtbeachten proletarischer Tischsitten. (Just heute war ich gezwungen, ein komplettes Mittagessen lang eine Phalanx bei Nahrungszufuhr, Konversation und Kaubewegungen stets gleichermaßen geöffneter Münder auszuhalten.)
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Dazu bin ich nicht imstande. Ich esse wirklich gern Nüsse, Rauchmandeln oder Wasabierbsen liebe ich, und selbst für banales Reisgebäck habe ich immer noch einiges über.
Was aber die Menschen mit miesen Tischmanieren angeht, so stellt dies ein wirkliches Problem dar. Ich versuche, lässt es sich nicht vermeiden, an den Verworfenen vorbeizusehen oder einfach nie zu antworten, wenn sie fragen, ob man zum Mittagessen schon vergeben sei.
Zumindest da, wo viele Menschen reingreifen, lasse ich lieber die Finger von den Nüssen.
REPLY:
Ja, das kommt noch mal dazu. Aber auch das eigene Schälchen sollte ansprechend gefüllt sein.