Tanja Dückers also. Tanja Dückers liest im .HBC. Ich habe nichts von Tanja Dückers gelesen. Ich habe nur etwas von Tanja Dückers gekauft, aber die ungelesenen Bücher stapeln sich gerade auf der weißen Kommode neben meinem Schmuck, und deswegen weiß ich nicht so richtig, was mich erwartet. Es geht um Westberlin, diese fremde, irgendwie gestrige Welt, einen Tunnel in die Welt meiner Kindheit. Es geht um das Jahr 1982, in dem ich zur Schule gekommen bin.
Ich bin ja ein Kind der Achtziger mit allem, was so landläufig dazugehört. Ich weiß noch, wie die Achtziger riechen, wie sie sich angefühlt haben, dieses handwarme, ewige Jahrzehnt, in dem ich erst ein kleines Kind war, dann ein Schulmädchen, schließlich ein Teenager. Das erste Mal verliebt. Die ersten Niederlagen. Erst ganz gut in der Schule, dann immer schlechter. 1990 war ich die Katastrophe, die sich 1995 schließlich sustantiell unverändert ein unglaubliches Abi abgeholt hat.
Hausers Zimmer spielt im linksliberalen Milieu Westberlins, irgendwo in Charlottenburg. Die Wohnung der Eltern der Ich-Erzählerin kann ich mir vorstellen. So ähnlich haben viele Leute gewohnt, die meine Eltern kannten. Auch das Mächen kann ich mir vorstellen mit seiner Neugierde, der schlecht getarnten Schüchternheit und der Neigung, alles Mögliche zu projizieren, sich ungalubliche Dinge auszudenken, weit jenseits der Grenzen der Realität.
Mit Frau Kitty rede ich ein bißchen über Westberlin, das ich nicht gut kenne wie sie. Sie hat da gewohnt, ich nie. Ich bin nach Berlin gezogen und in den Osten gezogen wie damals jeder. Der Osten fühlte sich damals fremd an, aufregend und voller Abenteuer, die dann niemals stattgefunden haben, aber sie schienen ein Jahrzehnt lang stets nur einen Schritt entfernt zu blühen.
Frau Dückers liest gut, weist die Moderatorin Ursula März resolut zurecht, gegen die ich eine leichte Antipathie fasse, ich weiß nicht wieso. Viellicht ist es nur ihre Art, die Haare zurückzustreichen. Unsympathisch sind mir auch die Kellnerinnen. Schlechter Service wird mir immer lästiger mit den Jahren, als würde die Grundtoleranz, die man der Welt entgegenbringt, nach und nach zusammenschnurren, kleiner und verletzlicher werden, und als wir nach der Lesung bei einem Vietnamesen um die Ecke sitzen, freue ich mich über die schnelle Eilfertigkeit, mit der Sommerrolle und Suppe erscheinen.
Das Buch von Tanja Dückers werde ich wahrscheinlich kaufen, überlege ich mir. Wahrscheinlich lese ich es auch, nehme ich mir vor. Fragt sich nur wann.
ich finde es selbst frappierend, daß ich (1991 vom friedrichshain nach schöneberg gezogen) noch so viel altes westberlin erlebt habe.
Es erstaunt mich kein bißchen, daß Sie Sympathie für Kitty Koma haben. Aber daß Sie beide sich auch kennen, freut mich dann doch.
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Ich war da ja nie, außer als Kind zu Besuch. Ich habe letztes oder vorletztes Jahr einmal eine Exkursion unternommen mit dem freundlichen und gescheiten Herrn Spalanzani durch Charlottenburg, das tatsächlich fremd aussah, irgendwie verzogen und verzerrt. Ich wollte das immer einmal vertiefen, aber dann ist es nie dazu gekommen.
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Mich auch. Mich sehr.
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btw. ich habe das buch am abend der lesung ja gekauft. es ist spitze!