Bis zur Berlinale geht es ja immer noch. Dann aber wird es zäh. Die Kälte. Die schmelzenden, dreckigen Schneehaufen. Die miese Laune der Berliner, Sie wissen schon: Diese Mienen, als hätte die ganze Stadt gerade schlechte Nachrichten erhalten, nichts Schlimmes, nur etwas Verdrießliches, und zu alledem auch noch eine alles durchdringende Feuchtigkeit.
im März wird es endlich wärmer. Hell. Morgens blinzelt man, wenn man aus dem Haus geht. Man kann Sonnenbrille tragen. Im Schrank kramt man ein bißchen hin und her, dann zieht man eine etwas leichtere Jacke hervor und geht so nach draußen. Ist noch etwas kalt so. Geht aber schon. Geht sogar ziemlich gut.
Morgens ist man nicht mehr so müde. Abends liegt man trotzdem länger wach. Als würden bei steigenden Temperaturen alle Vitalfunktionen hochgefahren, auch die eher so emotionale Empfindsamkeit, wird man etwa unruhig. Warum denn, beschwichtigt man sich. Passt doch alles, mehr oder weniger jedenfalls. Nicht weniger auf jeden Fall als vor ein paar Wochen. Langweilig ist es, das schon, aber auch nicht schlimmer als die letzten Monate, die freilich selbst für ein schon ziemlich berechenbares Dasein ganz besonders arm an Überraschungen verlaufen sind. Das ist normal so, schärft man sich ein. Ich werde ja jetzt alt.
Morgens treibt einen die Unrast nun etwas früher ins Bad. Heute geht’s los, denkt man manchmal mit Shampoo im Haar. Wenn man im Büro sitzt, das Diktiergerät in der Hand, fühlt es sich manchmal an, als würde es gleich donnern, und die Welt wäre dann eine andere.
Jedes Jahr im Frühling erwartest du einen nie stattfindenden Aufbruch, beruhigt man sich und schaut über die Dächer der Häuser hinweg in den leeren Himmel über Berlin. Nichts wird passieren, ebenso wie 2010 und 2009. Der Sommer wird kommen und gehen. Ein paar schöne Abende, Nächte, Nachmittage werden drin sein für dich. Nichts wird geschehen, was deine Welt verwandelt, und eines Morgens wird die Luft nach Moder riechen, nach Kühle, nach Winter, nach Ende und dann ist es aus.
Meinen Sie? Aber, ach, dieses Jahr muß was passieren, unbedingt!
und doch ist es genau dieses erwartungsvolle hoffen, welches das fruehlingsgefuehl ausmacht – oder nicht?
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Ja. Ganz bestimmt. Ich kann es schon riechen, wenn ich morgens das Haus verlasse, und in ein paar Wochen ist es da.
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Für mich schon. Was weiß man über andere Leute.
Übermorgen. Wirds warm, es ist Sonnahmt, man kann länger draussen sitzen und den lieben Gott n juten Mann sein lassen. Ja der Sommer wird kommen und gehen. Ich hab in diesem Februar ne Krebsdiagnose bekommen. Ich hab Glück. Nur 30% sterben. Jeder Sommer der für mich noch kommt und geht, ist mein Freund. Ich hab noch 2 große Wünsche. Mal sehen.
Ach was,
so lange es noch die Luft ist, die nach Moder, Kühle oder Winter riecht, ist die Welt doch noch in Ordnung.
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Dann wünsche ich Ihnen die Erfüllung all Ihrer Wünsche und alles Glück, das es gibt.
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So in Ordnung, wie etwas eben sein kann.