Okay, haben Sie gedacht und missbilligend die weißen Sprenkel auf meinem Oberteil betrachtet. Kaum ist das Kind da, wird Madame also nachlässig, denn der evolutionäre Auftrag ist ja sozusagen erfüllt. Ganz sicher wird Madame schon Weihnachten die Achtzig-Kilo-Grenze sprengen und sich spätestens nächstes Jahr so eine formlose North-Face-Jacke kaufen, mit denen die ortsansässigen Muttis signalisieren, dass ihre s*exuell aktiven Zeiten der Vergangenheit angehören, und ihr Aussehen ihnen nun fortan egal ist. Es ist also aus mit Madame, haben Sie meine Telephonnummer schon einmal in Gedanken aus ihrem Handyadressbuch gelöscht. Madame gibt es nicht mehr, denn Mutti hat sie gefressen.
Doch so, dies anzumerken ist mir wichtig, verhält es sich nicht. Die weißen Sprenkel stehen in keinerlei Zusammenhang mit dem jüngst angeschafften Kinde F. Die weißen Sprenkel auf meinem Oberteil resultieren vielmehr aus meinem technischen Unvermögen; diesmal zutage getreten anlässlich eines neuen elektrischen Geräts: Einer neuen, weißen, erstmals elektrischen Zahnbürste. Letzte Woche online erworben, heute erstmals benutzt.
Der Hintergrund der Zahnbürstenanschaffung ist ein ernster: Vor drei Wochen bekomme ich ernsthafte Zahnschmerzen. Also so richtig, so schädelzermalmend unangenehm, und gehe am nächsten Tag zum Arzt. Der Arzt – in diesem Fall eine Ärztin – schaut mir in den Mund, macht irgendwelche Untersuchungen, entfernt eine schadhafte Füllung, und dann folgen grauenhafte Stunden, in denen die Ärztin Nerven entfernt, Karies wegbohrt, Wurzelkanäle mit einer Feile reinigt, und das alles entzündungsbedingt mit einer nicht so richtig gut funktionierenden Narkose. Ich habe gelitten.
Nun strebt der Mensch danach, Leiden zu vermeiden. Ich will also nie wieder zum Zahnarzt. Der Weg zur Vermeidung künftiger Zahnarztbesuche aber führt (gerade wenn man so miese Zähne hat wie ich) wohl nur über eine drastisch verbesserte Mundhygiene. Ich habe also Geräte bestellt. Wenige Tage später war die neue Zahnbürste da.
Ich habe bisher keinerlei Erfahrung mit diesen Dingern. Ich habe immer manuell gebürstet. Ich habe mich also mit dem neuen Gerät neugierig und ein wenig unsicher ins Badezimmer gestellt. Ich habe Zahnpasta auf den Bürstenkopf gedrückt. Ich habe den Mund geöffnet. Ich habe die Zahnbürste an meine Vorderzähne gehalten und den „On“-Knopf gedrückt. Erwartungsgemäß begann die Bürste mächtig zu rotieren, und ich schob die Bürste Zahn für Zahn durch meinen Mund.
Gut, auch mir ist aufgefallen, dass der Spiegel immer weißer wurde, aber ich dachte, dass muss so. Ich bin mit der Zahnbürste sogar noch durch die Wohnung gelaufen, und es spritzte weiß aus meinem Mund eigentlich überall hin, wo ich mich gerade aufhielt. Auch dabei dachte ich mir eigentlich nichts. Millionen Menschen nutzen elektrische Zahnbürsten, die Bedienung – so nahm ich an – müsse also einfach und eigentlich selbsterklärend gestaltet sein, und so beendete ich, ohne Verdacht zu schöpfen, irgendwann den Prozess der Zahnreinigung und verließ das Haus. Dabei, sehr verehrter Leser, haben Sie mich vermutlich gesehen.
Ihnen sind die weißen Sprenkel natürlich sofort aufgefallen. Ich allerdings lief selbstvergessen einfach so ein wenig herum, war frühstücken, unterhielt mich ein bißchen, und die sozusagen explodierte Zahnpasta wäre mir nie im Leben aufgefallen, wenn nicht mein Begleiter, der liebenswürdige J., mich auf diese Verunzierung meiner Oberbekleidung aufmerksam gemacht hätte. Zu diesem Zeitpunkt allerdings saß ich in einem Café, wo man schlecht seine Kleidung wechslen kann, denn in aller Regel hat man sonst nichts dabei.
Ich blieb also gesprenkelt. Irgendwann später habe ich mich dann umgezogen. Gleich, wenn ich wiederum die neue Bürste benutze, werde ich, wie man mir empfohlen hat, diesmal den Mund schließen. Und was Ihre Vermutung angeht, ich würde nun binnen kürzester Zeit verkommen:
Ich hoffe nicht. Ich tue mein bestes.
das mit der elektrischen ist grundsätzlich schon mal ein guter anfang. wenn sie ihren zahnarzt nicht mehr sehen wollen müssen sie jedoch zur zahnseide greifen – und zwar täglich …
p.s.: spätestens wenn der dritte teure fummel beim tragen des kindes auf dem spielplatz oder schlimmeren schlammwüsten komplett versaut worden ist werden sie auf knien eine entsprechende jacke bestellen oder kaufen, weil sonst akute spontanverarmung droht. echte rumsauprofis greifen jedoch direkt zur fjällräven jagdabteilung. die kann man durch die pampe ziehen wie man will, man sieht recht wenig. sex hin oder her – wetten dass..?
REPLY:
Diese Outdoorsäcke in bizarren Farben nur über meine Leiche. Das lasse ich mich nofalls auch was kosten. Ich habe zwei halbwegs gutaussehende Barbourjacken; überall, wo die nicht mehr reichen, gehe ich nicht hin.
Keine Panik, mit Kindern kann man auch ganz wunderbar ohne Funktionskleidung leben. Nur über meine Leiche, lieber lasse ich mir nen klassischen Trench vollspucken.
REPLY:
Nein, nein, nein. Keine entsprechende Jacke, keine Gesundheitschuhe und auch keinen praktischen Rucksack. Niemals nicht!
REPLY:
das ist sicherlich auch ’ne frage der umfeldes. wenn man wie ich 300m vom wald, 500m vom fluss entfernt und mit größerem grundstück [was in der vorstellungswelt des kleinkind nachwuchses bereits uneingeschränkt vererbt worden und nicht mehr mein eigentum ist] wohnt sieht die welt deutlich anders aus als in einer großstadt.
p.s.: seit wann sieht denn barbour [ich habe mich auch nach 25 jahren nicht wirklich an den geruch gewöhnt] anders aus als ein sack? da sieht man übrigens mal die regionalen unterschiede – bevor ich meine anziehe überlege ich immer, bei wem von den anwesenden des tages ich eventuell als blasierter lackaffe durchgehe [das ist nicht wertend gemeint, es ist einfach so. zum glück kann ich mich nicht noch mit ’nem unterstützenden burberry tuch in die nesseln setzen.]
Es ist wirklich grauslich mit den Zumutungen der Moderne. Immerfort wird davon ausgegangen, daß man immer schon weiß, wie alles funktioniert. Ich rede gar nicht mal von den Verpackungen aus dem Supermarkt, wo man ständig irgendwelche Laschen, Nippel und Schutzfolien wegbrechen runterdrücken und rausfummeln muß. Ich bin ja eher ein bodenständiger Typ und nicht sonderlich reiseerfahren. Vor einigen Tagen mußte ich in ein vollautomatisches Hotel ohne Personal einchecken. Es war ein Albtraum. Man mußte ständig irgendwelche Magnetkarten irgendwohin stecken. Selbst das Licht ging erst an, als ich die Karte in die Wand gesteckt hatte. Der Höhepunkt war eine italienische Kaffeemaschine mit diesen vielen verchromten Hebeln. Gottseidank habe ich kurz vor dem Nervenzusammenbruch entdeckt, daß auf der Rückseite ein Einschub für den Wasserbehälter war. Kurzum, Sie sind nicht allein.
Was Attraktivität angeht, sollten Sie sich keine Gedanken machen. Eine sehr nette Kollegin von mir mit einem Oh-La-La-Körperbau bekam vor einem Jahr ein Baby. Danach sah sie wirklich so aus, wie Sie sich jetzt fühlen. Ich war richtig enttäuscht (obwohl ich natürlich kein Recht dazu hatte). Aber ich fand das einfach unfair von Mutter Natur. Jetzt ist also ein Jahr vergangen und alles ist wieder bestens, eigentlich noch schöner.
„Der Weg zur Vermeidung künftiger Zahnarztbesuche aber führt (gerade wenn man so miese Zähne hat wie ich) wohl nur über eine drastisch verbesserte Mundhygiene. Ich habe also Geräte bestellt. Wenige Tage später war die neue Zahnbürste da.“
Das funktioniert nicht. Kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, ein Irrweg.
Ich kenne das Problem nur allzugut. Mit oder ohne elektrische Zahnbürste, bei mir hilft nur: Nie Zähne putzen in Kleidern, die ich auch in der Öffentlichkeit tragen will.
Aber ich nehme an, Sie werden da geschickter sein…
REPLY:
Ich weiß gerade nicht, ob die elektrische Zahnbürste und ich noch einmal enge Freunde werden. Ich bilde mir ein, die Bürste sei tatsächlich effizienter, aber der Preis, der Preis … der Preis ist weiß.
REPLY:
Niederschmetternd. Also auch das nicht.
REPLY:
So ein vollautomatisches Hotel habe ich auch einmal benutzt (bewohnt kann man da ja nicht sagen). Ich bin dem auch nicht gewachsen. Wenn es nach mir geht, stehen in Hotels Portiers herum, Zimmermädchen knicksen und Etagenfeen decken Betten auf. Leider nicht immer zu machen.
REPLY:
Sic!
REPLY:
Sie denken an die Beaufort, die trage ich in der Tat nur selten. Die Beadnell ist freundlicher geschnitten, und ob Leute mich für eine Lackäffin halten, ist mir schnurz. Mein Gott, ich bin Juristin, was sollen die Leute schon groß denken über mich.
Die Sprenkel hielt ich für den neuen Bötzow-Schick, bis der J. uns aufklärte. Ich empfehle in solchen Fällen aber generell das Dazukleckern – Kaffee und Himbeermarmelade eignen sich hervorragend für Komplementärkontraste!
REPLY:
Dann ist alles okay, wenn nur die verzehrten Speisen und Getränke farblich zueinander passen?
REPLY:
… boah, die entsprechende jacke mußte ich erst mal gugeln. im lebensumkreis von frank goosen existiert sowas im prinzip nicht, nicht mal bei juristen [die hälfte meines freundeskreises besteht immerhin daraus]. aber hier ist auch alles etwas anders. die formel lautet ungefähr: je höher das einkommen desto verschlonzter der privatauftritt.