Der J., sagt er, hat das Vertrauen in den Euro verloren und will die DM zurück. „Alle schreiben, die Deutschen hätten vom Euro am meisten profitiert.“, entgegne ich ihm, aber der J. ist nicht mehr umzustimmen. Frau Merkel habe in Brüssel seine Interessen für ein Linsengericht verkauft, ist der J. überzeugt, und von Helmut Kohl, der den Euro verschuldet habe, habe er sowieso noch nie viel gehalten. Der J. erwartet also demnächst eine knackige Inflation.
Mir ist eine Inflation alles in allem nur recht. Ich bin Rechtsanwältin, so etwas braucht man quasi immer. Ich arbeite nicht für Privatpersonen und rechne auch nicht nach einer Gebührentabelle ab, die durch eine Inflation entwertet werden könnte. Wir haben außerdem nicht so sonderlich viel Geld, halte ich dem J. vor, aber dafür einen laufenden Kreditvertrag für unsere Wohnung. Eine Inflation kommt uns also nur gelegen. Was aber unsere Barmittel angeht, so geben wir die in Ansehung der kommenden Zeiten am besten unverzüglich aus.
Wir haben also erst einmal einen Flug nach Las Vegas gebucht. Ich war da noch nie. Ich stelle mir Las Vegas scheußlich vor, aber gesehen haben muss man das wohl mal, also fahren wir übernächste Woche hin. Weil das Geld ja bald eh nichts mehr wert ist, haben wir das Hotel gebucht, das uns im Internet am besten gefallen hat.
Außerdem will ich ans Meer. Wir haben deswegen einen Wagen gemietet. Ich habe im Internet nach Hotels gesucht, aber irgendwie gab es halbwegs günstig nur einerseits Kettenhotels, die ja immer irgendwie unwirtlich wirken, und Hotels, die ausschauen, als handele es sich um die Kulisse eines sozialrealistischen Films. Meistens ist da an Ausstattung sogar alles da. Die Optik ist aber so schlimm, da kann man keineswegs absteigen, insbesondere die Kombination von riesigen Räumen mit wenig Möbeln, grässlichen Bettüberwürfen und viel zu viel Vorhangstoff in unsagbar hässlichen Mustern und Farben macht das Absteigen leider vollends unmöglich. Wir sind also auf ein Hotel ausgewichen, das einerseits gut aussieht, andererseits auch schön gelegen sein soll, und was die Kosten angeht: Nächstes Jahr bekommen wir für das Geld bestimmt eh nur noch einen Eisbecher ohne Streuseln und Sahne.
Sobald wir zu Hause sind, machen wir weiter. Ich habe ein paar Bilder im Auge. Die hängen wir uns jetzt ganz schnell an die Wand. Vielleicht bauen wir um. Oder rüsten noch einmal richtig auf, so möbeltechnisch und so. Vielleicht kaufe ich mir auch Schmuck. Oder wir schichten alles um in Schweizer Franken. Dann sitzen wir in Berlin und warten auf die Inflation. Wenn sie kommt, erfreuen wir uns an den ganz bestimmt interessanten Zeiten. Und wenn sie ausbleibt, haben wir ein paar schöne Ausflüge gemacht und ein paar wirklich gut aussehende Möbel, Bilder und Schmuckstücke mehr.
Ich bin gespannt.
Las Vegas ist wirklich sagenhaft scheusslich, wie so vieles andere dort drüben auch. Ich glaube, es lebt vor allem vom „Das muss man mal gesehen haben“-Ruf.
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Ich habe ja ein Faible für das Bizarre und hoffe, Las Vegas bleibt mir da nichts schuldig. Ansonsten sind wir um Hässliches oder Grobes bisher aber komplett herumgekommen. San Francisco hat Charme und stößt einen nicht vor den Kopf.
Recht haben Sie ! Und außerdem, zumal bislang nichts Gegenteiliges bekannt wurde, müssen wir alle davon ausgehen, dass wir nur dieses eine Leben haben. Es nicht zu leben ist Verschwendung.
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Darüber habe ich hier ja schon vor Jahren einmal nachgedacht.