Es ist ein bisschen zu hübsch hier. Der karibisch blaue See, der tiefblaue Himmel mit ein paar Dekowölkchen und die pastellfarbenen Häuser mit weißem Stuck. Nach einer Woche würde man böse und krank, aber so ist es fein. Man läuft herum, fährt Fahrrad, isst sehr gut und viel und hört Leuten zu, die Geschichten vorlesen, um einen der vier Preise zu bekommen.
Ich höre ansonsten das ganze Jahr nicht so lange konzentriert zu. Ich warte immer schon, sprungbereit, was ich gleich sagen soll. Hier aber muss ich nichts sagen, ich bin ja kein Juror, und darf schweigen, wenn mir nichts einfällt. Wenn mir etwas einfällt, dann schreibe ich das auf Twitter. Weil viele andere Leute das auch machen, ist es ganz lustig, gleichzeitig aufeinander einzureden, sich zu widersprechen, sich zu bestätigen, Leute, die auch irgendwo hier sitzen und Leute, die ganz woanders sind.
Die Texte sind teilweise sehr toll, wie die Texte von Selim Özdogan und Julia Wolf. Teilweise ganz in Ordnung, wie der Text von Sylvie Schenk oder so interessant wie der verästelte Text über die Verwirrung von Sprache, Geschlechtern, Koffern, Kleidern und Körpern bei Tomer Gardi. Manchmal sagen sie mir nichts, wie der Text von Stefanie Sargnagel, die mir zu plump und zu mürrisch vorkommt, aber vielleicht habe ich sie auch nur nicht verstanden, und der antiintellektuelle Habitus stößt mich ab. Ich will Differenzierung, mehr vom Feingesponnenen, sich mit dem Kopf voran in die tiefen Wasser der Literatur begeben. Plump und schlechtgelaunt ist gerade halb Europa, und nicht die beste Hälfte, da hilft es nichts, wenn jetzt noch die Linken, Liberalen, die, die Konflikte nicht mit Gebrüll und Mistgabeln lösen wollen, auf dem selben Niveau zurückpöbeln.
Tags irgendwann kommt die Nachricht, Österreich wähle noch einmal. Leise, irgendwo im Gebälk unseres morschen Hauses Europa knackt ein Balken, um eines Tages mürbe und morsch zu brechen. Es kommen härtere Zeiten, höre ich den Wind, der abends auf dem Bürgermeisterempfang um das Schloss Maria Loretta streicht, und schließe die Augen auf der Badewiese am Wörthersee, denn besser als jetzt wird es für mich vielleicht nicht mehr werden, und vielleicht auch nicht mehr: Für uns alle.
Um den Schlussabsatz mal in den Worten der Namenspatronin des Wettbewerbs zu formulieren: „Es kommen härtere Tage. // Die auf Widerruf gestundete Zeit // wird sichtbar am Horizont.“
Ja, es sind unruhige Zeiten. Und nichts sieht aus, als würde alles besser.
Ich könnte dazu jetzt aus Brechts „An die Nachgeborenen“ zitieren, aber wir wollen ja aus diesem Blogpost kein Bildungsbürger-Seminar machen…. 🙂