Konfetti, 6

Am letzten Abend sitzen wir in einer ganz kleinen Sushibar ein paar hundert Meter vom Tokyo Skytree – so einem riesigen Aussichtsturm – entfernt. Die beiden Sushiköche sind steinalt, sicherlich mindestens 70, es gibt drei oder vier Tische, und als die Köche unsere Antworten auf unsere Fragen nicht verstehen, übersetzt ein anderer Gast, der als Augenarzt, erzählt er, schon einmal in Berlin war. Auf einem Kongress an der Charité.

Ich esse so viel ich kann, weil man rohen Fisch leider so schlecht mitnehmen kann, und frage mich, warum um alles in der Welt es in Berlin eigentlich nichts Vergleichbares gibt. Stehen dem optimalen Sushi in Berlin irgendwelche objektiven Sachzwänge entgegen? Oder liegt das schlicht an einem niedrigeren Qualitätsmaßstab? Wie dem auch sei: Ich vermisse diesen Fisch schon jetzt. Vielleicht heirate ich beim nächsten Mal einen Thunfisch.

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Der F. schaut fern als gebe es kein morgen, was insofern natürlich auch zutrifft, als dass er zu dermaßen hemmungslosen Konsum außerhalb von Flugzeugen keine Gelegenheit hat. Ich dagegen schaue ein bisschen lustlos erst „The King’s Speech“, den ich mag, und fange dann „Belle de Jour“ an, den ich als einziger Mensch der Welt noch nicht kenne, und leider nicht zu Ende sehen kann, weil ausgerechnet nach einer Stunde Film der neben mir sitzende F. eine Filmpause einlegt und sich mit mir unterhalten will. Was aus Séverine wird, werde ich also nicht erfahren.

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Ist Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich schon einmal aufgfallen, wie intensiv die Berliner riechen? Ich meine jetzt nicht Schweiß. Das riecht man auch manchmal, aber eigentlich ja schon eher selten. Nein, ich meine so eine spezielle Mischung aus Waschmittel, Parfum, durchaus sauberer Haut und diesen speziellen Talggeruch von jedenfalls nicht ganz frisch gewaschenen Haaren. Ist mir noch nie aufgefallen. Aber offenbar riechen die Menschen in Japan so dermaßen nach gar nichts, dass ich nach einer halben Stunde Fußweg durch Prenzlberg olfaktorisch dermaßen zu bin, dass ich mich gern für ein paar Tage an die Nordsee setzen und die Wellenkämme anstarren würde. Statt dessen muss ich zur Kosmetik und höre mir in einer dicken Wolke aus Duftstoffen die lustig dauerplaudernde Kosmetikerin an, die von ihrem älteren Freund (demnächst 36!), ihrem Engagement auf Kreuzfahrten und ihren Lieblingsbeautybloggern erzählt.

Ihr Angebot, mir Wimpernextensions zu machen, lehne ich ab.

4 Gedanken zu „Konfetti, 6

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