Hand aufs Herz, was haben Sie gerade an? An einem Feiertag mittags um halb eins? Vielleicht waren Sie schon draußen, dann haben Sie vielleicht Jeans an und ein Longsleeve? Oder Sie gehören – wie auch ein mir eng verbundener Herr – zu den Leuten, die überhaupt immer, sogar am Strand, ein Hemd tragen? Sie könnten den ganzen Tag nichts als Unterwäsche tragen, wie ich es täte, wenn ich in einem einsamen Haus am Ende der Welt herumsäße, oder Sie tragen Jogginghosen, Pyjamas oder Bademäntel. Ich kenne solche Leute, die haben daheim quasi nichts anderes an.
Weil der J. und ich auch zuhause immer voll bekleidet sind, haben wir keine. Brauchen wir ja nicht. Und deswegen besitzt auch der F., das reizende Kind des Hauses, keinen Bademantel, sondern wird nach dem Bad immer sorgfältig frottiert, eingecremt und sodann wieder bekleidet. Weil der J. spezielle Kinderkleidung albern findet, trägt der F. eigentlich genau dasselbe wie er selbst, nur eben in Größe 122. Auch in öffentlichen Schwimmbädern wickele ich den F. in ein großes Handtuch. Der J. besucht solche Institutionen schon aus Prinzip nicht.
Vor zwei Wochen, wir waren in Griechenland, zog der F. deswegen vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben einen Bademantel an, der im Hotelzimmerschrank hing. Der Bademantel war weiß, er war flauschig, er passte dem F. wie angegossen und der F. beschloss, den halben Urlaub im Bademantel zu verbringen. Den Rest des Urlaubs hatte er Badehosen an, nur zum Dinner war er halbwegs normal bekleidet. Den Urlaubsbademantel trug der F., ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen, sogar teilweise nachts.
Manche Menschen denken bei Bademänteln noch an Hugh Hefner. Aber dieser Bademantel war weiß. Andere Menschen denken bei Bademänteln an Trump. Aber der hat ja angeblich gar keinen. Ich aber, ich denke bei Bademänteln an Udo Jürgens und Fernsehabende mit meinen Großtanten, und so sitze ich am Ende also auf den Peloponnes, den F. neben mir, mein iPad auf den Knien, und singe mit ihm und Udo Jürgens gemeinsam. Beide – ich nicht – haben schneeweiße Bademäntel an, und jetzt raten Sie einmal, was der F. zum nächsten Semesterabschlusskonzert seiner Musikschule tragen wird.
Deine Aufzählung ist nicht ganz vollständig: Chilly Gonzales hat den Bademantel längst in allen großen Konzerthäusern Berlins, Deutschlands und der Welt salonfähig gemacht. Falls der F. mit Herrn Gonzales noch nicht vertraut sein sollte, kann ich ihm nur dringend mal einen Konzertbesuch beim bademanteltragenden Ausnahmekünstler ans Herz legen. Aber wundere Dich nicht, wenn der F. beim Abschlusskonzert dann wirklich nichts anderes mehr anziehen will als einen Bademantel.
Wenn er das sieht, trägt er überhaupt nichts anderes mehr; immerhin wird mir das weitere Streifzüge durch die Kinderbekleidungsfachgeschäfte der Stadt ersparen
Sehr gelacht, vielen Dank!
Immer gern!
Der Bademantel ist aus der Weltgeschichte nicht wegzudenken, schon gar nicht aus der Kunst:
Exihibit a) Arthur Dent
http://www.retrocrush.com/archive2005/hitchhiker/groupshot.jpg
Exhibit b) Big Lebowski
https://i1.wp.com/farm9.staticflickr.com/8381/8511477825_94e48be59a_z.jpg
Ich sehe für den F. eine großartige Zukunft vor mir.
Ich weiß nicht, ob ich mich so gut als die Mutter des Dude machen würde.
Mein Liebster hasst Bademäntel, weil er sie stillos findet und sie ihn an irgendjemand Unangenehmes erinnern (so wie Dittsche, Hamburger werden ihn kennen https://de.wikipedia.org/wiki/Dittsche). Dennoch habe ich ihm einen gekauft – für alle Fälle. Und was soll ich sagen, jetzt trage ich ihn, sehr flauschig, sehr kuschelig. Ich kann den F. verstehen!
Ich auch, es sieht sehr gemütlich aus
Kann nicht glauben, dass Udo Jürgens tot sein soll. Es ist einfach nicht wahr. Das Video ist der Beweis…! So schöne Lieder… (mein liebstes ist „was ich dir sagen will“ mit Text von Blacky Fuchsberger, zu schön…)
P.S. und am allerschönsten finde ich diese französische Aufnahme…
https://www.youtube.com/watch?v=UcYMm_4XqvU
Die ist wirklich nett
Hugh Hefner trug natürlich keinen Bademantel, sondern einen Hausmantel.
„Der Hausmantel gehörte lange selbstverständlich zur Garderobe derer, die etwas auf sich hielten. Einen Hausmantel zu tragen bedeutete einen gewissen Luxus. Man empfing auch gern Gäste darin. Der weiche Überwurf, der locker über dem Hemd getragen wurde, machte deutlich, dass man zu vornehm war, das Haus zu verlassen.“
http://www.zeit.de/2010/45/Stilkolumne-Hausmantel
Ich wäre zutiefst verstört, würde mich ein Mann im Hausmantel empfangen, selbst wenn es sich nicht um einen Herrn von Profession und Ruf Hugh Hefners handeln würde.