Dieses Jahr nimmt mich mit. Diese plötzlich aus dem heiteren Himmel des boomenden Landes hereinbrechende Breitschaft, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gegen Härte und böse, gehässige Worte auszutauschen. Sorgfältig seine Worte zu wägen, dass sie bloß nicht zu großzügig daherkommen, weil man den Wähler, den Abonnenten, den Nachbarn bloß nicht verärgern will, den man sich böse, neidisch und engherzig vorstellen muss: Einen dumpfen Kerl, dem es nichts ausmacht, dass jeden Tag im Mittelmeer Menschen ertrinken, die nicht ertrinken müssten.
Ich will weg von dieser brodelnden Bösartigkeit, vier Tage zurück in ein anderes Land. Wisst ihr noch, denke ich, vor fünf Jahren. Ach, vor zwei. Als wir alle dachten, dieser Boden unter unseren Füßen sei fest. Ich will aber über Bücher sprechen, über Innenwelten, über schöne Worte, über Dramen, die unblutig enden. Keine toten Kinder am Strand.
Aber dann geht es doch wieder um die anderen und auf dem Weg zur Theke höre ich fremde Leute über die Barbaren sprechen, die an den Toren rütteln, und als Feridun Zaimoglu gegen die Bösen predigt und der Regen vorm ORF-Theater fällt, wünsche ich mir einen Zauberspruch, der uns alle von diesem Jahr erlöst.
Von diesem Jahr? Das wäre zu wenig. Das alles hat sich, soweit ich es beobachten konnte, seit 1989 langsam aufgebaut. „Das“ war immer vorhanden und durfte nach und nach wieder an die Luft.