Jetzt haben sich schon wieder zwei getrennt. Im weiteren Bekanntenkreis zerfallen gerade reihenweise die Paare, keiner weiß warum. Ob die Evolution irgendwann einmal eine Zeitschaltuhr tief in den Köpfen von Leuten eingebaut hat, die nach sechs Jahren gemeinsamer Kinderaufzucht bimmelt, und dann schauen sich die Leute am Morgen über ihren Kaffeetöpfen und Brotdosen an und können sich nicht mehr ausstehen? Oder ist es für die Paare einfach nicht gut, Kinder so aufwändig aufzuziehen, wie der Zeitgeist es gerade gebietet? Es klingt ja schon so ein bisschen wahnsinnig, mehr als vor 20 Jahren zu arbeiten, aber gleichzeitig mehr Zeit in seine Kinder zu investieren. Wann liegen diese Leute eigentlich auf dem Sofa? Und wann gehen sie mit ihrem Mann oder mit irgendwem mal aus? Würde ich jeden Abend mit meinem Kind eine mehrstündige Abendroutine durchziehen, würde ich mein Leben auch hassen und irgendwann Fluchtgedanken entwickeln.
Aber so sitze ich mittags mit einem Bekannten beim Inder in der Uhlandstraße, spreche über Japan und Estland, Berlin vor 20 Jahren und die besten Hotels der Welt, und als ich zuhause ankomme, ist mein Sohn auf dem Sofa eingeschlafen, wird ins Bett getragen, und der J. und ich sitzen auf dem Sofa und trinken einen sehr, sehr guten Wein.
Oder ist es für die Paare einfach nicht gut, Kinder so aufwändig aufzuziehen, wie der Zeitgeist es gerade gebietet?
Wahrscheinlich schon.
„…. die besten Hotels der Welt …“, “ … einen sehr, sehr guten Wein ….“ Brrrrrrr. Bin ich froh, dass ich mit diesem Milieu nichts zu tun habe …
Niemand verbietet Ihnen, sich über die schlechtesten Hotels der Welt bei sehr, sehr schlechtem Wein zu unterhalten. Jeder, wie er mag. Ist das nicht toll?
Ihre sarkastische Replik trifft mal wieder. Es ist mir eine Freude!
Ich denke die Kinder sind immer noch der Kitt. Wenn der Wein, oder, ich mag keinen Wein, Äquivalente, fehlt, dann kommen Fluchtgedanken. Sehr treffendes Wort übrigens für ‚Momente der Klarheit‘.