Jahresrückblick 2018: Drittes Quartal

Juli

Im Juli geht auf einmal alles ganz schnell. Ich richte mich – zu zweit mit dem allerbesten Kollegen – bei konstanten 32° C ein. Ich telefoniere, ordne, organisiere, kaufe ein Schild, suche Bilder aus und schraube eigenhändig ein paar Möbel zusammen.

Im Juli treffe ich auch meine Lieblingsprofessorin aus der Uni. Sie ist grau geworden, älter, aber sie spricht immer noch mit derselben Eindringlichkeit, es ist ihr immer noch nichts egal, und wir verabreden uns für den Herbst. Man spricht oft schlecht über das deutsche Unisystem, aber ich bin vom ersten Tag an bis heute großzügig gefördert worden, man hat mir immer aufmerksam zugehört, mich früh auf Tagungen mitgenommen, mir erklärt, wer wer ist und wie der Betrieb funktioniert. Vielleicht haben die, die jammern, ihre Chancen nicht genutzt. Vielleicht haben sie aber auch weniger Chancen bekommen. Ich habe – das wird mir nie klarer als 2018 – immer Glück gehabt.

Doch bevor es richtig losgeht, fahre ich noch einmal weg. In Klagenfurt sitze ich auch diesmal in der Sonne, lese Texte mit, spreche, denke, träume tagelang über Literatur, feuere eine mitlesenden Freund an und schwimme im Wörthersee.

August

Alle guten Vorsätze sind zum Teufel. Ich wollte eigentlich weniger arbeiten, mehr Zeit mit dem F. verbringen, auch mal morgens im Café Zeitung lesen, aber offenbar liegt es gar nicht an meiner Umgebung, sondern an mir höchstpersönlich: Ich arbeite immer und fühle mich prächtig dabei. Ich telefoniere, ich schreibe, ich fahre kreuz und quer durch die Republik, und dass es tatsächlich möglich ist, die Dinge, die ich an meinem Job sehr mag, ohne die Dinge, die ich gar nicht mag, zu behalten, macht mir extrem gute Laune. Morgens fahre ich in den leichtesten Kleidern, die diese Stadt zu bieten hat, durch den Tiergarten in meiner Büro und jubele abends mit dem F. auf dem Schoß in den Biergärten Berlins herum.

Dann aber ist es vorbei mit den langen Abenden mit F. Er wird eingeschult. Stolz läuft er mit seinem Sakko und der Riesentüte zur Schule, wird aufgerufen und steht dann doch sehr klein mit den anderen sehr kleinen Kindern in der Aula. Bis zum Herbst wollen sie alle nicht mehr hin, behauptet eine befreundete Mutter, aber das wird sich nicht bestätigen. Wir haben Glück. Der F. mag die Schule, findet Freunde und bewundert seine Lehrerin. Weil die Schule sehr religiös ist, ist der F. schon Ende des Jahres ein evangelischer Fundamentalist. Die Zeit wird es richten. Hoffentlich.

September

Wien. Wein beim Mayer am Pfarrplatz. Brötchen bei Trzesniewski, Schnitzel und Torte, Siegmund Freud und Mozart. Aber auch das AKK, in das der S. muss, weil er sich den Arm gebrochen hat. Schön ist es hier, denke ich und laufe mit dem J., aber ohne das befreundete Paar durch die Stadt, aber noch schöner wär’s, wenn der F. auch hier wäre. Das denkt der F. übrigens auch und bekommt einen Ausflug an die Donau für 2019 versprochen.

Wir leiden alle drei am entsetzlich frühen Aufstehen. Immerhin macht das Jahr es uns leicht, denn wir lieben den Sommer, und Sommer ist nach wie vor, Sommer ist monatelang, täglich esse ich unter den wippenden Bäumen der Stadt und schaue an den Wochenenden in den Himmel über der Stadt und trabe über die staubigen Äcker der Mark.

 

Ein Gedanke zu „Jahresrückblick 2018: Drittes Quartal

  1. Selbstbeobachtung. Wie der Hund nach der Wurst schaue ich nach Neuen hier und bei sezession und donalphonso. Welches Hufeisen mag da in mir wachsen…?

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