Mit meinem kleinen Cousin und den Frauen lässt es sich nach wie vor nicht so gut an. Ein bißchen mag das an den Frauen liegen, die Sportlichkeit vielleicht mehr schätzen als einen sehr dünnen, sehr blassen, aber dafür ziemlich klugen Jungen, der gut Schach spielt, aber unglücklicherweise immer dann, wenn es darauf ankommt, einewenig vorteilhafte Figur mit leichten Artikulationsproblemen abgibt. Auch ist es generell wenig erfolgversprechend, sich ausgerechnet in seine Arbeitsgemeinschaftsleiterin zu verlieben, die die Anfänger-AG im Strafrecht unterrichtet, und auch wenn das Mädchen mit vielleicht 24 oder so nicht Dezennien, sondern nur ungefähr vier Jahre älter ist als der Kleine: Die Chancen stehen schlecht.
Dabei ist das Mädchen an sich sicherlich nicht dermaßen belagert, dass ein hartnäckiger Bewerber ganz aussichtslos bliebe. Klein sei sie, berichtet mein Cousin, circa 1,60 hoch, dabei auf reizende Weise pausbackig, angetan mit einem roten Mäntelchen mit weißen Punkten, gelben Gummistiefeln, und sie möge Frösche und Affen. „Affen!“, wiederhole ich, runzele ich die Stirn und überlege mir, was es wohl zu bedeuten haben mag, wenn ein Mädchen Affen mag. Möglicherweise, so kombiniere ich, ist man hier mehr dem Possierlichen zugewandt, als ich es für angemessen und geschmackvoll halte.
Von einem Freund hat mein Cousin bisher nichts gesehen. Das wundert mich nicht. Mädchen mit einer Vorliebe für Affen und Frösche sind jetzt vielleicht nicht so wahnsinnig gefragt, und dass kleine, dicke Frauen nicht so richtig hoch auf der Toplist der gefragten Damen stehen, weiß ich selbst aus langjährig-leidvoller Erfahrung. Auch die schwarzen Kirschaugen und die dunklen Locken, von denen man mir berichtet, reißen es da wohl nicht mehr so heraus in der Breitenwirkung, und so sitzt das Mädchen meistens mit einer oder mehrerer Freundinnen statt Heerscharen anbetender Kollegen in der Mensa. Seit mein Cousin weiß, wann sie Essen geht, sitzt er meistens in gemessenem Abstand auch an den Futtertrögen der Mensa Nord und starrt die AG-Leiterin so dezent an, wie das halt möglich ist, wenn ein Weltwunder in der Mensa sitzt und isst.
Weil das Mädchen offenbar kein Fleisch isst, isst nun auch mein Cousin vegetarisch für den Fall, dass sie sich vor Fleischessern ekelt. Kürzlich verzehrte mein Cousin also einen Blumenkohlbratling, als das Mädchen – ebenfalls mit einem solchen Bratling versehen – an ihm vorbeiging. Neben ihr ging ihre Freindin. „Hallo L.“, grüßte die AG-Leiterin. Mein Cousin würgte ein „Hallo!“ zurück. Dann starrte er auf sein langsam erkaltendes Essen.
Eine Tischreihe entfernt nahm das Mädchen Platz. Mein Cousin sah sich nicht um. Mit geschlossenen Augen verfolgte er jeden Laut des Mädchens, ihr Lachen, ihre Gespräche, das leise Schaben des Bestecks, und als sie bei der Quarkspeise angelangt war, stand er auf und ging langsam an ihr vorbei. Die Augen hatte er dabei immerhin wieder geöffnet. „Hallo L.“, grüßte das Mädchen nochmal, mein Cousin beschleunigte puterrot und mit heftigem Herzklopfen und wurde erst wieder langsamer, als die Mensa hinter ihm lag.
Es wird nicht einfach mit meinem Cousin und den Mädchen, stelle ich fest und gebe lauter gute, tantenhafte Tipps, an die sich nur hält, wer sie nicht braucht, wie ich mich vage entsinne.
Oh, wir großartig: Nerd Love! Mit sowas kenne ich mich aus. Er wird ihr irgendwann etwas sensationell Arbeitsaufwändiges basteln / aufnehmen / schreiben und seminanonym zukommen lassen. Was direkt ihr Herz erobert.
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Oh. Das wäre schön.
Ich hoffe, dass sich das auswächst. Das es passieren kann, weiß ich aus eigener Erfahrung. Und ich wünsche ihm einen guten Freund, der ihn ein bisschen an die Hand nimmt und ihm ein paar Tricks verrät, wie man Herr seiner eigenen Schüchternheit werden kann.
Aber jedenfalls alles Gute für den kleinen Cousin!
Ich liebe auch Frösche und Affen. Und Krokodile, so nebenbei.
Seine Chancen stehen gut.
Wenn Affenfrauen einen Mann mit Namen grüßen, ist das schon was.
Er könnte mit ihr den Jane-Goodall-Film gucken.
Oder ihr eine Plüschäffchen auf das Video binden und ihr auf den Tisch legen, wenn er sich nicht traut zu reden.
Sie berichten weiter, ja?
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Ich denke auch, das wächst sich aus.
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Ja, auf jeden Fall. Ich denke eigentlich auch, da geht was, allerdings natürlich nur dann, wenn er irgendetwas für den weiteren Fortgang unternimmt.