Journal :: 21.11.2010

Die Hölle sind nicht immer die anderen. Die Hölle, das ist man selbst. Zumindest Johnny Marco (gespielt von Stephen Dorff), Schauspieler in Sofia Coppolas neuem Film, ist eine Eine-Person-Hölle vom Feinsten, gefangen in Langeweile und Eintönigkeit, die ganz allein in Johnny Marco selbst ihren Ursprung hat und nirgendwo sonst.

Dass es Johnny an nichts fehlt, nicht an Erfolg, an Frauen, nicht an Komfort, macht die Sache nicht besser. Er treibt ziellos durch seine Tage, nichts entzündet seine Leidenschaft, er will nichts haben, nichts erreichen, er will nirgendwo hin. Johnny Marco ist angekommen, und am Ziel ist nichts. Fast wünscht man ihm ein kleines Problem, etwas Beherrschbares, vielleicht den Wunsch, einmal Hamlet zu geben oder eine unglückliche Liebe zu einer verheirateten, sehr ehrbaren Frau, aber alles, was einer wie Johnny sich wünschen könnte, scheint er zu haben.

Johnny Marco hat eine Tochter, eine hübsche, begabte Elfjährige, so frühreif, wie KInder halt sind, deren Eltern nicht erwachsen werden, und dieser Tochter ist er ein zugewandter, freundlicher Vater, aber auch das hilft nicht weiter. Die Sonne scheint, das Chateau Marmont ist ein Hotel, das genau richtig abgeschabt erscheint und genau richtig bequem. Ein kurzer Ausflug nach Italien – Johnny erhält einen Preis – zeigt eine Ecke des Wahnsinns, der sich an Berühmtheit festmacht, aber auch das führt nirgendwo hin. Johnny ist müde, aber selbst das vermag er kaum zu artikulieren. Ein kurzer Ausbruch am Telephon, als er seine Tochter im Sommercamp abgeliefert hat, die kühle Verständnislosigkeit am anderen Ende der Leitung, und schließlich führt der gemächlich mäandernde Weg des Johnny Marco irgendwo in die Weite. Er lässt seinen Ferrari am Straßenrand stehen und geht davon. Kann sein, er kommt wieder. Wo soll er auch schon hin, wo er ein anderer wäre als er ist, und aus dem Film voll der schönen, trägen Bilder von den glänzenden Oberflächen der Welt schlendern auch wir heim, ein kurzes Stück Straße, zurück in unser Leben, das nicht so komfortabel ist, auch nicht so leer an Leidenschaften und Zielen, und doch klafft vielleicht dort, wo der Kern im Fruchtfleisch sitzen sollte, ein schwarzes Loch und eine ziehende Sehnsucht, es möge etwas anders sein als es ist. Vielleicht sind das wir.

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