Von den Wünschen

Frau vom guten rat!
Wenn ich voll vertrauen
Wenn ich ohne sünde
Deine macht verkünde:
Schenkst du mir worum ich lange bat?

Stefan George

Nichts. Nur dass die Taubheit endlich aufhört, dieses Gefühl, als fehle da was, und eines Tages erwachst du, und schreist vor Entsetzen, weil das Fehlende das Wichtigste ist, und du hast es vergessen. Vielleicht die Unendlichkeit noch einmal zu spüren. Dieses Schwindelgefühl nachts allein unterwegs, mit nackten Beinen unter einem dünnen, flatternden Baumwollrock. Die Linden entlang Richtung Norden, und dann hoch, weiter, wirbelnde Luft. Den Fernsehturm weit unter sich lassend, und sich grenzenlos fühlen, durchdrungen ganz vom duftenden Sommer. Frei darin, nach Hause zu fahren oder irgendwo anders hin, wo etwas wartet, das ich ab und zu, früher einmal, riechen, hören und schmecken konnte.

All das, was Nächte sein können. Die Verheißung, nicht zu wissen, wohin und wann die Nacht mich spült auf ihren quellenden, salzigen Wellen. Aufbrüche überhaupt. Zu glauben, alles würde anders an einem anderen Ort, und die Hoffnung eingelöst zu sehen.

Das Unbekannte, das Magische, das Blaue, das Blitzende am scharfen Eisen. Das, was es eigentlich nicht gibt, aber manchmal doch, für Sekunden oder Stunden: Außerhalb der Zeit. Den Duft von Flieder, das Schimmern von Gold. Süße des Lebens.

Sich selbst wieder ausfüllen, und die Attrappe nach Hause schicken, die sich in die eigene Haut zwängt und mich zurücklässt, irgendwo, ganz woanders. So nah an sich herankommen, dass man sich nicht von außen sehen muss. Dinge und Menschen und Umstände nicht einfach aushalten, weil man sich an alles gewöhnt, und anderes nicht zu haben ist für mich oder für alle anderen auch, und eines Nachts, eines Morgens, einfach fortzugehen, wenn das gelobte Land aus der Spree ersteigt, wenn ein jadegrünes Meer den Schutt wegspült, den ich angesammelt habe mit den Jahren, und ein neues Leben, eine neue, klarere Sonne über der Stadt hängt, allein für mich.

5 Gedanken zu „Von den Wünschen

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