Nein, sage ich, der Sommer ist es nicht. Nicht die Hitze am Abend, die auf dem Asphalt liegt wie eine Decke aus feuchter, ungesponnener Wolle. Auch nicht, dass es diesen Sommer schon wieder nichts geworden ist mit der Ostsee, und vielleicht nicht einmal die Sehnsucht nach Früchten, nach riesengroßen Litschis, dem klebrigen Saft von Mangos, eine eiskalte Melone, nein, nichts von alledem.
Auch die Nächte sind es nicht, der Rausch, sich durch die Dunkelheit tragen zu lassen, weitergeweht von einer Bar zur nächsten, tanzen, bis die Musik nicht mehr aufhört, auch wenn man schon längst im Taxi sitzt, betäubt von Nacht und Himmel. Auch keine Stimme ist es, keine Haut, kein fremder Geruch, keine Haare zwischen meinen Fingern, und nicht die ungewisse Vorfreude, wenn in meiner Tasche, unsichtbar noch die Nummer, das Telephon beginnt zu klingeln.
Paris ist es nicht. Stille ist es nicht, denn Stille halte ich nicht aus. Stille drückt mich am Rand des Nichts zusammen und quetscht mir das Blut aus den Poren, weil sie größer wird mit jedem Moment und presst mich gegen die Wand der Welt. – Wind ist es nicht, nicht der Geruch von Salz, nicht das Meer, nicht Bäume, Waldboden, nichts von alledem.
Aber des Nachts, wenn ich erwache, und stehe ein paar Minuten mit meiner Zigarette am Fenster: Nachts zieht es mich hinaus, etwas ruft nach mir, und ich hebe fast die Hand, um zu winken, dass es mich sieht. Etwas steht auf, nach mir zu schicken, damit es wieder wird, wie es war. Etwas lockt und singt, ein Schiff legt ab, aber wohin es geht, dass weiß ich nicht mehr, noch ob es gut wäre da, oder auch nur etwas besser.
Ich vermute dass da einfach nichts ist. As simple as this.
Nachts am Fenster…
Könnte auch ein Vampir oder ähnlich dämonisch veranlagtes Wesen sein. Oder einfach nur Sodbrennen. Da kann ich auch nachts nicht schlafen und stehe rauchend auf dem Balkon.
Ist es…
…die Isolation des selbst gegenüber der Umwelt, die gefühlte Dunkelheit der Umgebung, selbst, wenn dort das wilde Leben tobt? Ein Parallelleben?
So geht es vielen Berufs- und Bürotätigen.
Wie kann man Stille nicht aushalten? Doch nur dann, wenn man nicht fähig ist, sie mit eigenem zu füllen…
Ich kenne nichts schöneres als die Stille auf dem Fluss. Auf dem Meer. Im Wald. Den Klang der Welt.
Was immer es auch sei, es klingt wunderschön.
Nichts, Herr Chinaski, ist ein so dehnbarer Begriff wie alles andere auch, und vampirsch bin, Detika, weder ich noch das, was mich treibt. Sodbrennen indes kann es nicht sein, ich habe keine Ahnung, was das ist. Was ein Büro- und Berufsleben heißt, Herr Burnster, weiß ich dagegen genau, und vielleicht hat’s damit zu tun, vielleicht ist’s etwas anderes, ich weiß es nicht.
Was die Stille angeht, Herr Remington, so mögen Sie recht haben, aber mich treibt die Stille, die Gefahr, die Andeutung der Stille bereits die Wände hoch. Vielleicht ist da nichts, was ich der Stille entgegenzusetzen hätte, auch das weiß ich nicht zu sagen, und beschäftige mich ungern damit.
Und zu letzt für heute abend: Dankeschön, Herr Gerhards.
REPLY:
Frau Modeste „Nichts“ ist garnicht so dehnbar wie sie vielleicht annehmen allerdings habe ich das dumpfe Gefühl dass eine ausführliche Erklärung über warum und wieso hier den Rahmen -aus ihrer Sicht- sprengen würde und daher halte ich es für sinnvoller hierzu „Nichts“ weiter zu schreiben.
Klingt wie ein neuer Track der Hamburger Band Kante…
🙂