Spielchen mit Stieren, hört man, können auch übel enden, und so hat ein ereignisloser, schon fast langweiliger Sommer, lesend zwischen den Bäumen im Park, ja auch sein Gutes. Weil es mit dem Menschen so ganz ohne wilde Tiere ja aber auch nichts Rechtes ist, schaut man sich die schwarzen und die roten Stiere schön geschrieben auf Papier an, und spaziert durch die Seiten vorbei an den Krausser´schen Zerklüftungen von Tod und Eros, in denen sich das menschliche Wesen wie Licht in einem Prisma bricht, und die Wirklichkeit ein trügerisches, schwarzes Strahlen gewinnt, vielgestaltig und ebenso verschattet wie sinnlich.
Man überlegt zum wiederholten Male, den abscheulich orangefarbenen Umschlag der hochgeschätzten Autobiographie Hasenclevers Irrtum und Leidenschaft endlich einmal gegen etwas Schönes auszutauschen – und wenn schon kaum mehr etwas Reizvolles zu Lesen im Hause ist, dann klingelt es in aller Herrgottsfrühe an der Tür, man öffnet blind wie eine ganze Armee von Maulwürfen die Tür, und sieht sich einer frischen, rothaarigen Postbotin gegenüber, die ein Päckchen schwenkt.
„Was hab´ ich denn nun schon wieder bestellt?“, denkt es in den verschlafenen Hirnwindungen, man klappt das Päckchen auf…
… und reißt freudig das Geschenkpapier von den „Viktorianischen Ausschweifungen“, mit denen mir ein freundlicher Leser aus Österreich einen Wunsch von meinem Wunschzettel erfüllt hat .
Seien Sie herzlich bedankt!
Da schon von Stierkämpfen und Ausschweifungen die Rede ist: wäre jetzt nicht ein kleiner Listenplatz frei für Bataille ? ;o)
(Oh, Verzeihung, ich erwähnte es wohl bereits…)
Na aber bitte sehr!
Gern geschehen. 🙂
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Was man so hört, sollten Sie den aber besser nicht im Kaffeehaus lesen, Frau Modeste.
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Ich habe mit meinem – ansonsten, hoffe ich, recht gesitteten – literarischen Missionierungseifer primär jene Szene nach der Corrida im Sinne (oder sollte ich sagen, im Auge?), bei welcher – nun ja, wie soll ich es ausdrücken…
Das hat – nur verschlüsselter – Hemingway in The Sun Also Rises schon angerissen. Die sexuelle Transgression, Blut- und Opferkulte, Fetischisierung des Stieres – und natürlich der Aficionados und Kämpfer. Die Szene mit dem achtlosen Umgang mit dem Stierfetisch ist fast eins-zu-eins übernommen. Das Sexuelle ist bei Hemingway natürlich ins Symbolische geschoben, der Roman war wegen seines Nihilismus dennoch ein Skandal (1925). Wäre vielleicht wirklich interessant, beide Werke noch einmal parallel zu lesen.
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Au ja! Nette Idee!
Bataille, den ich nach anderthalb Jahrzehnten nur noch vage in Erinnerung habe, lacht mich frisch erstanden vom Nachttisch aus an, und Hemingway könnte man sich ja aus einer verschlafenen Berliner Stabi holen. (Alles aber nach Dienstagabend, wenn das tosende PDF-Gewitter endlich überstanden ist…)
(Als (linkshändiger ;-)) Skorpion neige ich persönlich natürlich eher von Haus aus zu den „plutonischen“ Mythen, die sich um Tod und Erneuerung ranken.)
@booldog, als Seelenverwandter seist Du gefragt: Hast Du eigentlich den
Cthlulhu-Mythos gelesen?
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Äh – nein. Lovecraft ist nicht so meine Ecke, offen gestanden.
Sollte ich?
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Dass Bataille, Herr Booldog, nicht auf meiner Wunschliste steht, hat einen ganz simplen Grund: Die zwei Bände Bataille, deren Einen Sie mir empfehlen, habe ich schon vor Jahren aus einer antiquarischen Bücherkiste gezogen, und auch der genannte Hemingway fristet zwischen Heine und Hermann ein fröhliches Leben in meinen Regalen. Einer synoptischen Wiederbegegnung mit diesen beiden durchaus geschätzten Werken stünde also nichts entgegen, aber erst einmal lege ich mich mit den Viktorianischen Ausschweifungen in den Park.
Interessant wäre die Zusammenschau, Herr Kid, allerdings sicherlich, zumal ich für die Schönheit und Tiefe des Stierkampfes in Realität wie Literatur einiges über habe. – Haben Sie mal daran gedacht, sich statt eines Axlotls einen Stier zu halten?
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Wenn darin Eros mit (fast) tödlicher Verletzung und Verwandlung bis zur Kenntlichkeit einher geht, wäre es eine Erwägung wert.
(Auf solchen Kitsch fahre ich peinlicherweise ab. 😉 *hüstel*)
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Ach, Sie sind das! Wie reizend – und nochmals herzlich Dankeschön!
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Manchmal könnte man fast den Eindruck gewinnen, Frau Modeste sei eine der wenigen Blogger, deren Sternzeichen nicht Zwilling oder Skorpion ist. Allmählich wird das ja langweilig mit diesen vielen Piekse-Viechern. 😉
Sagen Sie mir jetzt bitte nicht, dass Sie so einen plutonischen Aszendenten haben.
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Frau Arboretum, ich bitte Sie! Frau Modeste ist skorpionisch (gleich plutonisch) bis zum oberen Anschlag, auch wenn es der aus ihrem Geburtstag ersichtliche Sonnenstand nicht verrät! Muß sein! Das liest man doch förmlich aus allen ihren Beiträgen heraus!
[Edit: Jetzt sehe ich es erst: die Frage galt ja gar nicht mir! Gott, wie peinlich!]
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Jungfrau ist ja leider das so ziemlich ödeste Sternzeichen, das man überhaupt mit sich herumtragen kann: Staubtrocken, pedantisch und phantasielos von hier bis Sydney – als ich das erfahren habe, habe ich spontan beschlossen, mich nicht für Astrologie zu interessieren, und kenne meinen Aszendenten schon deswegen nicht.
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Seien Sie dankbar für Ihr Desinteresse! In meinem Fall war es kindliche Selbstverteidigung, die herumliegenden Bücher meiner Mutter selbst zu lesen eine Art Flucht nach vorne – Depressionsabwehr gegen böse Mächte von oben, die auf das Leben meiner Frau Mama (und meines) angeblich sinistre Einflüsse hatten.
Danach hat mich als Programmierer ein Stück downloadbare Freeware in den Bann gezogen – als eine Art Renaissance – und ich mußte schließlich fasziniert feststellen, daß ich dem Kraken- bzw. Spinnen-Archetyp, den ich angeblich in meiner Asthmatikerseele trage, außerhalb meiner Psyche in Gestalt von Frauen begegne, die starke Plutoaspekte auf Sonne und/oder Mond aufweisen. Oder auf Mars/Venus. Und inzwischen kann ich fast Wetten auf bestimmte Konstellationen abschließen.
(Diese dicken
brunzgelben Schwarten von Herrn C.G. Jung in der Stabi haben natürlich auch ihren Teil dazu beigetragen, mich zu versauen. Sei zu meiner Verteidigung angemerkt…)REPLY:
Psst, Frau Modeste, das (bl)ödeste Sternzeichen ist doch Steinbock. 😉
Jungfrauen sind blitzgescheit und können außerdem phantastisch kochen. Und phantasielos sind die kein bisschen. Ich jedenfalls kenne nur humorvolle, warmherzige Jungfrauen.
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Modeste, es ist auch nicht immer leicht Skorpion zu sein, wobei der Kulturhistoriker in mir aber weiß, das Horoskope eigentlich nur den richtigen Zeitpunkt für Aussaat bestimmter Getreidesorten festlegten und alles Übrige an der Astrologie bodenloser Unfug ist. Insofern ist mir jeder Stern schnuppe.
@booldog: Da geht es um völlig Anderes, nämlich extremen Horror, der bedingt ist durch die Unfähigkeit der Menschen, völlig fremdartige Lebensformen begreifen zu können. Das Besondere ist aber die raunend-indirekte Sprache, die den Horror durch das Nichtrichtigaussprechen dessen, was los ist, erst wirksam werden lässt.
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Die linkshändigen Skorpione sind die schlimmsten. Ich darf das, glaube ich, sagen. Plutonische Konstellationen sind im übrigen das A und O.
Frau Modeste, ein Stier statt eines
LustmolchsAxolotl? Der könnte mir sicher auch noch was Vitalistisches beibringen. Ich denke, Bataille hätte den Stier gewählt. Aber brauchen die nicht furchtbar viel Auslauf?REPLY:
Die linkshändigen Skorpione sind die schlimmsten.
Ach, was. Sie alle wollen sich doch nur wieder interessant machen, von wegen düster und gefährlich und so.
Ich war mal mit einem linkshändigen Skorpion zusammen, der war sehr liebevoll. Er war allerdings reichlich chaotisch und fürchterlich unpünktlich („ich komme gleich, ich packe nur noch das Weihnachtsgeschenk für Dich ein“ – zwei Stunden später war er immer noch nicht da), verstand es aber, mich auch wieder zum Lachen zu bringen, wenn ich dann irgendwann doch etwas entnervt war. Es gab allenfalls ein düsteres Geheimnis, das er mit sich herumschleppte, aber sowas ist bei meinen Gefährten eigentlich normal, hat nix mit Sternzeichen zu tun.
REPLY:
Nicht nur sind sie die schlimmsten, sie
geidelektieren sich auch noch dran! 😉Mit dem Axolotl haben wir schon den literarischen Dreier: dann kommt nämlich noch Karel Capeks „Krieg mit den Molchen“ ins Spiel!
Illuminatus lohnt es sich besonders mit 40 zu lesen, dann erst werden einem die
Feinheiten klar. Übrigens sollte man zum besseren Verständnis vorher „Cthlulhu“,
„Berge des Wahnsinns“, „Hüter der Pforten“ und „Ulysses“ gelesen haben.
Pratchett at it´s best: Sein Gemeinschaftswerk mit Gayman „ein gutes Omen“
@booldog: Denk nicht so sehr an die Nerds, die Herr der Ringe- und Pratchett-Leser, die ich so kenne, sind Punks und Metalfreaks mit akademischem Hintergrund.