Seit der völlig missglückten Installation, die bei der Castorf-Inszenierung von „Kokain“ die Bühne verunzierte, habe ich über den Künstler Jonathan Meese die denkbar schlechteste, am Rande der letztjährigen Art Forum eindrucksvoll bestätigte Meinung. Was ich von Bernd Eichinger halte, ist gleichfalls mit Worten gar nicht mehr auszudrücken, und andere Möglichkeiten, Daniel Barenboims bestimmt großartigen Parsifal in der Staatsoper aufzusuchen, sind gegenwärtig leider nicht ersichtlich.
„Ihr seid ein paar fürchterliche Bildungssnobs.“, kommentiert die C. meine Klagen und stochert in ihrer Portion übelriechendem Eiersalat. „„Eure Begeisterung für egal was sinkt exponentiell, je mehr andere Menschen irgendwas schätzen.“ „Das stimmt nicht.“, sage ich. Ich habe nichts gegen schwedische Krimis, blutrünstige Videospiele oder Radiomusik. Ich muss nur nicht daneben sitzen.
„Das Problem ist doch, dass es gegenwärtig einen Konsens der Populärkultur gibt, in dem man ohne weiteres zum Besten geben kann, Mireille Mathieu anzubeten oder webbasierten Fußballmeisterschaften verfallen zu sein. Tut man dann den Mund auf und sagt seine ehrliche Meinung über derartige Machenschaften, so unterfällt man auf der Stelle dem Generalverdacht, sich in arrogantester Art und Weise über andere Menschen erheben zu wollen.“, T. schnüffelt an seinem Kaffee. „Solche Leute kennt ihr doch überhaupt nicht.“, hält C. dagegen und schiebt sich eine Scheibe Wurst in den Mund. „T. hat schon recht,“, sage ich. „Aber vermutlich war das niemals anders.“ T. bestreitet. Die kulturelle Hegemonie des Trashes habe auf jeden Fall zugenommen. Der Müll sei nicht neu, aber die Bekenntnisfreude der Müllanhänger wachse mit jedem Tag an. Erklärt man etwa im Kollegenkreis, Robbie Williams zu verehren, so macht sich derjenige, der die Augen verdreht, vor aller Welt zum arroganten Trottel. Erklärt man aber über seiner Pizza eine tiefe Liebe zur Barocklyrik, so hebt ein infernalischer Chor an, der erklärt, gerne mal im Urlaub ein gutes Buch zu lesen, aber im Alltag einfach zu beschäftigt zu sein. Möchte man sich im Rahmen seiner Zwangsgemeinschaft komplett unmöglich machen, weist man auf den zeitlichen Einsatz hin, den dieselben Menschen ihrem Fernsehgerät widmen müssen, um das alles zu sehen, über das sie am Kaffeeautomaten Urteile abgeben.
„Manchmal kommt man sich vor wie die computerspielenden brilligen Kofferträger in der Mittelstufe.“, beklagt der T. sein Schicksal als Bildungs-Nerd. „Stellt euch nicht so an.“, lacht die C. „Euch geht´s doch blendend.“
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