Samstag, 8. August

Wie lang so ein Tag ist. Ich schlafe bis zehn und triumphiere über alle, die mir gesagt haben, dass sei nach ein paar Jahren mit Kind gar nicht mehr möglich. Dann dusche ich sehr lange und fahre zum Friseur.

Ich führe seit Jahren einen langen und im Wesentlichen vergeblichen Kampf um meine Haare. Ich bin Asiatin, ich habe also sehr, sehr viele Haare und sehr, sehr dicke Haare, und im Sommer habe ich deswegen regelmäßig eine Art schwere, warme, schlappe Katze auf dem Kopf. Wenn ich ein paar Monate nicht beim Friseur war: Eine riesengroße Katze. Eine Katze, die sich Versuchen, sie zu domptieren, regelmäßig entzieht, insbesondere, wenn der Dompteur den an sich ehrenwerten Beruf eines Friseurs ausübt.

Heute aber soll alles anders werden. Ich wechsele den Friseur. Mein neuer Coiffeur soll ein Spezialist für dicke Kopfkatzen sein. Pünktlich um 13.00 Uhr – frisch geduscht und gleichwohl schon wieder total verschwitzt – stehe ich beim japanischen Friseur Hoshi Coupe  am Hackeschen Markt in der Tür. In den nächsten sechzig Minuten sehe ich nicht einen ethnischen Europäer, verliere mindestens einen Liter Flüssigkeit und ein Pfund Haare, aber als ich wieder vor der Tür stehe, bin ich recht zufrieden. Darauf eine Spicy Tuna Roll mit Salat und Himbeerlimonade.

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Zu Hause angekommen dusche ich wieder. Die ganze Stadt kocht, brodelt, wirft Blasen und glänzt faul, aber appetitlich in der Sonne. Ich sitze ein bisschen auf dem Balkon, rieche am Lavendel, trinke ein großes, kaltes Glas Kaffee, und dann fahre ich los. Die Danziger abwärts, über die Oberbaumbrücke, obwohl das ein Umweg ist, und dann die Skalitzer hoch, über den Landwehrkanal zur Frau Engl. Das mache ich nämlich jedes Jahr und esse dann ihre Tomaten. Dieses Jahr finde ich ihre Wohnung auch sozusagen auf Anhieb, zum ersten Mal eigentlich in zehn Jahren, und triumphiere. Ich bin quasi pünktlich.

Als ich Frau Engl verlasse, schiebe ich mein Rad langsam die Weserstraße entlang. Rechts und links sitzen sehr junge Menschen auf Stühlen und Bürgersteigen und trinken Bier. Heute Abend wäre auch ich gern noch einmal jung und hätte die ganze Nacht noch vor mir, aber dann trinke ich doch nur ein alkoholfreies Bier im Gehen und stehe lange an der Spree, die fließt, als wären die vielen Jahre noch nicht vorbei.

7 Gedanken zu „Samstag, 8. August

    1. Das wäre was, mal für ein paar Tage als jemand anders herumlaufen, mit anderen Augen, Haaren, Bäuchen. Würde mich sehr reizen, ist leider nicht drin.

  1. Auch wenn es bei mir lediglich ein Bärenfell und keine Katze ist: Ich landete mit 19 in den Händen der Eichstätter Friseurinnungsmeisterin. Diese begutachtete mein Haar und meinte dann: Wie gut, dass ihre jüngste Fortbildung auf den Philippinen und mit dortigen Modellen stattgefunden habe.

  2. Im Frühling auf kurzstrubbelig runterstutzen … im Herbst/Winter wärmt die Katze dann wieder etwas. Ist auch kostengünstig.

    Aber ich als Kerl hab auch leicht reden, ist ja egal wie ich aussehe.

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