Über Liebe

Der rätselhafte Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung

„Wahrscheinlich hat sie ihm jeden Tag gesagt, dass sie bald heiraten will.“, spekulierte der J. über die genaue Ursache des Endes der letzten Beziehung meiner lieben Freundin B.³. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“, erklärte ich trotz durchaus bestehender leiser Zweifel, aber was auch immer emotionale Überforderung aus dem Munde eines Mannes bedeuten mag, die B.³ jedenfalls sucht seit Monaten vergeblich nach einem netten Herrn, der ihr die Freizeit versüßt, und ist, nicht als erste meiner Freundinnen, dabei auf eine jener Plattformen verfallen, die in den nahezu endlosen Weiten des Internets paarungswilligen Personen die Kontaktaufnahme erleichtern oder gar erst ermöglichen sollen.

„Wie läuft denn die Privataquise?“, frug ich die B.³ also im Zuge eines längeren Telephongesprächs und erfuhr folgende Geschichte:

Per Mail und schließlich per Telephon zeigte sich ein 36 Jahre alter Ingenieur als eloquent, nicht uninteressant, einigermaßen zugetan den schönen Künsten, und so fiel kaum mehr ins Gewicht, dass jener irgendwann im Verlaufe der wochenlangen Kommunikation zugab, bereits einmal verheiratet gewesen zu sein und einen vierjährigen Sohn zu haben. Man mailte ein wenig herum, man schrieb sich reizende SMS, und am Donnerstag begab sich die B.³ also zum vereinbarten Treffpunkt, einem Café. Außer ihr saßen in dem Café ein älteres Ehepaar und eine junge Frau, und als die Tür des Cafés sich einige Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt öffnete, konnte es sich bei dem Neuankömmling eigentlich nur um den Herrn aus dem Internet handeln. Dem ausgetauschten Bild sah der hagere, ungefähr 1,70 Meter große Mann zwar eher vage ähnlich, aber die B.³ erhob sich, ging ein paar Schritte auf den Herrn zu, um ihn zu begrüßen, und sprach einige Worte, denen ungefähr zu entnehmen war, sie sei die B.³, und freue sich, ihn kennenzulernen. Irritiert sah der Mann die B.³ an.

„Sind wir hier nicht verabredet?“, fragte die B.³, nun selber ein wenig erstaunt, und nannte noch einmal klar und deutlich ihren Namen. „Ich glaube nicht.“, brachte der Mann heraus und verließ das Café wieder.

„Aber der wusste doch vom Photo, wie du ausschaust!“, wies ich die Vermutung der B.³, der Fremde sei aus Enttäuschung über ihr – im Übrigen nicht unansprechendes – Äußeres wieder gegangen. „Vielleicht war er`s gar nicht.“, spekuliere ich selber ein wenig herum. „Hast du ihn mal angerufen?“, – Sie hatte. Der Herr aus dem Internet sei jedoch seit Donnerstag nicht erreichbar gewesen, und eine E-Mail der B.³ harre noch der Beantwortung, die sie jedoch nicht mehr erwarte.

„Das macht doch alles keinen Sinn.“, zerbrach ich mir den Kopf weiter über mögliche Ursachen des merkwürdigen Verhaltens des unbekannten Mannes aus dem Café. „Vielleicht hat er mich angelogen, ist gar nicht geschieden, und dann hat ihn der Mut verlassen, mir face to face weiter einen Bären aufzubinden?“, wirft die B.³ einen Vorschlag in die Runde. „Wer sowas wochenlang per Telephon und Mail durchhält, dürfte live da auch keine Probleme haben.“, erkläre ich die Überlegung für unwahrscheinlich. „Oder der macht das zum Spaß.“, meint die B.³, indes dürfte sich das Vergnügen, fremde Frauen nach wochenlanger Kommunikation in Cafés zu bestellen, schon eher in Grenzen halten.

„Was hältst du von der Geschichte?“, frage ich eine andere Freundin eine halbe Stunde später. „Im Internet sind doch nur Verrückte unterwegs.“, kommt es prompt aus dem Hörer.

„Leuchtet mir auch nicht richtig ein.“, sage ich und zerbreche mir weiter den Kopf über die Lösung des Rätsels.

Pardon, Monsieur…

… natürlich auch im Namen meiner Freundin A., Sie wissen schon – die schlanke, blonde aus der Berlin Bar mit den beiden dunkelhaarigen Freundinnen. Die beiden Begleiterinnen, die B.³ und mich nämlich, völlig klar, würden Sie auf der Straße nicht erkennen, aber die A., die haben Sie den ganzen Abend angeschaut, als sei Ihnen die Heilige Jungfrau beim Duschen erschienen, und es war gar nicht schön von der A., Sie so ausgelacht zu haben.

Sie saßen also da herum, tranken etwas, was aussah wie Gin Tonic oder so, und starrten die A. ein wenig verstohlen aus dem Augenwinkel an, die wie immer ein bißchen zu laut ihre Weihnachtsgeschenke wiedergab, Zusammentreffen mit alten Schulfreunden referierte, und ein paar Anekdoten ihrer früheren Jugend erzählte, in der so viele Männernamen fielen, dass Ihnen eigentlich Angst und bange hätte werden müssen.

Stumm und ein wenig verdrießlich saß die B.³ neben der A., meditierte ein schon eher ereignisloses Jahr 2005 in ihr Glas, und alle Aufmunterungen prallten völlig wirkungslos von ihren glatten braunen Haaren ab. „Wäre der da nichts für dich?“, piekte die A. sotto voce die B.³ schließlich in die Seite und deutete mit einer Kopfbewegung auf Sie, und einen Moment taten Sie mir richtig leid, und wenn mich nicht alles täuscht, sind Sie sogar ein wenig errötet. „Schaut ein bißchen fad aus, aber immerhin vernünftig angezogen, und mit den Haaren kann man bestimmt was machen.“, pries die A. Ihre Erscheinung der B.³ an, und Sie schauten ein wenig verdattert und ziemlich verlegen in der Bar herum.

„Hey, du!“, beugte sich die A. dann auch noch vor und sprach Sie direkt an, und bat um Ihre Telephonnummer. „Du willst mich anrufen?“, stotterten Sie, und die A. schüttelte lachend den Kopf. „Ist für meine Freundin! Die findet dich ganz toll.“, und Sie schauten die B.³ vermutlich zum ersten Mal überhaupt richtig an und würgten ein paar Laute hervor, die Ihnen mindestens ebenso peinlich waren wie der B.³, die blutrot angelaufen zwischen der A. und mir saß, sterbend vor Verlegenheit, und krampfhaft auf ihre Stiefel starrte.

„Tja, so wird das nie was.“, kommentierte die A. Ihr Schweigen, wandte sich wieder ihrem Glas zu, und Sie pressten ein paar Worte aus Ihrem Mund, die ungefähr lauteten „Ihr macht doch Witze, oder?“, und es war nicht schön von der A., dermaßen laut zu lachen, dass der ganze Laden sich nach ihr umdrehte. Dass die dritte am Tisch, also ich, angesichts der ganzen Burleske auch noch anfangen würde, laut herauszuprusten, war da wohl gar nicht mehr so schlimm.

Eine Stunde später oder so, Sie waren längst verschwunden, hatte sich die B.³ dann immerhin soweit erholt, dass sie irgendetwas in ihr Glas nuschelte, dass klang wie „Mit dir hätte er sich sofort verabredet.“, und die A. fröhlich zurücktrompetete: „Aber ich nicht mit ihm!“

Aber das haben Sie ja zum Glück nicht mehr mitbekommen.

Das Meer wäscht uns aus

Die ganze Nacht hatte der Sturm das Meer umgegraben, und das sommerliche Blau nach unten gespült. Grau und aufgerissen starrte der Ozean uns entgegen, an diesem Sommermorgen morgens um fünf, und am Strand lag der Abfall der See, den das Wasser aufs Land geworfen hatte. Mit nassen Hosen, frierend auf dem feuchten, harten Sand, tranken wir die Flaschen leer und rauchten, als gelte es, unbekannte Mächte mit Brandopfern zu versöhnen. Ein paar Meter entfernt hatte es einen Rinderschädel mit eingedrückter Hirnschale aufs Trockene gespült, ein paar Quallen und alte Seile dazu, und zwischen den Muscheln lagen die Reste brauner Knochen, keiner länger als drei, vier Zentimeter. Vor uns lag die Nacht noch in schweren Wolken über den Wassern, und mit geschlossenen Augen ließ ich mich in den Sand fallen, müde von den vielen Worten, und blies den Rauch der Zigarette in die scharfe, salzige Luft.

„Nur bis zu den Knien.“, hörte ich den J.² sagen, die kurzen Antworten des R., und schlug die Augen auf. „Ich komme mit.“, sagte ich, und ließ die Jeans am Strand, wo der R. auf uns wartete. Das Wasser fühlte sich kälter an als am Vortage, schwerer, als hätte der Sturm die Masse zusammengepresst und verdichtet. Stumpfgrün zog das Meer an unseren Beinen, und Hand in Hand gingen wir der Dunkelheit entgegen bis das Wasser mir bis zur Hüfte reichte und kraftvoll zurückwich, um Sekunden später zurückzukehren und mir ins Gesicht zu schlagen. „Lass uns umkehren.“, zog der J.² an meinem Handgelenk, und ich schüttelte den Kopf. Ein paar Meter hinter mir blieb er stehen.

Immer ziehender wurde das Meer, die Wellen schlugen zusammen über meinem Kopf und trieben mit ihrem Salz den bitteren, betäubenden Geschmack der Nacht aus meinem Mund. Für Sekunden hob ich die Beine vom Boden, um mich wegtragen zu lassen, der Nacht hinterher, und setzte Schritt für Schritt den Weg fort, der Mitte des Meeres entgegen, wo es dunkel werden würde und kalt.

In der Mitte aber, in der Mitte des Meeres auf einem Stein, säße einer mit abgewandtem Gesicht, und würde auf mich warten. Auf seinem Schoß würde ich sitzen, das Gesicht in seine Halsbeuge gepresst, und mich festhalten an seinen Schultern, und er würde Stück für Stück mir das Fleisch von den Armen beißen, bis nichts mehr über wäre, und der nächste Sturm die Knochen an den Strand spülen würde.

Keiner länger als ein paar Zentimeter.

Die E-Mail-Exegese

„Ruft sie dich auch die ganze Zeit an?“, fragt mich die A., ich bejahe, und die A. macht sich ein klein wenig lustig über die gemeinsame Freundin B.³, die der jüngst geschlossenen Bekanntschaft mit einem jungen Herrn eine Relevanz beizumessen scheint, die angesichts des bisher mäßigen Grades an Vertrautheit nur durch die Seltenheit zu erklären ist, mit der überhaupt Männer im Leben der B.³ auftauchen, denn besonders gutaussehend oder originell, so die A., sei der betreffende Herr ja anscheinend nicht. Vor den Kühlregalen bei MINIMAL in der Kulturbrauerei habe die B.³ ihn aufgelesen, vernehme ich, im Café November um die Ecke habe man einen Kaffee getrunken und war sich so sympathisch, dass immerhin ein abendliches Bier und eine weitere , zunächst unterminierte Verabredung aus dem Zusammentreffen resultierten. Nicht nur die B.³ allerdings ist eine durchaus vielbeschäftigte Person, auch der Herr aus dem Supermarkt verbringt viele, viele Stunden in seinem Anzug hinter dem Schreibtisch, und so versuchen die B.³ und ihr neuer Bekannter per E-Mail schon seit Anfang der Woche einen Termin zu finden, an dem beide gleichermaßen verfügbar sind.

„Hallo B.³,“, schreibt der interessante junge Herr beispielsweise am Montagmorgen und schlägt den Donnerstag vor. Der Donnerstag, teilt die B.³ auch mir in einer Mail über den Stand der Dinge mit, sei leider miserabel, denn da käme sie so spät aus Frankfurt am Main wieder, dass eine Verabredung einzugehen schierer Blödsinn wäre. Das schlichte „Hallo“ der Grußzeile allerdings sei doch ohnehin ein fast sicheres Zeichen, dass der Herr aus dem Supermarkt gar kein weitergehenderes Interesse habe? Was ich denn davon hielte, denn „hallo“ schriebe man doch wirklich nur, wenn man gerade nicht dabei sei, sich zu verlieben? Und was haben „schöne Grüße“ zu bedeuten?

Ein klein wenig ratlos sitze ich vorm Rechner und überlege, ob es einen Kodex der emotionalen Interessengrade gäbe, in dem jedem Grad an Interesse eine bestimmte Anrede- und Grußformel zugeordnet ist, und komme zu durchaus negativem Ergebnis. „Das hat bestimmt gar nichts zu bedeuten.“, schreibe ich deshalb zurück, und sehe eine knappe halbe Stunde später erneut eine E-Mail einlaufen. „Liebe Grüße“, habe man ihr soeben gemailt, und mangels Alternativen nun doch den Donnerstagabend als Option mit vorheriger telephonischer Bestätigung vereinbart. – „Liebe Grüße“ indizierten doch aber ein gesteigertes Interesse gegenüber nur schönen, besten, vielen Grüßen? Die A. könne sie da leider nicht konsultieren, die habe sich weitere Nachfragen wegen Irrelevanz verbeten, und die B. sei gerade nicht erreichbar.

„Ich glaube nicht, dass sich Männer über solche Fragen Gedanken machen.“, maile ich zurück, und überlege, ob ich selber, wenn auch durchaus weiblich, mir eigentlich zu irgendeinem Zeitpunkt meiner an unnötiger Aufregung ja immerhin reichen Biographie auch noch über diese Fragen Gedanken gemacht hätte, und komme zu negativem Ergebnis: Oberhalb der „freundlichen Grüße“, die auch dem Landgericht Berlin gelten können, und unterhalb eines schmachtenden „Lieblings“ fällt mir die Grußformel normalerweise nicht einmal auf, und auch die eigene Anrede wie Unterzeichnung gehört nicht zu den Dingen, denen meine Geistestätigkeit gilt. Auf der anderen Seite mag es gerade die unbewusste Wahl der Gruß- wie Anredezeilen sein, die den gewählten Formen Bedeutung unterlegen, denn vielleicht manifestiert sich gerade im Spontan-Unkalkulierten der Grad an Vertrautheit, der entweder besteht oder erstrebt wird? Indes, gebe ich der B.³ zu bedenken, seien die individuellen Abweichungen zu groß, um allgemeingültige Schlüsse aus diesen Umständen zu ziehen – schreibt doch etwa unsere liebe A. alle ihre Freunde beiderlei Geschlechts mit „Schätzchen“ an, derweilen die einzige „Süße“ meines Begrüßungsrepertoires mein Schwesterchen ist und bleibt. Die „lieben Grüße“ pinsele ich unter manche E-Mail, die eben lieben Menschen gelten, während die C. selten über ein knappes „VG – C.“ hinausgeht.

Möglicherweise denke ich, ist aber auch der betreffende Herr derlei Subtilitäten nicht abgeneigt, und signalisiert der B.³ auf diesem Wege doch mehr, als ich in aller Regel verstehe? Wie viele dezente Signale von Interesse und Desinteresse mag ich in den letzten 15 Jahren übersehen haben, die ich mich normalerweise ausgiebig lediglich mit der Tatsache, was und wann geschrieben wird, beschäftige? Ich, die ich mit der Konsequenz sofortiger Kontaktverweigerung die Wände hochgehen kann, mailt das Opfer meines aktuellen Interesses zu spät, zu selten, und zu knapp auf ausführliche Schreiben meinerseits – sollte ich eine komplette Kommunikationsebene einfach übersehen haben?

„Alles Quatsch.“, meint die A., und rät als erfahrene Pistensau auf den Schneisen fremder Herzen zu einer ebenso unaufgeregten wie offenbar erfolgreichen Verfahrensweise: Immer einen Grad weniger vertraulich als der andere. Und immer einen Tag zu spät.

„Und das klappt?“, frage ich ein wenig verblüfft über die Schlichtheit des erfolgreichen Liebeslebens. „Bei mir ja.“, antwortet die A., und hat den Pferdefuß damit praktischerweise gleich miterwähnt.

Sträuße, doch die Blätter fehlen

Er kam nicht. Vergeblich wartete ich auf ihn vorm Kino, sah den Paaren hinterher, die stetig weniger wurden, und schließlich blieben auch die Nachzügler aus. Das Mädchen hinter der Kasse schaute mich an, zuckte fragend mit den Schultern, packte zusammen und verschwand. Ich schloss mein Rad vom Fahrradständer und fuhr die drei Kilometer bergan bis zu seiner Wohnung.

„Bist du da?“, rief ich in die dunkle Türöffnung. Die Wohnung blieb still. Das große Zimmer schien leer. Ich würde hier auf ihn warten, beschloss ich, setzte mich aufs Sofa, blätterte ein wenig in den Zeitungen, und ging eine kleine Weile später in die Küche, um mir einen Kaffee zu kochen, damals, als ich den Kaffee noch vertrug. Er saß unterm Tisch.

„Was tust du da?“, fragte ich. „Geh weg.“, sagte er, schluchzte auf, und drehte mir den Rücken zu. In Krämpfen zuckten seine Schultern, ich kniete mich neben ihn und streichelte ihm vorsichtig über die Arme. „Alles in Ordnung?“, fragte ich, obwohl sichtbar, spürbar alles ganz und gar nicht in Ordnung war. Als hätte ich mit meiner Berührung einen Hebel umgelegt, wurde sein Weinen lauter, den Kopf zog er zwischen die Beine und schrie etwas in den Jeansstoff, das ich nicht verstehen konnte. „Komm da raus!“, schrie ich ich an. „Mach das Licht aus.“, sagte er, und taumelte unter dem Tisch hervor. In der dunklen Küche standen wir uns gegenüber, mit einer Hand hielt er sich an der Kante der Küchenplatte fest, und die dunklen Haare fielen ihm glatt und ein wenig zu lang in die Stirn. Er sah an mir vorbei durch die Küchentür und fixierte irgendetwas, was ich nicht sehen konnte. Minutenlang standen wir uns gegenüber.

Vielleicht hätte ich ihn umarmen sollen an diesem Julitag vor fast zehn Jahren. Vielleicht hätte ich einfach gehen sollen, seinen Schlüssel auf den Tisch legen, und drei Treppen abwärts auf jeder Stufe ein Gramm Liebe liegenlassen sollen. Statt dessen schrie ich ihn an. „Nimm dich zusammen!“, brüllte ich, oder so. Vielleicht auch: „Ich will nicht, dass du so bist.“, was eine glatte Lüge war, aber auch das würde ich erst Jahre später wissen. An den lose an seine Seiten baumelnden Armen zog ich ihn ins Bad, schrie immer lauter, ich weiß nicht, was, und drängte ihn, der 1,90 Meter groß war und athletisch dazu, in die Dusche. Er sah mich nicht einmal an, als der Wasserstrahl kalt seinen Körper herauf und herunter fuhr. Nass und schwer hing sein Polo-Shirt an ihm, und von seinen Schuhen zogen braune Schlieren Richtung Ausguss. Er sprach kein Wort und sah den Schlieren nach, die heller wurden und schließlich aufhörten, das Wasser zu verfärben.

Irgendwann ging ich.

„Gestern ging´s mir nicht so gut.“, sagte er am nächsten Morgen, scherzte wieder, lachte mich ein bißchen aus, zog mich an den Haaren, die damals so lang waren, dass ich sie ihm einmal um den Hals wickeln konnte, und las mir vor. Am Abend machten wir Pläne, überlegten, wieder nach Sylt zu fahren, wo wir uns getroffen hatten ein paar Wochen zuvor, oder nach Rom oder überhaupt irgendwohin. Am nächsten Tag aber blieb sein Anruf aus, auch am übernächsten Abend hatte ich nichts von ihm gehört, und als ich eine Woche später vor der Tür stand, forderte er seinen Schlüssel zurück.

„Du saugst mir die Seele aus.“, sagte er, und schloss die Tür von innen. Viel später, Stunden später, stieg ich langsam die Treppen herab, lauschend, ob er mich nicht doch zurückrufen würde.

Die Tür aber blieb geschlossen.

Schade um die Liebe

Strohdumm sei er, erzählt die Freundin am anderen Ende der Leitung, aber schön wie ein griechischer Gott, wie er da gesessen sei im ICE, unterhalten habe sie sich einmal quer durch die Republik mit diesem Berliner Schauspieler, auch wenn´s nicht einfach gewesen sei konversationshalber, denn ein Riesenrindvieh sei der gute Junge, aber ein sehr sehenswertes, und man sei schon fast handelseinig.

Noch im Schwarzwald habe er ihren Koffer in die Gepäckablage gehoben, und sie habe den Sitz ihm gegenüber eingenommen. Über dem Austausch grundlegender Personalien und der allgemeinen Redensarten über Restaurants, Parties oder Personen der Zeitgeschichte – die ja der eigentlichen Konversation nach der Sitte dieses Landes stets vorangehen – sei man schon vor Erreichen des Rheinlandes bei der Zukunft, der Liebe und der Vergangenheit angelangt, habe sich noch im Ruhrgebiet eine geradezu übermäßige Sympathie versichert. Ungefähr auf Höhe Ostwestfalens habe sie allerdings den kapitalen Fehler begangen, ihren Freund, wenn auch sehr dezent, zu erwähnen, und das habe ihn fast bis Wolfsburg beschäftigt, denn nicht noch ein weiteres mal möchte der griechische Gott sein Herz einer Dame übergeben, die ihrerseits nicht voll und ganz willens sei, jenes Organ ihm zu übereignen. Im Nichts zwischen Stendhal und Berlin habe sie ihn durch einige gezielte Desinformationen, die ja, wie niemand besser wisse als ich, ohnehin so gut wie wahr seien, wieder beruhigt.

„Und jetzt?“, frage ich, und die Freundin lacht leise ein wenig in den Hörer. Verlieben werde sie sich selbstverständlich nicht in einen Menschen, dessen IQ nur knapp über dem ihres Kleiderschrankes läge. Für eine Affäre dagegen sei der gute Junge geradezu die ideale Besetzung.

Ihr Freund? Ja, den werde sie nicht auf der Stelle abschaffen. Sie kenne sich, sie sei ein mieser Single, und so werde sie die Sache langsam auslaufen lassen. Sie habe es satt.

Einen Moment ist es still in der Leitung, und ich erinnere mich an die aufgeregten Telephonate nach den ersten Treffen vor einigen Jahren, den Jubel nach dem ersten Kuss, der ersten Nacht, dem ersten Urlaub. Die Tränen nach dem ersten Streit, die ersten Irritationen wegen seiner zu spärlichen Anrufe, ihre Wünsche, seine Eltern und seine Freunde kennenzulernen, denen zu wenig und zu spät entsprochen wurde. Seine Unfähigkeit, seine Freizeit ein wenig auch nach ihren Wünschen auszurichten. Ihr Ärger, weil er stets dann auftauchte, wenn er ausgefeiert, fertig und müde bei ihr auf dem Sofa lag. Ihre große Wohnung, in die er nicht einziehen wollte und blieb in seinem Kreuzberger Loch. Die vielen Wochenenden, an denen sie zu lange auf ihn wartete, und alle Freunde längst verplant und vergeben waren. Die Einladungen, zu denen er dann doch nicht mitkam, die Freunde, die er nicht mochte. Die vielen verjammerten Nächte mit Freundinnen auf den Bänken im Visite ma tente und im 103, im Wohnzimmer und im kakao. Die Klagen, es werde nicht besser. Die Ankündigungen, sie werde wieder mehr ausgehen, anderweitig suchen, und irgendwann finden.

Schade um die Liebe, denke ich.

Das Halbe und das Ganze

Am Abend, wenn in allen Apfelblüten schon der Mond hing, saß mein Vater in dem Sessel neben meinem Bett und las vor. „Weit draußen im Meer,“, las er, „ist das Wasser so blau wie die Blätter der schönsten Kornblume, und so klar wie das reinste Glas….“, und ich zog mir die Decke bis unters Kinn und schlief ein, bevor die Meerjungfrau zur Meerhexe kam, und lange bevor sie den glatten, glitschigen, nassen Fischleib eintauschte gegen zwei Beine, die bei jedem Schritt schmerzten in ihrer schlanken Eleganz. Am Ende, dass wusste ich, würde der Prinz eine andere heiraten, die ein Mensch war von Anbeginn, aus einem Guß, und die Meerjungfrau würde ganz vergeblich das Wasserwesen von sich geworfen haben, und erst stumm, und dann zu Schaum werden und schließlich vergehen als ein dienender Geist der Luft.

Weinen hätte ich können über die Vergeblichkeit der Opfer, die Sprachlosigkeit der Meerjungfrau mit der zerschnittenen Zunge, und die Blindheit des Prinzen, der die Liebe nicht bemerkte, die da neben ihm schritt. Mag sein, dachte ich vielleicht, bemerkte der Prinz die Liebe der Nixe sogar, aber roch die erzauberte Natur der Beine, ekelte sich vor der Mühsal und der dunklen Magie, die es gekostet hatte, den schillernden Unterleib der Meerjungfrau zu verwandeln, und so kehrte die Meerjungfrau Abend für Abend ins Meer zurück, nicht mehr Meerjungfrau, nie Prinzessin geworden, körper- wie stimmloser Geist. Am Deck des Schiffes stand der Prinz und sah ihr nach, seine Braut im Arm. Der Prinz, wusste ich, würde sie vergessen.

Die Prinzessinnen verschwanden aus den Büchern, die im Nachttisch lagen und auf die abendliche Lesestunden warteten. Die Tiermenschen blieben, wuchsen, verloren die stumme Ergebenheit der Meerjungfrau mit der Sehnsucht nach den roten Blumen, und rasten als Zentauren durch die Wälder meiner Nächte. Als mächtige Ärzte, Erzieher, Giftmischer flüsterten die Zentauren von menschlicher Klugheit gepaart mit tierhafter Energie, von Wildheit, vom rohen Fleisch, das sie nährte. Der Geruch der nassen Pferde nach einem Ritt durch den Sommerregen den Waldrand entlang musste ihrer sein, aber auch die Zentauren verblassten, und in den Büchern, die sich nunmehr neben dem Bett stapelten, wurden die Tiermenschen weniger, keine wilden Schwäne kreuzten den Abendhimmel und warfen bei Nacht ihre Federn ab, kein Gott verwandelte sich in einen schwarzen Stier, die Welt verlor ihre Verzauberung, und nur selten wurde unter den Füßen unter den gedrechselten Tischen im Kerzenschein ein Bocksfuß sichtbar.

Irgendwo aber, weitab von dieser Stadt aus geborstenen Steinen und dem Staub der Baustellen, irgendwo in den Wäldern kämpfen nach wie vor die Zentauren. Ein Stier mit goldenen Hörnern teilt das Wasser. Und der Schaum, in dem die Meerjungfrau vergehen muss, gebiert ein neues Wasserwesen, unverletzlich, ganz, unteilbar und gepriesen von den Stürmen, die nachts übers Meer kommen.

In die anderen Leben hinüber

„Und?“, fragt der T., „Ein neuer Mann am Frühstückstisch?“, und bohrt seine Gabel in sein Stück Mohnkuchen. Ich erläutere das auf einem Missverhältnis von Angebot und Nachfrage beruhende erotische Vakuum, in das ich irgendwie geraten sein muss, und beklage ein bißchen die irritierende Tatsache, dass nette Herren meiner Umgebung noch nicht einmal versuchen, ein bißchen zudringlich zu werden. „Kann ich kaum glauben.“, sagt der T., und der O. nickt ein bißchen zerstreut und schaut der missmutigen Kellnerin zu, die halbherzig ein bißchen an der Espressomaschine herumwischt. „Danke, danke.“, sage ich, ein bißchen gereizt, obwohl der T. für die ganze Malaise eines nicht nur in dieser Beziehung völlig ereignislosen Sommers selbstverständlich nicht das geringste kann.

„Wenn sich bis Weihnachten keiner findet, finde ich dir die Telephonnummer vom S. heraus.“, wechselt der T. den Ton, und bricht in lautes, etwas schrilles Gelächter aus. Der S., so erklärt er dem O., der diese ziemlich lange zurückliegende Episode meines Lebens nicht mitbekommen hat, sei ein völlig indiskutables Geschöpf gewesen. Ein Studienversager zweifelhafter Herkunft und versehen mit dermaßen schiefen Zähnen, dass der T. habe gar nicht hinschauen können. Die liebe Modeste, so erläutert der T. weiter, habe in dieser Hinsicht ab und zu Anfälle einer nur schwer nachvollziehbaren Exzentrik.

Für einen kurzen Moment überlege ich, meine Teetasse einfach an die Wand zu feuern und das Café zu verlassen. „In den S. war ich mal mächtig verliebt.“, sage ich statt dessen mit aller Selbstbeherrschung, die ich besitze, und versuche, das Thema zu wechseln. „Hat der S. nicht sogar geheiratet?“, unterbricht der T. meinen Sermon über Venedig, und macht sich ein bißchen lustig über die Frau, die diesen lang verflossenen Exfreund geheiratet habe, und die keiner von uns jemals gesehen hat. Ob die Dame tatsächlich, wie man mir berichtet hat, der Profession einer Sachbearbeiterin in der Kommunalverwaltung nachgeht, oder ob der Begriff der Sachbearbeiterin lediglich als eine Art Gattungsbezeichnung verwendet wurde – Anlass für den bohrenden Spott des T. bietet die völlig unbekannte Frau offenbar genug, und ich unterbreche seinen Redefluss mit der Mitteilung, ich müsse jetzt weiterarbeiten und deswegen nach Hause.

„In deinen Memoiren kannst du den ja einfach streichen. Und den G. gleich dazu.“, schließt der T. die Ausführungen über meine missliebigen Exfreunde fröhlich ab, und zieht mit der Ermahnung, derartige faux-pas der Partnerwahl künftig zu vermeiden, seine Jacke über.

„Über den S. schreibe ich bestimmt noch einmal.“, sage ich, verabschiede mich und überlege zwischen Café und Wohnung, wie der S. eigentlich aussah, wie seine Stimme klang, und warum ich ihn einfach vergessen habe, am Ende, als ein anderer auftauchte, und der S. schlagartig aufhörte zu leuchten. Dass ich ihn nicht anrief, ihn an seinem Geburtstag mit ein paar Sätzen verabschiedete und ihn nicht in der Klinik besuchte, in der man ihn dann wieder auf die Beine zu stellen versuchte.

Dass ich kein Recht habe, mich über den T. zu ärgern, denke ich, in der offenen Wohnungstür. Dass der T., was auch immer er sagen wird, den S. nicht verletzen kann, so wie ich den S. verletzt haben muss. Dass die Verletzungen aus Gleichgültigkeit denen aus Boshaftigkeit vielleicht gleichstehen am Ende, und zu den Schulden, die ich dem Schicksal bezahlen werde irgendwann, auch diese Schuld gehört, leichten Herzens und leichter Hände, wie alle anderen auch.

Variation auf ein kleines Solo

Aber vielleicht heiraten die Freunde doch noch, die jetzt noch lustig mit den Köpfen schütteln, wenn man sie fragt. Vielleicht bekommen die Frauen doch noch runde Bäuche, kleine Kinder krabbeln unter den Tischen, und auf einmal werden die anderen Mütter aus der Pekip-Gruppe viel öfter angerufen als ich: Gemeinsame Interessen, du weißt ja. Und am Schluss sitze ich in meiner Wohnung, am Abend meines Geburtstags vielleicht, die Kerzen brennen, und keiner kommt. Oder nur zwei, drei Leute, aus Mitleid, und schauen heimlich auf die Uhr, wenn ich es nicht mitbekomme. Nachts, wenn sie weg sind, werfe ich das ganze Essen in einen riesigen, himmelblauen Müllsack.

Am Sonntagmorgen bleibe ich ganz lange im Bett, damit der Tag nicht so lang ist, und danach gehe ich in eine Ausstellung und wandere langsam hin und her zwischen den Bildern. Von Kunst werde ich viel verstehen dann, denn ich werde ja viel lesen, und keiner wird sich mehr berufen fühlen, mir etwas zu erzählen über die Bilder an der Wand. Für die Männer, die so alt sind wie ich, bin ich dann unsichtbar geworden, denn irgendwann beginnt das weibliche Fleisch zu verblassen, und das Verfallsdatum liegt ungefähr zehn bis 15 Jahre vor dem Alter, an dem ein Mann anfangen sollte, sich zu überlegen, ob es wohl noch etwas wird mit einem warmen Bett ein Leben lang.

Unter der Woche kommen ab und zu ein paar meiner verheirateten Freundinnen vorbei, sitzen zwischen meinen Büchern und erzählen mir von den Schulsorgen ihrer Kinder und den ehelichen Problemen, der schwierigen Urlaubsplanung, dem Mann der viel zu viel arbeitet, und dem, der nicht genug Karriere macht für den Geschmack seiner Frau. Am Samstagabend aber gehen sie mit ihrem Mann aus – nein, Ausgehen macht man dann ja nicht mehr. Vielleicht gehen sie essen. Oder sitzen einfach nur so zu Hause herum. – Ich schenke mir selbst jedes Jahr Weihnachten ein Theaterabo und eins für die Oper, und wandere in den Pausen im Foyer herum oder rauche eine Zigarette nach der anderen, um ein bißchen beschäftigt auszusehen.

Ab und zu denke ich an die Männer, die ich mal geliebt habe, und überlege, wer von ihnen wohl bei mir geblieben wäre, wenn ich das gewollt hätte und nicht weggelaufen wäre jedesmal. In einer dunklen Novembernacht gebe ich vielleicht sogar eine Anzeige auf, in der ZEIT oder so, und mache dann den Umschlag mit den Zuschriften nicht auf. Dann sitze ich allein mit einem Glas Wein der Hand auf meinem Sofa und starre aus dem Fenster und überlege, was falsch gelaufen ist in meinem Leben.

Vielleicht, denke ich dann, hätte ich den einen oder anderen Kompromiss schließen sollen. Meine Realität meinen Möglichkeiten anpassen. Das Feuerwerk abschreiben. Aufhören, an Gold und Purpur zu glauben. Vielleicht nicht lange dem einen nachtrauern, sondern sich kurz entschlossen dem anderen an den Hals werfen. Vielleicht die Liebe klein denken zu etwas, was aus gemeinsamen Mahlzeiten besteht, einem Haus mit Garten und einem Mann, der einem morgens die Teetasse in die Hand drückt, und leise ins Ohr flüstert, dass man doch aufstehen muss, weil die Kollegen warten.

Am nächsten Morgen aber, die Teetasse mit dem selbstgebrühten Tee in der Hand, werde ich wissen, dass ich nicht glücklicher wäre, hätte ich das getan. Und die Kompromisse selbst dann nicht geschlossen hätte, hätte ich mich damals so sitzen gesehen:

Eine alternde Frau, die vergeblich versucht, ihrem Spiegelbild in der dunklen Fensterscheibe zuzulächeln.

Was noch kommen mag

Alles, was die Liebe zu bieten hat, hat die Marquise von Merteuil gesehen, alles erlebt, und die Empfindungen anderer gehorchen ihr nicht weniger als ihre eigenen. Sie lockt, schmeichelt, und berechnet noch die entlegenste Regung ihres Gegenübers, um eine Langeweile zu vertreiben, die diese Gesellschaft bar der Ziele und Aufgaben am Ende eines Zeitalters betäubt: Vorabend der Revolution.

Zieht sie den einen oder anderen an sich, so wird dies nicht ohne Hintergedanken geschehen, und die interessante Wendung gilt ihr mehr, als die Wahrhaftigkeit eines Gefühls. Die Leere zwischen diesen Vorstellungen, die Einsamkeit inmitten des schillernden Glanzes der Amouren, scheint ein einziges Mal auf in den Briefen, die De Laclos ihr in seinem einzigen, großartigen Werk zugedacht hat, wenn sie, Paris, den 15. Oktober 17**, dem Vicomte Valmont ihre Furcht ausdrückt, ihr Lebenswandel möge dem jungen Ritter Danceny offenbar werden:

… und ich wäre voll Verzweiflung, wenn er im Geringsten ahnte, was vorgeht. Wenigstens in seiner Phantasie will ich mich rein und fleckenlos bieten, so, wie ich sein müsste, um seiner wahrhaft würdig zu sein.

Diese hilflose Regung, der ein Überdruss an Erfahrung zugrundeliegen mag, ein Ekel an der Abgenutztheit der eigenen Empfindung, war dem fremd, der seiner großartigen Übersetzung 1926 eine Einleitung vorangestellt hat, in der er ganz am Ende diese Stelle eine Fälschung heißt, geschuldet der moralischen Vorstellungen des Autors, und man fragt sich ein wenig, ob Heinrich Mann, nicht nur, glaubt man seinem Neffen, nichts von der Politik, sondern auch wenig vom Herzen verstanden haben mag: Nicht eine moralische Regung oder ein Rest von Scham vor den Konventionen bewegt die Marquise. Die Trauer jener Zeilen gilt niemandem andern als sich selbst.

Denn, so will es scheinen, es offenbart sich gerade in jenen Zeilen der Preis, den man zahlen wird für die Suche nach etwas, das durch das schiere Faktum dieser Suche ferner rückt, und entschwindet: Die Liebe als ein Ort der Wahrhaftigkeit, der Reinheit und Unbedingtheit des Gefühls, des Ankommens in einem Land aus Licht und reinen Klängen.

Und auch ich, die ich längst keine Merteuil sein könnte, zweifele in manchen Stunden, ob dieses Land nicht längst untergegangen sein mag unter all dem, was man gesagt, getan und empfunden hat. Ob das, was auf einen noch warten mag, nicht längst verwüstet und verbrannt hinter einem zerrissenen Schleier liegt