Der Goosen („Sommerfest“) wird auf die letzten Meter nicht interessanter. Es handelt sich um eine Art Ruhrgebiets-Heimatroman rund um einen Heimkehrer mit emotionaler Altlast an eine Jugendliebe, und vielleicht gewinnt das Buch, wenn man die Schauplätze und Charaktere kennt. Ich kenne das Ruhrgebiet nur von gelegentlichen Auswärtsterminen, und mein Bild der Gegend ist nicht besonders positiv. Etwas derb stelle ich mir das Ruhrgebiet vor, naturfern wie eine Großstadt, aber ohne deren Vorzüge, und den Bewohnern des Ruhrgebiets, so mein ganz persönliches Vorurteil, fehlt es an einer gewissen Politesse. Dieses Bild bestätigt das Buch nun aufs Beste. Ganz erleichtert schlage ich den Roman nach der letzten Seite zu. Der Goosen hat mir nicht gefallen.
Im Tiergarten gefällt es mir dafür umso besser. Ich sitze in der Sonne, trinke Latte Macchiato entkoffeiniert, schaue Kind F. beim Wachsen zu und telefoniere. Als eine halbe Stunde später eine Bekannte auftaucht, schieben wir zu zweit langsam Richtung Zoo und lästern über den Berliner Betrieb, ziehen alle Parteien hintereinander durch den Kakao und geben Prognosen hinsichtlich der Bundestagswahl ab, dass es nur so kracht.
Im KaDeWe schauen wir uns einmal gründlich an, was man für Kinder so alles kaufen kann, wenn man gerade für sich nichts findet. Meine Bekannte hat eine kleine Tochter, das ist fürs Einkaufen natürlich dankbarer, und für einen Moment bedaure ich, dass man für kleine Buben wenig mehr bekommt als Miniaturausgaben dessen, was ihre Väter in deren Freizeit tragen. Ich kaufe also Chinos für den F., Bodies mit Polokragen und einen ganz, ganz kleinen Cardigan.
Nach Hause zurückgekehrt lege ich mich wieder aufs Sofa. Auf meinem Bauch liegt der F. und maunzt leise abwechselnd die Decke und mich an. In einem Sitz lese ich mich durch Christian Y. Schmidts amüsantes Chinabuch „Bliefe von dlüben“, fange nun doch mit David Foster Wallace „Unendlichem Spaß“ an, und telefoniere ein bißchen herum.
Nach China sollte man auch mal reisen, überlege ich mir beim Zubettgehen. Aber erst einmal reisen wir in die USA, erinnere ich mich, und blättere noch im Bett, den F. an der Brust, im Reiseführer. Kalifornien, denke ich, und dann schlafe ich ein.