Zwischen Männer und Frauen, so sagt man, soll es ja ganz wesentliche Unterschiede geben, die ich nach monatelangem Dasein als Single allerdings so gut wie alle vergessen habe. Einer dieser Unterschiede indes, an den ich mich schwach erinnern kann, besteht in dem signifikant unterschiedlichem Maß, in dem Frauen und Männer um die dreißig der Fortpflanzung zuneigen: Frauen, etwas generalisiert gesagt, wollen sich zumeist immerzu fortpflanzen, Männer aber zeigen diesbezüglich keinerlei Neigung und verschieben die Familiengründung auf einen imaginären Zeitpunkt, der irgendwann in der Zukunft liegt und vielfach überhaupt nie eintritt: Es gibt also einen ernsthaften Mangel an potentiellen Kindsvätern.
Dieser Mangel erfährt eine Verstärkung durch die leidige Tatsache, dass sich die fortpflanzungswilligen Männer so gut wie alle mit denselben Frauen reproduzieren möchten, zu der die Bekannte einer Freundin aus vielfältigen ästhetischen Gründen offenbar ganz ausgesprochen nicht gehört. Ende dreißig, meistens berufslos und in Kreuzberg beheimatet, sah jene Bekannte mit den Jahren die Chancen auf erfüllte Mutterschaft davonschwimmen.
Rettung nahte jener Bekannten indes aus einer Gruppe, deren Reproduktionsfreudigkeit offenbar gesellschaftlich noch nicht hinreichend ausgeschöpft wurde, denn die Neigung, sein Leben mit dem eigenen Geschlecht zu verbringen, scheint nicht in jedem Fall einen freiwilligen Verzicht auf die Elternschaft zu beinhalten. Die Bekannte wandte sich also an einen schwulen Freund, und stieß bei diesem durchaus auf Zustimmung zu ihren Plänen.
Wie zwischen beiden Parteien die Abrede, ein gemeinsames Kind zu erzeugen und zu versorgen, getroffen wurde, entzieht sich der Kenntnis nicht nur meiner Person, sondern auch derjenigen meiner glücklicherweise äußerst indiskreten Freundin. Wie auch immer die Vereinbarung auch erfolgt sein mag – die mangels verfügbarer Finanzmittel für eine künstliche Befruchtung auf natürlichem Wege eingeleitete Zeugung verlief erfolgreich, und schon bald trug die glückliche werdende Mutter ihren schwellenden Bauch über den Marheinekenplatz. Die Niederkunft steht unterdessen unmittelbar bevor.
Ob es die mit der Zeugung verbundenen Vorgänge waren, oder die Tatsache der gemeinsamen reifenden Elternschaft – zwischen Kindsvater und werdender Mutter entspannen sich bald Bande, die über das Verhältnis zwischen Freunden um einiges hinausgingen. Die zunehmende Innigkeit im Verhältnis zwischen den zukünftigen Elternteilen rief jedoch eine Person auf den Plan, die im ohnehin nicht spannungsfreien Verhältnis zwischen den Geschlechtern zumeist eher nicht vorgesehen ist: Den Lebensgefährten des Kindsvaters.
Was jener Herr, über siebzig und als einziger Beteiligter mit einem hinreichenden Einkommen gesegnet, an der Situation ganz genau als störend empfand, ist weder meiner Freundin noch mir bekannt, und so sind auch wir verwiesen auf bloße Spekulation: Mag es die Tatsache sein, in hohem Alter noch einmal Onkel (?) zu werden? Fürchtet hier ein Mann an der Schwelle zum Greisenalter, den 38 Jahre jüngeren Gefährten zu verlieren, der ausersehen war, ihm das Alter zu verschönern? Oder stört sich jener Herr an den Finanzmitteln, die aus dem Kreislauf der Beziehung abfließen, da schließlich kein Mann die Mutter seines Kindes darben lassen kann, und zum Unterhalt auch dann berufen ist, wenn es nicht sein eigenes Einkommen ist, dass der Hege und Pflege der Kindsmutter zuteil wird?
Dunkel und verschlungen verlaufen die Pfade des Lebens.
Oh seltsam Ding
Es gibt im Dickicht der Gefühle ja nichts, was es nicht gibt, aber das ist schon eine
seltwürdige Geschichte.
Wobei, am Rande: @Frauen, etwas generalisiert gesagt, wollen sich zumeist immerzu
fortpflanzen. Hmmm. Also, dass irgend eine Frau, mit der ich einmal etwas gehabt habe,
Kinder wollte, das ist mir noch nie passiert. Auch die meisten Kinder in meinem
Bekanntenkreis kamen eben so, aber bewusst und beabsichtigt gezeugt wurden die in den
wenigsten Fällen.
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Wirklich? In meinem Freundeskreis, der ja zu einem guten Teil aus ungefähr dreißigjährigen, klugen und ansehnlichen und zumeist beruflich erfolgreichen Frauen besteht, ist die Klage über die mangelnde Fortpflanzungsbereitschaft der verfügbaren Herren inzwischen zur Dauereinrichtung geworden. Männer, die sich demnächst gerne vermehren würden, kenne ich dagegen so gut wie keine. Würde ich einen Kinderwunsch mit mir herumtragen, was bekanntlich nicht der Fall ist, würde mich das auch beunruhigen.
In meinem Umfeld sind überwiegend die Reproduktionsphoben Exemplare zu finden. Gestern erst am Telefon mit einem Freund im besten Vateralter diskutiert. Ich verstehe die Männer aber auch. In solchen Zeiten mit so starken Frauen, dem muss man sich erst mal gewachsen fühlen.
Ich zitiere einen zeugungsunwilligen Kollegen:
Mehr ist zu dem Thema nicht zu sagen.
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Normal wäre auch ziemlich öde. Aber solche negativen Menschen sollten sich ohnehin nicht fortpflanzen.Gibt genug Pessimismus in der Welt.
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Ich glaube nicht, dass die fehlende Fortpflanzungsbereitschaft der meisten Männer irgendetwas mit den Frauen zu tun hat. Weitaus wahrscheinlicher erscheint mir ja eine Melange aus der generellen Weigerung, irgendwann einmal erwachsen zu werden, und einer Bindungsscheu, die im wesentlichen auf Bequemlichkeit beruht. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die meisten Frauen das nicht anders halten würden, wenn Reproduktion unproblematisch auch noch mit fünfzig möglich wäre.
Gut erkannt und klug gesagt,Modeste. Wobei unsere Bekanntenkreise natürlich verschieden sind: Mein altes Umfeld (so bis 2000) bestand aus
überwiegend eher attraktiven, akademisch gebildeten Menschen beiderlei Geschlechts zwischen 30 und 40, die sich sozial gesehen an der Kante des Abgrunds befanden und darauf eingestellt waren, ihr ganzes Leben lang zwischen ABM-Maßnahme, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe hin und her zu pendeln, und ein paar Beamte dazwischen, die das alles nicht betraf. Mein jetziges Umfeld ist so bunt gemischt, dass sich das Alles überhaupt nicht mehr eingrenzen lässt, das reicht vom Manager mit Familie und dem reichen Unternehmer im zweiten Frühling über die zeitweilig in Beziehung befindliche Krankengymnastin in Festanstellung bis zu Selbstständigen oder Kleinunternehmern, die bescheidener leben als die meisten ALG1-Empfänger. Na ja, in den Verhältnissen, die ich mit Frauen hatte, ist jedenfalls die Frage des gemeinsam Kinder in die Welt setzen Wollens noch nicht einmal als theoretische Möglichkeit angesprochen worden.
Also ich
Also ich bin fortpflanzungsbereit. Aber halt auch nicht mit jeder. Und ein halbes Jahr bräuchte ich schon bis zur konkreten Entscheidung. Vorher könnten sie und ich ja Händchen halten.
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Modeste und Gäste, schaut mal hier:
http://rebellmarkt.blogger.de/stories/303345/#303628
Tja Frau Brittbee. Es ist alleine schon dieser Ton, der bei der Mehrheit meiner Geschlechtsgenossen zum Zuklemmen der Samenstränge führt.
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Also wenn Sie sich
mit einer „normalen“ Frau zufriedengeben würden, weiß ich nicht, was Ihr Problem ist, Herr Gibsmir. Ich wollte mich nie mit einer „normalen“ Frau fortpflanzen, sondern wenn überhaupt, dann doch lieber mit einer ganz besonders tollen. Die zu finden hat halt etwas länger gedauert. Und wenn sich Ihre Samenleiter schon beim Stichwort „starke Frau“ verkrampfen, ja mein Gott, dann isses vielleicht wirklich besser, Sie bleiben kinderlos;-)
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arboretum lacht schallend.
Wenn Sie wüssten, wie viele Männer der werten Brittbee zu Füßen liegen.
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Nun,
das kann (und will) ich nicht beurteilen. Aber meiner Erfahrung sind die Herren, die einer Dame zu Füßen liegen, nicht unbedingt diejenigen, die dann auch in Frage kommen für weitergehendes…
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@ Bandini: Och, grundsätzlich absolut dagegen, mich fortzupflanzen wäre ich auch nicht. Allerdings gäbe es da eine Alternative, die ein eng befreundetes Paar gewählt hat: Ein Baby aus völlig kaputten Familienverhältnissen zu adoptieren bzw. in Pflegschaft zu nehmen, damit dieses Kind es besser hat. Ich habe ja kein Interesse an der Weitergabe der eigenen Gene. Nur ließe meine aktuelle Lebenssituation auch Solches nicht zu. Als Single-Mann, der morgens 7.30 zur Arbeit fährt und endgültig erst 20 Uhr zu Hause ist, täte ich damit wohl niemandem einen Gefallen.
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Zu Füssen liegend ist zeugen schwierig. Meistens. 😉
Zum Thema selbst. Meine Freundin war in der Wahl ihrer Eltern vorsichtig, d.h. Kinder hätten uns nicht vor finanzielle Probleme gestellt, aber mein Sinn stand nicht nach Kindern und sich knapp 20 Jahre binden, jahrelang vollgeschissene Windeln wechseln, damit die Freundin weiter Karriere machen kann, deren Wunsch Kinder waren und der des Schwiegervaters. Nein, danke.
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Herr Mark, es ging um den Ton – in dem Fall um den von Herrn Gibsmir.
Ich versuche es seit einiger Zeit mit Selbstbefruchtung. Aber selbst da sind mir Würmer noch überlegen, man stelle sich das vor.
Vor ein paar Jahren war der Wunsch nach Fortpflanzung schon deutlich bei mir vorhanden. Aber die Frauen in meiner Umgebung wollten lieber Karriere oder Kinder mit anderen Männern machen. Dazu kann ich sie im Nachhinein auch nur beglückwünschen. Ich selbst habe das Thema vorläufig überwunden, denke aber, ein alter Vater möchte ich auch nicht mehr werden. (Man will es ja noch hochheben können.)
Und jetzt komme mir hier keiner wieder mit Picasso, die katalonische Kanaille.
mangels verfügbarer Finanzmittel für eine künstliche Befruchtung
Eine Freundin von mir berichtete mir am Freitag, dass ihre Ex-Freundin nun mit einer Frau zusammen sei, die gerade ihr zweites Kind von einem schwulen Vater erwartet. Die Joghurtbecher-Methode hätte wieder hervorragend geklappt.
Da die Ex-Freundin im Grunde gar kein Kindertyp sei, ist die Freundin nun sehr gespannt, wie sie mit zwei Kleinkindern klarkommen wird, vor allem, da die Ex-Freundin nach einem Sabbatical bald wieder Vollzeit arbeiten wird.
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Sie meinen, man wird Sie eines Tages doch klonen müssen?
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Picasso hätte ich im Zweifelsfall auch nicht als nachahmenswertes Vorbild gesehen. Aber bis zu dieser Altersgruppe haben Sie ja noch etwas Zeit, Herr Kid. Bei mir war es etwas anders. Ich hatte dieses Thema sowas von gar nicht auf dem Schirm, ich hatte es nicht ausgeschlossen, vielleicht mal mit einer Partnerin zusammenzukommen, die bereits Kinder hat. Aber den Drang, meine Gene weiterzugeben, hatte ich so nie verspürt. Und es mussten ja auch ein paar exotische Faktoren zusammenkommen, daran noch was zu drehen. Also glauben Sie nicht, dass diese Frage für Sie schon beantwortet wäre.
Und Frau Arboretum: Ja, schon recht…
Mit Attributen wie Normalität, Herr Gibsmir, bin ich ja immer ein wenig vorsichtig: Was normal ist, ist ja vom rein Empirischen abgesehen (und das meinen Sie sicher nicht?) durchaus Ansichtssache. Was Ihnen an dem Statement der hochgeschätzten Frau Brittbee unnormal erscheint, ist mir allerdings ein wenig schleierhaft – ist doch viel netter für ein Kind, wenn Mutter und Vater ein bißchen optimistisch veranlagt sind´und unabhängig genug, um nicht jedem Zerrbild von Normalität hinterherzulaufen. – Was die normalen Frauen angeht, hat Herr Mark natürlich recht – umgekehrt möchte man seine Tage natürlich auch nur mit einem fantastischen Mann teilen.
In meinen Beziehungen, Che, standen Kinder natürlich schon rein biographisch nicht so auf der Agenda, ich kann den brüllenden Haustyrannen ja ohnehin recht wenig abgewinnen, da bin ich mit Herrn Thot ganz einer Meinung. Ich habe aber mit einem kinderlieben Exfreund einmal ein Kind erfunden, das sogar einen richtigen Namen hatte, und ab und zu etwas aus dem Kühlschrank gemopst hat, was einer der Haushaltsinsassen eigentlich noch essen wollte. Zu mehr Reproduktion wird es wohl auch nicht reichen, immerhin ist die Anschaffung eines imaginären Säuglings verhältnismäßig einfach und auch als Einzelperson unproblematisch möglich. Die Erfolgschancen sind da doch wesentlich größer als bei einem Selbstbefruchtungsversuch – auch wenn ich dem werten Herrn Kid ja einiges zutraue. – (Sollte es doch funktionieren, sagen Sie Bescheid – einem derartig sensationellen Kind stricke ich selbstverständlich eigenhändig ein paar Ringelstrümpfchen.)
… und Ihre Freundin, Frau Arboretum, lässt ja Möglichkeit wie Heiligkeit der Jungfräulichen Empfängnis in einem ganz anderen Licht erscheinen.
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Egoistisch
Ich bin da egoistisch: Ich will mich fortpflanzen. Das Adoptieren dürfen andere übernehmen.
REPLY:
Und mal wieder war es die Gastgeberin, die zum Schluss die besten Worte gefunden hat.
Chapeau!