Horoskope? Glauben Sie kein Wort. Auch die Berufswahl ist meistens zu zufällig, um wirklich Auskunft geben zu können über diesen oder jenen interessanten Herrn, und nach der Oberbekleidung zu gehen wäre natürlich in höchstem Grade kindisch.
Nein, besuchen Sie ihn einfach und schauen sich um. Wohnt er noch in seiner Jugendzimmereinrichtung aus Kiefer? Ist die Wohnung sehr schmutzig oder extrem unaufgeräumt? Gibt es Bilder? – Aber auch diese Faktoren, meine Damen, können nur begrenzt Auskunft geben über die wahre Natur eines Mannes, und so stellen Sie sich einfach vor sein Bücherregal. Bei sehr umfangreichen Sammlungen – und nur die Besitzer sehr umfangreicher Bibliotheken sind imstande, eine Frau wirklich glücklich zu machen – verwickeln Sie den Herrn in ein Gespräch über seine leinen- oder ledergebundenen Lieblinge, und schon eine Stunde später, vielleicht auch zwei, wissen Sie eigentlich alles Wissenswerte über diesen Herrn und besitzen eine hinreichende Faktenbasis, um Entscheidungen über die weitere Verwendung des Eigentümers der Bücher zu treffen.
Mit dem Hermann-Hesse-Leser zum Beispiel würden Sie nicht viel Freude haben. Treuherzig mag er ja sein, gewiss – aber ist Treuherzigkeit eine Eigenschaft, die einem erwachsenen Mann zukommen sollte? Bestimmt versucht er Ihnen bei nächster Gelegenheit, ein Exemplar des „Kleinen Prinzen“ zu schenken, schleppt beleuchtete Salzsteine in Ihre Wohnung, und findet die Anthroposophie gar nicht so uneben. Ansonsten werden Sie klare Stellungnahmen kaum aus ihm herausbekommen: Er ist ein treuer Jünger des Einerseits-Andererseits und schreitet überhaupt durch´s Leben als die männliche Ausgabe des Tigerentenmädchens. – Gehen Sie besser einfach nach Hause.
Mit dem Hemingway-Freund ist es dagegen so eine Sache. In homöopathischen Dosen genossen, schätzt auch die kultivierte Dame zu recht eine gewisse Virilität. Der Zauber einer haarigen Brust und kräftiger Oberarme – wer könnte sich dem entziehen? Überschreitet die Begeisterung indes ein gewisses Maß, schätzt ein Herr dazu noch – sagen wir: Bukowski. Oder Wondratschek: Dann, meine Damen, haben Sie es nicht mit einer gesunden Männlichkeit zu tun, dann hat Ihr neuer Bekannter einen ausgewachsenen Komplex, der ihn in wenigen Jahren zum Kauf teurer Autos treiben wird, auf dem Beifahrersitz werden blonde, etwas vulgäre Personen weiblichen Geschlechts Platz nehmen, und am Ende wird ihn auf einer Safari ein Löwe fressen, weil er den Anordnungen der Fremdenführer keine Folge leisten wollte. Sie können dann noch froh sein, wenn er seine Besitztümer wenigstens Ihnen vermacht, und nicht der blonden Person. Auf der anderen Seite: Was wollen Sie mit Hemingways gesammelten Werken?
Die gesammelten Werke Thomas Manns, die vielfach gelesene Goethe-Ausgabe und ein Haufen einschlägiger Sekundärliteratur sollten Sie ebenfalls stutzig machen. Könnte, so sollten Sie sich fragen und den jungen Mann einmal genau in Augenschein nehmen, Ihr neuer Bekannter vielleicht ein wenig konventionell sein? Einer jener Herren, denen die Krawatte am Hals festgewachsen wäre, wenn sie nicht ab und zu das Modell wechseln würden? Die bei erstbester Gelegenheit an den Wannsee oder nach Döbling ziehen werden, ihre Nachmittag auf dem Golfplatz verbringen, weil man da nicht so schwitzt, und die nicht einmal ihre Frau unbekleidet zu Gesicht bekommen wird? Überlegen Sie es sich gut! So etwas kann ernsthafte Folgen haben – und bevor Sie sich versehen, sitzen Sie irgendwo am Kamin, Ihr Gatte stapelt nach einem ausgeklügelten System das Holz, und liest Ihnen zum Frühstück aus der FAZ vor.
Zu einem Oscar-Wilde-Verehrer kann man nur denjenigen raten, die es nicht stört, wenn Ihr neuer Freund länger im Badezimmer verweilt als Sie. – Von den geistigen Bewohnern Mittelerdes kann man gleichfalls nur abraten: Was wollen Sie mit einem Herrn, der sich mit einem Hobbit identifiziert, ernsthaft anfangen? Und dass Männer, die Frauenromane lesen, keine weitere Beachtung verdienen, liegt natürlich auf der Hand: Vor Jahren begegnete mir einmal ein Herr, der zwecks Studium der weiblichen Seele erfolglos „Das Tagebuch der Bridget Jones“ las – ich habe mich selten so gelangweilt.
Tja – und dann, nach gründlicher Durchsicht seiner Regale, können Sie sich also wahlweise verabschieden und schnell davonlaufen, oder Sie bleiben einfach gleich da, nehmen sich ein Buch und legen sich auf sein Sofa. Vielleicht legt er sich ja dazu.
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.-(
ach, der seemann! alter heimlichtuer, wie langweilig.
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Sie, Herr Turing, befinden sich hier in meinem virtuellen Wohnzimmer, in dem ich mich über Gäste freue, die sich so benehmen, wie ich es auch von meinen Gästen erwarte, die sich ganz körperlich in meinen Räumen aufhalten. Eine gewisse Höflichkeit gegenüber meinen anderen Gästen erwarte ich also, die sich weniger in der Sache, als vielmehr im Ton ausdrücken sollte.
Ansonsten werden Sie sich sicherlich woanders wohler fühlen.
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Mit dem Ton hat dieser Herr wohl häufiger so seine Schwierigkeiten.
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Noch eins,
obwohl die Dame des Hauses eigentlich alles gesagt hat. Herr Turing möge sich vergegenwärtigen, dass bei der Zuchtwahl höherer Wirbeltiere für gewöhnlich das Prinzip „female choice“ obwaltet, das sich aus dem Überangebot von Spermien einerseits und der Knappheit von Eizellen andererseits herleitet. Daraus ergibt sich für die Männchen nun mal die Notwendigkeit der Balz. Dabei versuchen die Herren der Schöpfung, die Dame mit buntem und prächtigem Gefieder oder eben erlesen bestückten Bücherborden zu beeindrucken. Männerverachtung kommt bei den Damen in diesem Zusammenhang für gewöhnlich nur dann auf, wenn sich Teilnehmer dabei zum Vollidioten machen. Ansonsten bleibt es eben ein Spiel, solange Mr. Right nicht auftaucht, und wem es am entsprechenden Mindset fehlt, dieses Spiel regelkonform, mit Spaß an der Sache und erfolgreich mitzuspielen, der sollte sich eben andere Spielwiesen suchen. Ich finde es jedenfalls immer sehr unterhaltsam hier, und von Männerverachtung habe ich bei Madame Modeste bisher auch noch nichts bemerkt.
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Hinzu kommt,
dass Art und Grad der Bildung nicht nur sehr aussagekräftig in Sachen Kompatibilität sind, sondern auch (auf einem gewissen Level) angenehm egalitär, denn jeder kann sich aneignen, was er will – wenn er es denn will. (Worüber wollen sich zwei jenseits der Couch denn unterhalten?)
Eine Frau, in deren amourösen Metaphern z.B. reichlich und gerne Blut fließt (jaja! ;o)), offenbart mir Wesensunterschiede, wie sie fundamentaler gar nicht sein könnten, allerdings ohne daß dabei das geringste Werturteil mitschwingt. Gibt es bessere – und zivilisiertere – Kriterien der „Zuchtwahl“ als die ureigenen geistigen Vorlieben?
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Zum Glück, Herr Mark, laufen wir ja alle als halbwegs vernunftbegabte Wirbeltiere durch die Gegend, und so können auch die Damen ein wenig herumbalzen und mit schönen Schuhen, langen Haaren und selbstgebackenen Sahnetorten um die Gunst der Herren buhlen. Und letztlich, da hat der Herr Booldog recht, finden sich die Herzen doch am besten, wenn die intellektuellen Vorlieben einigermaßen zueinander passen.
Zucht und Auswahl
Hatte ich mich denn wirklich SO unklar ausgedrückt???
Worin, Frau Modeste – ich bin da ganz sicher etwas begriffsstutzig, lag denn der falsche Ton? Beleidigungen ? Oder ist die falsche Frage schon ehranrührig? Bitte um Aufklärung. Täte mir leid,…
Zur Sache:
@ Herrn Mark oder Frau Holz:
Für weniger relevant hinsichtlich der Kompatibilität halte die GEISTIGEN Entsprechungen. Denn über FAZ- oder Zeit- Feuilleton- Gespräche freuen sich im Altersheim Altherrenrunde oder Kaffeekränzchen, nicht aber die Partnerin in einer LEBENDIGEN, HERZLICHEN, FRÖHLICHEN Beziehung.
Und die Männerverachtung, falls es Ihnen nicht aufgefallen sein sollte, seitens Frau Modeste, lag darin, daß wirklich keiner der Bücherfreunde wirklich eine Chance in ihrem Traktat hatte.
Sondern, egal, was der Leser mochte, all das sie zur Flucht anregte, WENN er sich denn nicht flachlegte.
Um das mal in männliche / Chauvie-Sprache zu übersetzen: „Egal, was sie liest, Hauptsache sie machts auf der Couch.“
Anstatt mal zu schauen, welche HERZENS- Qualitäten der Bücherfreund denn auzuweisen hätte.
Soll für die Erziehung der Nachkommen ja auch von Vorteil sein, die Herzensbildung.
Klarer?
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Für Sie immer noch Frau arboretum. Und im Übrigen scheinen *Sie* ein paar Dinge nicht verstanden zu haben.
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Ehrlich gesagt wird mir unklarer,
was Ihr Problem mit dieser Geschichte ist, Herr Turing. So wie ich sie gelesen und verstanden habe, sind die Herren Bücherfreunde hier nicht unbedingt so in Fleisch und Blut aufgelaufen. Die Überschrift „Typologien“ legt ja eher die Lesart nahe, dass es sich hier um karikaturenhaft überzeichnete Phänotypen handelt wie etwa den BMW-Fahrer, Bausparer oder Reihenhausbesitzer. Von daher ging es in diesem Eintrag gar nicht darum, konkrete Bücherfreunde unter willkürlicher und böswilliger Ausblendung ihrer anderen Eigenschaften, also Herzenswärme, Aussehen, Immobilienbesitz, Schwanzlänge oder was auch immer als Deppen vorzuführen. Sondern wie gesagt einfach nur darum, ein paar nicht wirklich bierernst gemeinte stereotypische Klassifizierungen unterhaltsam darzubieten und zur Diskussion zu stellen. Und von diesem Angebot, sich mit ihren jeweiligen Bücherpräferenzen in besserem Licht zu präsentieren, haben einige der Kommentatoren gern Gebrauch gemacht – wie es wohl auch nicht anders zu erwarten war. Wenn für eine LEBENDIGE HERZLICHE FRÖHLICHE Beziehung, die Sie als erstrebenswert erachten, literarisch-geistige Austauschpotenziale nicht sooo die Rolle spielen, hey, dann ist das völlig in Ordnung. Aber hier und heute waren nun mal Bücher und was sie über ihre Leser aussagen das Thema. Wenn Sie das Thema langweilig oder nervig finden, schalten Sie doch einfach um, da draußen gibt es so viele Blogs, die sich mit anderen Themen beschäftigen. Klarer?
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Briefmarkensammlung
Ich habe heute wieder in der FAZ gelesen und hoffe, daß meine Pflegerin gleich kommt. (Z.B., um mir noch eine Flasche Altwein zu öffnen.)
Die „unherzlichste“ Beziehung hatte ich übrigens mal mit einer notorischen TAZ-Leserin, ich denke, man kann da nicht wirklich Rückschlüsse ziehen. Es finden sich halt zwei zusammen, und Frau Modeste tut gut daran, einen strengen Blick auf das Bücherboard zu werfen. Ich sage mal frech: Angenommen, ich käme zu einer Frau in die Wohnung, die nur Hera von Ildiko im Bücherschrank hätte – ich dächte doch sofort, hoffentlicht ist die wenigstens gut im, öh, Kuchenbacken.
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Wobei ich da an Ihrer Stelle schon arge Zweifel hätte, ob die dann dazu auch Fruchtzucker nimmt.
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Der Touring-Automobilclub spricht
Hey, Herr Turing, was soll das?
Frau Modeste hat, ihrer Mentalität entsprechend, ein ironisches Szenario ausgebreitet, in dem einerseits Männer ob ihrer literarischen Modeste-
Kompatibilität (Vorsicht! Ironie! – Muss jetzt immer gesagt werden.)
getestet werden, andererseits in unserem lockeren Bekanntenkreis ersprießliche Gedanken zum Thema „was lesen wir denn so“ ausgetauscht werden. Weiter nichts! Kein Grund, unhöflich zu werden.
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Ich glaube, dem Herrn Turing macht´s Bloggen ohne Verbalschlägerei keinen Spaß. Auf der anderen Seite machen mir die Statements des Herrn Turing keine Freude, zumal seine Vorgeschichte, als er noch als Herr Fuegner auf twoday berüchtigt war, auch nicht dafür spricht, dass sich hier jemand einmalig oder auch nur unabsichtlich danebenbenimmt.
Spielen Sie woanders, Herr Turing. Ich kann auch Kommentare löschen. Ich habe keine Lust auf Auseinandersetzungen zwischen Ihnen und meinen anderen Kommentatoren, setzen Sie sich woanders in Szene.
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Ich führe hier kein offenes Forum, sondern ein persönliches Blog, und Sie gehen mir auf die Nerven. Ebenso, wie ich Leute, die sich an meinem Tisch nicht so benehmen, wie ich es von meinen Gästen erwarte, nicht wieder einlade, habe ich hier auf Leute, die sich nicht amüsieren, sondern streiten wollen, keine Lust.
Das war Ihr letzter Kommentar – jeder weitere wird gelöscht.