„Also zu meinem Geburtstag“, hebt Schwesterchen an, „bin ich ja gar nicht da. Wenn du mich besuchen willst, dann kommst du besser früher. Oder später. An meinem Geburtstag bin ich aber nicht da, aber du wärst ja sowieso nicht gekommen. Du kommst ja nie vorbei, und ich sage noch, komm mal vorbei – aber du kommst ja nicht. Wäre aber toll, wenn du vorbeikommst, aber nicht zu meinem Geburtstag. Wir fahren nämlich in Urlaub, nach Sri Lanka. Da war ich noch nie, also auf Sri Lanka, und der T.² auch nicht, und wir freuen uns total. Da hat er mich nämlich eingeladen, als Geburtstagsgeschenk, alles dabei – eine Woche fahren wir so durch die Gegend, Wagen mit Fahrer, weil wir uns ja nicht so auskennen da vor Ort. Der T.². der würde das bestimmt alles finden, der verfährt sich nämlich eigentlich nie, aber Fahrer ist natürlich besser, da ist es bestimmt nicht so gut ausgeschildert, kann man ja auch nicht verlangen.
Finde ich sowieso total bescheuert, diese Leute, die irgendwohin fahren, und dann wollen sie, dass das alles so ist wie hier. Ist es aber nicht, das finde ich aber gerade gut so. Dann weiß man wenigstens, dass man woanders ist. Und mit Fahrer sowieso kein Problem. Der weiß denn ja, wo alles ist und fährt einen hin. Eben. Und dann eine Woche am Meer, Hotelanlage, echter Luxus, aber alles total umweltverträglich, schafft ja auch Arbeitsplätze, so Tourismus, also da habe ich gar kein Problem. Gibt ja auch so Leute, die lehnen das ab, da halte ich aber gar nichts von, sollen die sich mal fragen, was so ein Rucksacktourist im Land lässt, das bringt die Leute ja nicht weiter. Der T.² gibt richtig Geld aus, da leben die ja von. Also die Leute vor Ort. Nicht so wie diese Travellertypen, obwohl ich das auch ziemlich gut finde. So auf eigene Faust. Würde ich auch machen, aber der T.² ist da nicht so für. Finde ich super, dass du das machst, richtig abenteuerlich finde ich das, aber ich will schon wissen, wo ich abends schlafe. Und der T.² auch. Eigentlich noch mehr als ich, aber der arbeitet so viel, da kann man das auch verstehen. Weiß ich aber, dass du das spießig findest. Finde ich aber nicht.
Wo fährst du denn hin? – Sizilien hat mir ja nicht so – aber das lag am Hotel. Vietnam finde ich ja auch ganz super, da haben wir auch überlegt, aber dann hat der T.² hinter meinem Rücken einfach beim Reisebüro angerufen und einfach alles gebucht. Als Geschenk für mich. Ist wahnsinnig großzügig, was? So ist der aber. Nicht so wie der Freund von meiner Freundin K., der verdient supergut, aber zu Weihnachten, oder wenn sie mal Geburtstag hat, dann geht er hin und kauft ihr ein Buch. Oder eine CD, total geizig ist der. Wenn einer nichts hat, dann ist das eben so, aber wenn einer gut verdient, dann kann er auch, finde ich. Den sollte sie sowieso – aber das tut sie nicht. Die K. sieht aber auch nicht so gut aus. Muss man einfach ganz klar sehen, die K. ist eine wahnsinnig liebe Person, aber Männer sind da ja so – Frauen sind aber auch nicht besser. Meistens jedenfalls. Die K. aber schon, nur ihr Freund ist eine Flasche. Du glaubst gar nicht, was der ihr zu Weihnachten geschenkt hat, das war so unglaublich, das habe ich sofort wieder vergessen, aber selber kauft er sich Socken für 50 €, da schwört er nämlich drauf. – Kennst du die K. überhaupt? Nein? Gar nicht? Süße, du musst unbedingt mal herkommen, dann lernst du auch die K. mal kennen, und sie dich auch, der habe ich nämlich schon ganz viel über dich erzählt.
Überhaupt müssen wir uns mal wieder richtig unterhalten. Jetzt musst du schon wieder los? Ich bin inzwischen ja auch mal ganz gern zu Hause, aber zu zweit ist das ja sowieso alles was anderes. Also allein würde ich auch immer ausgehen. Hat ja auch was, immer unterwegs. Wo gehst du denn hin? Kenne ich nicht, nicht mal vom Namen her. Ist es gut da? Ist bestimmt gut, so wie sich das anhört. – Also, lass uns demnächst mal wieder ausführlich sprechen. Und Grüße vom T.², der findet dich nämlich auch super. „Deine Schwester sieht doch eigentlich auch richtig gut aus“, hat der erst gestern gesagt. Heute ist er aber nicht da.
Dann dir noch einen schönen Abend. Und bis bald. Schön, mal wieder von dir zu hören.“
Schwesterchen legt auf.
Ihr Schwesterchen…
…hätte bestimmt hervorragende Karrierechancen bei einem Serviceanbieter mit teurer 0900-Nummer. Als sogenannte Cash-Cow. Wobei ich jetzt keinerlei Assoziation mit dem zweiten Teil des Begriffes verbinden möchte.
Manchmal ist schon „zu Wort kommen“ ein Luxus. Ein Luxus ist darüber hinaus allerdings auch eine Reise nach Sri Lanka als Geschenk zum Geburtstag.
oh, what th f**…?! Modeste, aber sonst kommen Sie mit ihrer SChwester klar? Da ist soviel Dissonanzreduktion drin, also ehrlich, ich bedaure ihre Schwester sehr!
Diese jugendliche Euphorie des Schwesterchens…..nein sowas von entzückend. Bestimmt gab es Momente wo Sie Luft für sie holen wollten?
Hm, das Gisela-Schlüter-Sabbelsydrom? Und was die Vorliebe fürs Finanzwesen betrifft, so hätte ich noch ein ähnlich gepoltes Brüderchen anzubieten. Ach, sindse nich niedlich, die Kleinen?
Ich glaub, ich mag Ihre Schwester irgendwie. Aber das geht Ihnen ja sicher ähnlich.
Eigentlich.
Einigermaßen kommunikativ, Herr Pathologe, ist Schwesterchen auf jeden Fall, aber auch ich bin bei den Berliner Meisterschaften im Redefluss ganz gut dabei, wenn es sein muss. Über jugendliche Euphorie verfüge ich zwar nicht im selben Maße, Herr Mayer, aber Schwesterchen und ich kennen uns seit 27 Jahren und fallen uns gegenseitig hemmungslos ins Wort, sobald uns etwas einfällt.
Was luxuriöse Geschenke angeht, Herr Ole, ist Schwesterchen allerdngs um einiges begnadeter als ich und die meisten Menschen, die ich kenne, und auf das Mitleid ihrer Umgebung, Herr Stoertebeker, schon aufgrund des Entzückens, das die vorwiegend männliche Welt ihr normalerweise entgegenbringt, nicht die Bohne angewiesen. Dass Sie, Herr Burnston, Schwesterchen mögen, wundert mich daher nicht im Geringsten. (Abseits der Artikulation blanken Neides mag ich Schwesterchen natürlich auch, die ja nichts dafür kann, dass kein normaler Mensch auf Erden auf die Idee käme, mich luxuriös zu verwöhnen.) Und niedlich ist die Kleine, Herr oder Frau Breezerbox, auf jeden Fall.
Und ihr lakonisches Statement, Frau Kaltmamsell, unterschreibe ich jederzeit und in vollem Bewusstsein des Erklärungsgehaltes.
besonders, wenn es nicht die eigene schwester ist
sondern die schwester meines liebsten, beziehungsweise die liebste meines bruders – kommt ihr gedancklich noch mit? – die mir dann am telefon ausführlich dinge schildern, die sie eigentlich meinem liebsten/meinem bruder – nein, das ist nicht die gleiche person – eben ausführlich schildern wollten, frage ich manchmal, was hier gerade verkehrt läuft….
Dabei ist das eigentlich hier ja eigentlich fehl am Platz. Aber das wissen wir ja eigentlich alle.
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Oh je
da bin ich doch mit meinen ganz und gar andersartigen Schwestern eigentlich sehr zufrieden.
Vielleicht hilft, Frau Ninscha, in solchen Situationen ein beherztes „Du willst bestimmt den X bzw. Y sprechen?“ – oder einfach ins Wort fallen und soviel uninteressantes Zeug erzählen, bis das Gegenüber erschöpft aufgibt. Dann werden Sie auch nicht mehr so viel angerufen, versprochen.
Ob eigentlich oder bloß eigenartig ist ja ohnehin so eine Sache, Herr Kid. Aber natürlich hat auch Meister Burnston wie meistens recht, und meine Schwester ist eigentlich, eine sehr nette Person. Mit einer neidzerfressenen großen Schwester.
Und über Ihre Schwestern, Herr Che, sollten Sie mehr schreiben. Meine ich ernst, ich mag Familiengeschichten.
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Modeste, da handle ich nach der Prämisse „Kommt Zeit, kommt Rat.“ Insgesamt habe ich ja eine sehr knuddelige Familie.
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Da sind Sie komplett im Vorteil gegenüber mir als Einzelkind… 😉
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Das Dasein eines Einzelkindes, habe ich sagen hören, habe auch seine Vorteile – letztllich ist es aber gar nicht übel, wenn sich die elterliche Aufmerksamkeit ein wenig verteilt. Finde ich.
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Die Vorteile summieren sich in aller Regel in der Frühkindheit, wenn das Einzelkind sich bar jeder Konkurrenz komplett auf die ungeteilte Zuwendung der Eltern verlassen kann. Alsbald weichen die Vorteile dann dem Wunsch, eben doch Geschwister zu haben. Typische Einzelkindeigenschaften wie die Unfähigkeit zu Teilen, Raffgier o.ä. liegen mir zwar fern, aber ich wäre trotzdem Lieber Geschwisterteil. 🙂
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und Raffgier macht leider auch vor Brüdern nicht halt. Trotz übermäßiger Bemühungen. Ich liebe meinen Bruder, keine Frage, aber ich habe manchmal das Verlangen ihn zu ^°->grmpf’#%! Und zwar ordentlich! Vielleicht könnte ich ihn mal verleihen? Zur Zeit wohnt er in Köln. Will ihn irgendjemand?
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Oh, meine Unfähigkeit, insbesondere Lebensmittel zu teilen, ist berüchtigt, und auch meine liebe C., gleichfalls große Schwester, ist niemand, mit dem man eine Platte für zwei bestellen sollte. Futterneid sprießt also auch bei jenen Menschen, die durchaus mit Geschwistern gesegnet sind.
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Das wäre doch auch mal eine nette Sache – wir leihen uns alle gegenseitig unsere Verwandten aus, und nehmen die eigene Sippschaft nach Ablauf der vereinbarten Zeit dann wieder – hoffentlich dankbar – zurück.
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nein, das könnte ich wirklich nicht verantworten. da muß ich mich leider raushalten.
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Der Verleih besonders sonderbarer Verwandter hat natürlich auch seine Vorteile: Da die eigene Verwandtschaft dem Entleiher ja zwangsläufig viel angenehmer erscheinen wird, tut man sogar noch Gutes bezüglich des Familienlebens anderer Leute, das ist doch auch nicht schlecht. Überlegen Sie es sich also nochmal.